openPR Recherche & Suche
Presseinformation

Mobbing - Ein Mann – ein Wort – kein Geld

20.03.200917:27 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: Mobbing - Ein Mann – ein Wort – kein Geld
Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg
Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg

(openPR) Von einer Eigenkündigung kann selbst bei Mobbing nur abgeraten werden.

Besprechung des BAG Urteils (2 AZR 894/07) vom 12.03.2009 zur Eigenkündigung. Spricht ein Arbeitnehmer eine Eigenkündigung aus, so kann er sich später regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit der eigenen Kündigung berufen. Von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg:



1. Der Fall

Der Kläger hatte im August 2003 fristlos gekündigt, weil sein Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Verzug war. Einige Monate später verlangte er jedoch die Zahlung der ausstehenden Gehälter, weil die Beklagte, welche den Betrieb im September 2003 übernommen hatte, zum einen zur Rechtsnachfolgerin seines Arbeitgebers geworden sei. Zum anderen sei seine Kündigung unwirksam gewesen, unter anderem weil kein „wichtiger Grund“ vorgelegen habe.

2. Entscheidung des BAG

Der zweite Senat des BAG wies die Klage zurück und erklärte die Eigenkündigung des Arbeitnehmers für wirksam.

3. Begründung des BAG

Zur Begründung führt das BAG an, dass es für eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB eines wichtigen Grundes bedarf, ohne diesen ist die Kündigung unwirksam. Ein solcher wichtiger Grund kann nach der Rechtsprechung dann bestehen, wenn der Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Rückstand ist und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber deswegen zuvor abgemahnt hat. Wer kein Gehalt bekommt und dieses ausstehende Gehalt unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen einfordert, hat dem Grunde nach einen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 I BGB geschaffen. Das Bundesarbeitsgericht befasste sich in der hier besprochenen Entscheidung mit der Rechtsfrage, welche Folgen eine vom Arbeitgeber hingenommene Kündigung ohne einen solchen wichtigen Grund im Sinne des § 626 I BGB nach sich zieht. Fraglich war, ob sich ein Arbeitnehmer, dessen Kündigung trotz formaler Mängel durch den Arbeitgeber hingenommen wurde, nachträglich auf die Mängel berufen kann. In seiner Entscheidung stellte das Bundesarbeitsgericht zu Recht darauf ab, dass einmal abgegebene Willenserklärungen nicht einfach zurückgenommen werden können. Wer sich im Nachhinein eines Anderen besinnt, obwohl es dafür keinerlei objektive Gründe, im Sinne eines „Erklärungsirrtums“ gibt, der muss sich an der abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Wenn kein wichtiger Grund für eine Kündigung vorliegt, der Arbeitgeber die Kündigung dennoch hinnimmt, dann kann sich der Arbeitnehmer regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit seiner schriftlich ausgesprochenen Eigenkündigung berufen. Ein späteres Berufen auf formale Mängel verstieße gegen das aus der Generalklausel des § 242 BGB hergeleitete Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

4. Nachteile einer Eigenkündigung

Eine Eigenkündigung löst zudem regelmäßig eine Sperrzeit durch das Arbeitsamt gem. § 144 Abs. 1 SGB III aus, weil man seinen Beruf ohne wichtigen Grund verloren hat. Sperrzeit bedeutet hier, dass der nunmehr Arbeitslose für die Dauer der Sperrzeit keinerlei Leistungen durch die Agentur für Arbeit erhält. Mit anderen Worten „es gibt kein Arbeitslosengeld“. Nur ausnahmsweise kann Mobbing des Arbeitnehmers ein „wichtiger Grund“ für die unverschuldete Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer angesehen werden und deshalb der Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten bleiben. Allerdings gilt dies nur für Mobbinghandlungen von einigem Gewicht und wenn der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass dem Arbeitnehmer die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach der Eigenkündigung ist das Arbeitsverhältnis beendet, eine Abfindung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses nebst Freistellungsphase kann nicht mehr erzielt werden. Insgesamt sicher keine gute Ausgangslage und in aller Regel viel schlechter, als eine Lösung ohne Eigenkündigung. Der Arbeitslose, kann später nur noch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wobei er darlegungs- und beweisbelastet ist. Unschwer ist zu erkennen, dass eine Eigenkündigung erhebliche rechtliche und finanzielle Nachteile mit sich bringt, ohne dass in jedem Fall gleichwertige Vorteile für den die Eigenkündigung aussprechenden Mitarbeiter zu erkennen sind.

5. Konsequenzen

Dieses Urteil zeigt erneut, dass von Eigenkündigungen dringend abgeraten werden muss. Einmal ausgesprochen, bekommt man sie nur noch in extrem seltenen Ausnahmefällen wieder aus der Welt. Selbst im Fall von Mobbing liegen die Hürden hoch. Der Eigenkündigende ist darlegungs- und beweisbelastet, dass es sich um Mobbinghandlungen von einigem Gewicht handelt und dass der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Konkret bedeutet dies, dass der Eigenkündigende die tatsächliche Gründe, die eine Kündigung zwingend erforderlich gemacht haben, vollständig darlegen muss, wobei die Gründe durch das Gericht überprüft werden. Hiervon kann nur dringend abgeraten werden. Zumeist werden sich die Mobbingbelastungen auch auf andere Art mindern lassen. Nur wenn die Eigenkündigung den einzigen Weg darstellen könnte, kann sie gerechtfertigt sein, so dass keine Sperrzeit anfällt.

