(openPR) Rezension des Buches „Wie die lieben Kollegen ticken, 111 Fakten fürs Überleben im Haifischbecken“ von Hauke Brost, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2008, 230 Seiten, zum Preis von 9,90 Euro, von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert:
Nach den drei Bestsellern „Wie Männer ticken“, „Wie Frauen ticken“ und wie „Wie Teenies ticken“ legt der Hamburger Journalist und BILD-Chefreporter Hauke Brost nun ein Werk über die vielfach schockierenden und ungerechten Gepflogenheiten in der bundesdeutschen Berufswelt vor. Dabei geht der Autor mit den „Haien“, die einem die Arbeit und den Erfolg aus der Arbeit nehmen wollen, hart ins Gericht. Anhand von realen Beispielen aus der bundesdeutschen Arbeitswelt und teilweise in der Praxis „erprobten“ Lösungsansätzen versucht der Autor einen Leitfaden für Arbeitnehmer aufzustellen, der das berufliche „Überleben“ im „Haifischbecken“ Berufsalltag ermöglichen soll. Dies gelingt ihm nur teilweise.
1. Der Autor, Struktur und Zielstellungen des Werkes
Der Autor, Hauke Brost, als Reporter der auflagenstärksten bundesdeutschen Tageszeitung mit allen Leserschichten vertraut, hat mit seinem Team über 1000 Interviews mit Arbeitern und Angestellten aus nahezu sämtlichen Berufsgruppen geführt. Dabei haben der Autor und sein Team das gesamte Spektrum der Arbeitswelt untersucht. Neben den unterschiedlichen Berufsgruppen wurden ebenso die hierarchischen Stufen vom Manager bis zur Vorzimmerdame der Befragung zur Arbeitswirklichkeit unterzogen. Die aus diesen Befragungen gewonnenen Erkenntnisse hat der Autor als Grundlage für das zu besprechende Buch und die darin enthaltenen Verhaltensstrategien für Arbeitnehmer genommen.
Methodisch hat der Autor dabei sein Buch in 10 Kapitel mit insgesamt 111 Abschnitten gegliedert. Die jeweiligen Abschnitte befassen sich mit eng umgrenzten Einzelproblemen des beruflichen Alltags, für die zumeist „Lösungen“ aus der Arbeitsrealität angeboten werden. In seinem gewohnt lockeren, kreativen Stil geht der Autor dort etwa Fragestellungen an wie: „Wieso kriegen immer die anderen mehr Geld?“, „Warum ziehen lauter Versager an mir vorbei?“, „Muss man zu einer Seilschaft gehören?“ und „Woran merke ich, dass sie (die Kollegen und Vorgesetzten) mich mobben?“. Es geht dem Autor dabei jedoch nicht nur um das Aufzeigen von Problemen, sondern vor allem um Lösungsmöglichkeiten.
Auch wenn der Autor nur einen Abschnitt konkret mit der Überschrift „Mobbing“ versehen hat, befassen sich die meisten Kapitel zumindest teilweise mit Handlungen von Vorgesetzten oder Mitarbeitern, die in einer Gesamtschau dem Themenkomplex Mobbing hinzuzurechen sind. Da Mobbing in der heutigen Arbeitswelt das zentrale Thema darstellt, wird dieser Teil des vorliegenden Buches für die Leser besondere Bedeutung haben. Insbesondere die hier dargestellten einzelnen Mobbinghandlungen lassen für den Leser eine konkrete Prüfung der eigenen beruflichen Situation auf Mobbing zu.
2. Welche Handlungen empfiehlt der Autor gegen Mobbing?
Konsequent schlägt der Verfasser vor, gegen Mobbing mit „harten Bandagen“ vorzugehen. Dabei überschreitet der Autor, der Abwehrbeispiele gegen Mobbing aus der beruflichen Wirklichkeit zitiert, leider zuweilen die rechtlich vertretbaren Grenzen.
Insbesondere die Abwehrstrategie gegen Mobbing, die in Abschnitt 69 des Buches dargestellt wird, mag vordergründig praktische Erfolge nach sich ziehen, ist indes auf keinen Fall arbeitsrechtlich anzuraten. Mobbing mit eigenem Mobbing zu bekämpfen, wie es in diesem Abschnitt des Buches empfohlen wird, verbietet sich bereits angesichts der gravierenden rechtlichen Nachteile. Denn das Gebiet Mobbing ist rechtlich eine äußerst komplexe Materie bei der, nach der bestehenden Rechtsprechung, rechtswidriges Handeln wie zum Beispiel eigenes Mobbing des Gemobbten diesen von eigenen Ansprüchen finanzieller Art ausschließen können. So kann genau dieser fehlerhafte Tipp des Autors aus Abschnitt 69, selbst zum Mobber zu werden, um sich gegen Mobbing zur Wehr zu setzen, sehr schnell zum vollständigen Rechtsverlust, eigener Schadensersatzpflicht des Gemobbten bis hin zum Arbeitsplatzverlust für das Mobbingopfer führen. Der Autor blendet in seinem eben genannten Lösungsvorschlag bewusst die arbeitsrechtlichen Risiken für den Gemobbten aus. An dieser Stelle wäre sicherlich eine umfangreichere noch mehr in die Tiefe gehende Darstellung wünschenswert.
