(openPR) Der Wahlsieg Donald Trumps ist der Sieg der Dummheit über den Intellektualismus. Das "gesunde Volksempfinden" hat sich gegen die Vernunft durchgesetzt. In einem Land, dessen Bevölkerung zunehmend wissenschaftliche Fakten negiert und protestantische Fundamentalisten erfolgreich dafür eintreten lässt, dass der Kreationismus an Schulen als gleichberechtigte Alternative zur Evolutionstheorie unterrichtet wird kann dies eigentlich nicht überraschen. Die amerikanische Journalistin Susan Jacoby hat bereits 2008 in ihrem Buch "The Age of American Unreason" (Das Zeitalter der amerikanischen Unvernunft) das Unwissen und den Anti-Rationalismus ihres Landes beklagt und darauf hingewiesen, dass mehr als 40 Prozent der Amerikaner unter 44 Jahre kein einziges Buch im Jahr lesen und zwei Drittel der Studenten nicht in der Lage sind, die drei Gewalten ihrer Republik zu nennen.
Unvernunft und Anti-Rationalismus sind allerdings nicht auf die USA beschränkt, sondern auch in anderen Ländern auf dem Vormarsch. In Nicaragua wurde vor wenigen Tagen der autoritär herrschende Staatschef Daniel Ortega mit großer Mehrheit wiedergewählt, in Russland genießt der frühere Diktator Josef Stalin höhere Sympathiewerte als der Demokrat Michail Gorbatschow und in Großbritannien hatten diffuse Ängste vor Überfremdung und Souveränitätsverlust den Brexit zur Folge. Auch die Pegida-Bewegung in Deutschland und die AfD als ihr parteipolitisches Sprachrohr verweigern sich argumentativen Auseinandersetzungen und reklamieren für sich die Vertretung des "Volksempfindens". Zwar sind die Wahlerfolge der AfD noch nicht besorgniserregend und ein deutscher Donald Trump nicht in Sicht; Wachsamkeit ist dennoch geboten. Auch die NSDAP ist zunächst nicht Ernst genommen worden und später trotz bürgerlichen Abscheus über ihr aggressives und gewaltbereites Auftreten auf demokratischen Wege an die Macht gekommen. Die Väter des Grundgesetzes haben sich daher aus gutem Grund für eine parlamentarisch-repräsentative Demokratie entschieden und die wesentlichen Grundrechte einer gesetzlichen Einschränkung entzogen. Ihre Vorbehalte gegen die Implementierung plebiszitärer Elemente wie Volksbegehren, Volksentscheid oder Referenden in die Verfassung waren berechtigt. Bei einem parteiinternen Nominierungsverfahren, wie in Deutschland üblich, hätte ein Donald Trump wahrscheinlich keine Chancen gehabt.
Direkte Demokratie birgt die Gefahr situationsbedingter Ad-hoc-Entscheidungen (Wiedereinführung der Todesstrafe nach brutalem Mord) und begünstigt bekannte, vernetzt und finanzkräftige Personen oder Gruppierungen, wie sich u.a. an den Auswirkungen der Möglichkeit des Panaschierens und Kumulierens auf die Ergebnisse der Bremer Landtagswahl belegen lässt. Urwahlen, Volksabstimmungen oder die weitere Senkung des Wahlalters sind deshalb keine Antworten auf Politikverdrossenheit und zurückgehende Wahlbeteiligung.