Behandelnde Ärzte von Mobbingopfern raten mitunter zum Ausspruch einer Eigenkündigung, um die belastende Situation ganz hinter sich zu lassen. Das mag aus medizinischer Sicht auch richtig sein. Aus juristischer Sicht kann davor nur dringend abgeraten werden. Jedenfalls sollte zuvor ein Spezialist konsultiert werden, andernfalls ist nach dem Mobbing mit weiteren „bösen Überraschungen“ zu rechnen.

Dr. jur. Frank Sievert
Rechtsanwalt
Hamburg, 20. März 2009

Dr. jur. Frank Sievert ist Lehrbeauftragter der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, HAW-Hamburg, seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen den Mobbingrechtsschutz, sowie das Kündigungsschutzrecht.

Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 293502
 1709

Kostenlose Online PR für alle

Jetzt Ihren Pressetext mit einem Klick auf openPR veröffentlichen

Jetzt gratis starten

Pressebericht „Mobbing - Ein Mann – ein Wort – kein Geld“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von Mobbing-Rechthilfe.de

Bild: Finanzkrise - Das BAG stärkt ArbeitnehmerrechteBild: Finanzkrise - Das BAG stärkt Arbeitnehmerrechte
Finanzkrise - Das BAG stärkt Arbeitnehmerrechte
Ein Verzicht auf Lohnansprüche, um einen Betriebsübergang zu ermöglichen, ist unwirksam von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg Besprechung des BAG Urteils (8 AZR 722/07) vom 19.03.2009 zum Betriebsübergang. Ein Erlassvertrag, mit dem die Parteien eines Arbeitsverhältnisses den Verzicht auf rückständige Vergütung für den Fall vereinbaren, dass es zum Betriebsübergang auf einen Dritten kommt, ist unwirksam. 1. Der Fall Die Klägerin arbeitete seit 1998 für den Beklagten als Erzieherin in einer Kindertagesstätte. Der Beklagte zahlte …
Bild: Mobbing & Abfindung - Hohe Abfindung ist durchsetzbarBild: Mobbing & Abfindung - Hohe Abfindung ist durchsetzbar
Mobbing & Abfindung - Hohe Abfindung ist durchsetzbar
Von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg: Die meisten Rechtstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber um die Beendigung des gemeinsamen Arbeitsverhältnisses enden durch einen Abfindungsvergleich. Die Höhe der Abfindung ist dabei im Regelfall das Ergebnis zäher und zumeist langer Verhandlungen der Parteien. Hierbei spielen neben rein rechtlichen Beurteilungen unter anderem steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Art auch psychologische Faktoren und wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Parteien sowie der Zustand der Wirtsc…

Das könnte Sie auch interessieren:

Bild: Werte gegen Mobbing: Respekt-Coach beeindruckt mit EngagementBild: Werte gegen Mobbing: Respekt-Coach beeindruckt mit Engagement
Werte gegen Mobbing: Respekt-Coach beeindruckt mit Engagement
Manchmal ist es nur ein Wort, ein Blick oder eine Geste der Verachtung. Mobbing beginnt oft subtil, ist aber für Betroffene in jeglicher Form spürbar und hinterlässt schmerzhafte Spuren: das Gefühl, nicht willkommen und nicht genug zu sein; irgendeine Situation, die Selbstzweifel schürt. Dass diese Selbstzweifel tragisch enden können, wird nur allzu …
Bild: Die Versichertengemeinschaft der Krankenkassen zahlt für die Mobbingopfer der ArbeitsweltBild: Die Versichertengemeinschaft der Krankenkassen zahlt für die Mobbingopfer der Arbeitswelt
Die Versichertengemeinschaft der Krankenkassen zahlt für die Mobbingopfer der Arbeitswelt
Das Wort Mobbing ist heutzutage in der Arbeitswelt in aller Munde und schon längst kein unbekanntes Thema mehr. Die EMNID–Medienforschung spricht nach einer Umfrage im Auftrage einer Krankenkasse, von 5,7 Millionen Mobbingbetroffenen, was jährlich einen volkswirtschaftlichen Schaden von ca. 80-100 Milliarden Euro bedeutet. Durch die Intensität des Mobbings …
"Bleib cool - be happy" werde "Selbstbewusst & Stark"
"Bleib cool - be happy" werde "Selbstbewusst & Stark"
Dieses Arbeits-/ Tagebuch wurde geschrieben, da es ein Thema ist das alle angeht. Dieses Tagebuch ist ein Arbeitsbuch, das unterstützend helfen soll jungen Menschen die Opfer von Mobbing sind aus der Opferrolle heraus zu holen, um ein glückliches Leben zu führen. – Alter ab 11 Jahre.Ja, das Thema, mit dem wir uns beschäftigen ist mittlerweile nichts …
Bild: Mobbing kostet MilliardenBild: Mobbing kostet Milliarden
Mobbing kostet Milliarden
Mediation als probates Mittel gegen Konflikt-Eskalation am ArbeitsplatzMobbing kann zwischen Kolleginnen und Kollegen stattfinden, von Vorgesetzten ausgehen oder von Mitarbeitern, die ihre Vorgesetzten mobben. In rund 50 Prozent der Fälle – so der Mobbingbericht 1) – sind Vorgesetzte an Mobbingprozessen beteiligt. Nach Darstellung der Bundesanstalt für …
Bild: Mobbing und die Wirtschaftskrise - DER KAMPF UM DIE MOBBING-OPFER?Bild: Mobbing und die Wirtschaftskrise - DER KAMPF UM DIE MOBBING-OPFER?
Mobbing und die Wirtschaftskrise - DER KAMPF UM DIE MOBBING-OPFER?
Die einen sagen: Mobbing, das gab's schon immer .. ...die anderen sagen: Mobbing - gibt es bei uns nicht, darüber wollen wir gar nicht diskutieren! Weil aber dennoch alle über Mobbing reden, wird der Begriff oft missbräuchlich verwendet: Ein Konflikt, ein böses Wort am Arbeitsplatz wird gleich als Mobbing bezeichnet; das Wort "Mobbing" wird inflationär …
Bild: Roman über Mobbing erschienenBild: Roman über Mobbing erschienen
Roman über Mobbing erschienen
Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten - Mobbing-Roman erschienen - Basis sind eigene Erfahrungen der Autorin - Story soll helfen, Mobbing zu entlarven - Jeder 4. wird gemobbt, darunter viele Workaholics Berlin (nora.amelie/24.08.2018) »Mobbing traumatisiert für's Leben«, ist Nora Amelie überzeugt. Die Berliner Autorin hat gerade einen Roman zum …
Bild: Psychoterror Mobbing - mangelnder Arbeitsschutz in der Staatskanzlei Schleswig-HolsteinBild: Psychoterror Mobbing - mangelnder Arbeitsschutz in der Staatskanzlei Schleswig-Holstein
Psychoterror Mobbing - mangelnder Arbeitsschutz in der Staatskanzlei Schleswig-Holstein
Mobbing-Selbsthilfegruppe prangert Vorgehensweise der Politik zum Thema Arbeitsschutz an. Kiel/Elmshorn - Von der Mobbing-Selbsthilfegruppe Elmshorn mit Unterstützung von Herrn Jörg Hensel, Sich.-Ing., Kiel 31. Mai 2007 - Das Thema Arbeitsschutz und Arbeitsschutzgesetze. Ein, wie viele meinen, unwichtiges Thema. Doch lassen Sie sich nicht täuschen, dieses …
Bild: Mobbing: Die Angst am Arbeitsplatz - Arbeitsplatzkonflikte erkennen, dem Mobbing gegensteuernBild: Mobbing: Die Angst am Arbeitsplatz - Arbeitsplatzkonflikte erkennen, dem Mobbing gegensteuern
Mobbing: Die Angst am Arbeitsplatz - Arbeitsplatzkonflikte erkennen, dem Mobbing gegensteuern
Mobbing bedeutet soviel wie anpöbeln, fertig machen, schikanieren oder diskriminieren und ist vor allem ein Problem in der Arbeitswelt. Experten schätzen, dass jeder neunte Arbeitnehmer in Deutschland schon einmal von Mobbing betroffen war. Doch auch in den Bereichen Schule und Familie ist das Schikanieren längst keine Seltenheit mehr. Natürlich muss …
Bild: Typischer Bürokonflikt: Zu warm, zu kalt?Bild: Typischer Bürokonflikt: Zu warm, zu kalt?
Typischer Bürokonflikt: Zu warm, zu kalt?
… welch großartiger Gemeinschaftsgeist vorherrscht. Letztlich entpuppt sich das Wort Gemeinschaft als beinharte Realität: Der eine ist gemein, während der andere schafft! „Früher, als Mobbing noch kein gängiger Begriff war, bezeichnete man solche ungeliebten Kollegen schlichtweg als Intriganten, Lügner oder auch Sklaventreiber – heute nennen wir sie alle …
Bild: Überlebensstrategien im Haifischbecken Arbeitswelt oder wie man sich wirksam gegen Mobbing wehrtBild: Überlebensstrategien im Haifischbecken Arbeitswelt oder wie man sich wirksam gegen Mobbing wehrt
Überlebensstrategien im Haifischbecken Arbeitswelt oder wie man sich wirksam gegen Mobbing wehrt
… nicht nur um das Aufzeigen von Problemen, sondern vor allem um Lösungsmöglichkeiten. Auch wenn der Autor nur einen Abschnitt konkret mit der Überschrift „Mobbing“ versehen hat, befassen sich die meisten Kapitel zumindest teilweise mit Handlungen von Vorgesetzten oder Mitarbeitern, die in einer Gesamtschau dem Themenkomplex Mobbing hinzuzurechen sind. …
Sie lesen gerade: Mobbing - Ein Mann – ein Wort – kein Geld