Der Autor zeigt im 10. Teil seines Buches Strategien auf, wie man „die Weichteile“ der Kollegen finden und für sich nutzen kann, beispielsweise „Wie ruiniert man den Ruf von Klatschtanten?“, „Wie reizt man Zicken bis zur Weißglut?“ und „Wie macht man Kollegen einsam?“. Sämtlichen Beispielen gemein ist, dass der Autor „Kollegen“ präsentiert, die jedem Leser geläufig sind. Wie bereits zum Komplex Mobbing gesagt, fehlen leider nach den Hinweisen zur „Bekämpfung“ dieser „Kollegen“ die zwingend notwendigen Hinweise auf mögliche rechtliche Folgen des eigenmächtigen rechtswidrigen Handelns. Diese können bis zur Kündigung und strafrechtlichen Verfolgung desjenigen reichen, der sich von den genannten Ratschlägen leiten lässt. Auch hier wäre mehr Tiefe angebracht gewesen, insbesondere unter Hinblick auf den Charakter des Buches als „Praktischer Ratgeber“ für die Arbeitnehmer.
Uneingeschränkt zu empfehlen sind indes die positiven Tipps des Autors. Unter positiven Tipps sind dabei die Hinweise zu verstehen, die nicht in erster Linie darauf gerichtet sind einem Gegner zu schaden, sondern einzig den Zweck verfolgen, die eigene Position zu verbessern.
Folgende Tipps des Verfassers sollten Sie allerdings beachten: Knüpfen Sie rechtzeitig Kontakte in der Firma und bauen Sie sich ein Netzwerk auf! Achten Sie auf noch so unscheinbare Warnsignale und reagieren Sie! Sammeln Sie Nachrichten! Denn das ist die Währung, mit der man sich Kollegen-"Freunde" erkauft.
3. Brosts Tipps für das Schwimmen im Haifischbecken
Die Stärken des Verfassers kommen klar zum Tragen, wenn er mit seiner Beobachtungsgabe fürs Detail die Schwächen der Menschen aufs Korn nimmt und Schlussfolgerungen zieht, in denen er durch leichte Übertreibungen das Wesentliche besonders betont. So ist „ausnahmslos jede Firma…ein Haifischbecken“, weil es sich bei Entlassungen oder Beförderungen der Kollegen um Konkurrenten der Leser handelt und „Konkurrenten sind nun einmal - Gegner“. Daraus folgert der Verfasser, dass auch wir, die Guten, ein wenig fies sein müssen, um nicht untergebuttert zu werden.
Typische weitere Tipps des Autors sind etwa in dessen eigenen Worten: „Tausendmal flöten sie (die Chefs) uns, also den Guten,… ins Ohr: „Herr Meier, ich liebe Ihren Widerspruchsgeist!“… Sprüche wie diese sind verlogen. Glauben Sie kein Wort davon“ oder „Sie (sollten) früher aufstehen als Ihre Kollegen…Wer zuerst kommt, gilt als Streber. Streber aber sind gefährlich. Und entsprechend respektvoll wird man sie behandeln.“
Zum Abschluss fügt der Autor noch die Begründung ein, warum lauter so genannte „Versager“ an Ihnen (den redlichen Kollegen) vorbeiziehen: „Jemanden wegen Unfähigkeit zu feuern macht doch eigentlich nur Ärger…Viel besser ist es doch, die Lusche weiterzuempfehlen!“
4. Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das vorliegende Werk nicht nur vieles deutlich ausspricht, was sonst nur hinter vorgehaltener Hand und in dieser Tonlage eher nicht zu hören ist und zum anderen viele kreative Tipps enthält, wie Sie am besten mit „den fiesen Kollegen“ in Ihrem Unternehmen umgehen können. Das besprochene Buch ist in seiner kurzweiligen Erzählform bereits eine angenehme Lektüre für jeden abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Wer sich einen Überblick über die „Haie im Haifischbecken Arbeitwelt“ verschaffen möchte tut gut daran, dieses Buch zu lesen. Die Zielgruppe des Autors, die „lieben Kollegen“, werden dieses Buch bereits deshalb mit Wohlgefallen aufnehmen, weil nahezu jeder Mitarbeiter sich in einem der 111 Abschnitte wieder erkennen wird.
Derjenige, der bereits Opfer von Mobbinghandlungen geworden ist, sollte die „Hinweise zur Bekämpfung“ von Mobbing nicht ohne weiteres umsetzen. Wer ein spannendes unterhaltsames Buch zur Realität der Arbeitswelt sucht, findet hier das passende. Wer eine tief greifende Analyse der rechtlichen, soziologischen und psychologischen Probleme der Arbeitswelt erwartet, wird enttäuscht. Ein kurzes Fazit des besprochenen Buches kann nur lauten: erfrischend und absolut lesenswert.
Dr. jur. Frank Sievert