(openPR) Von Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert, Hamburg: Rezension des Buches „Mobbing“ von Martin Wolmerath, Verlag: WEKA MEDIA 2008, 96 Seiten, zum Preis von 5 Euro (jokers edition).
Das Phänomen Mobbing ist in der heutigen Arbeitswelt weit verbreitet. Es wurde bereits aus verschiedenen Perspektiven (rechtlich, arbeitsorganisatorisch, psychologisch, wirtschaftlich) beleuchtet. Neben den rein wissenschaftlichen Auseinadersetzungen mit der Thematik finden sich die für betroffene Mobbingopfer besonders relevanten „Ratgeber“. Das hier besprochene Werk, „der Praxisratgeber“ von Martin Wolmerath, stellt einen erfreulich untypischen Ratgeber dar, und bietet einen guten praxisbezogenen Zugang zum Thema Mobbing für Betroffene. In verständlicher Darstellung, klarer Sprache ohne Überfrachtung mit wissenschaftlichen Fachausdrücken aus den Bereichen Soziologie, Psychologie und Jura wird der Leser in die Lage versetzt, seine eigene Mobbingsituation abzuschätzen.
1. Der Autor, Struktur und Zielstellungen des Werkes
Der Autor, Martin Wolmerath, vermittelt mit seinem Werk einen Überblick über die Erscheinungsformen, Auswirkungen und Konsequenzen des Mobbings. Jedes einzelne von ihm angesprochene Problem wird mit lebensnahen, dem Rezensenten aus seiner eigenen anwaltlichen Praxis geläufigen Beispielen illustriert. Ausgehend von seiner anwaltlichen Tätigkeit befasst sich der Verfasser im Wesentlichen mit rechtlichen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit Mobbing auftreten. Bewusst werden die vielfältigen medizinischen, soziologischen und psychologischen Problemstellungen ausgeklammert. Der Autor will mit dem vorliegenden Werk kein fachübergreifendes wissenschaftliches Standartwerk zum Thema Mobbing liefern, vielmehr soll dem Leser ein „praktischer Ratgeber“ für Betroffene an die Hand gegeben werden.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt dabei eindeutig auf den Möglichkeiten des Mobbingopfers sich gegen Mobbing zur Wehr zu setzen. Diese strafrechtlichen, zivilrechtlichen und arbeitsrechtlichen Ansätze werden in Form von praktischen Kurzanleitungen geliefert. Insbesondere werden das Führen eines Mobbingtagebuches sowie die Anleitung zur Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen in praxisrelevanter Kürze dargestellt. Daneben werden die einzelnen Maßnahmen des Arbeitgebers und Betriebsrats zur Vermeidung von Mobbing in allgemeinverständlicher Darstellung aufbereitet.
Das besprochene Buch gliedert sich dabei in drei Hauptabschnitte, im ersten Abschnitt wird einleitend erklärt, was unter dem Begriff Mobbing zu verstehen ist, im zweiten Abschnitt werden die Ursachen und Auswirkungen von Mobbing dargestellt, schließlich findet sich im dritten Abschnitt eine Anleitung, wie Mobbing rechtlich zu bekämpfen ist.
2. Mobbing als Begriff
Zentrales Kennzeichen des Mobbingbegriffs ist für Wolmerath die Systematik der Persönlichkeitsverletzung. Der Verfasser untergliedert dabei den Mobbingbegriff in Angriffe auf die Möglichkeit sich mitzuteilen, auf die sozialen Beziehungen, auf das soziale Ansehen, auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation und auf die Gesundheit. Danach bringt er, der klassischen Definition von Leymann folgend, eine Liste von Mobbinghandlungen, auf denen auch die vom Autor im dritten Teil entwickelte Mobbingtagebücher basieren. Die 45 Mobbinghandlungen von Leymann, der als Begründer der Mobbingforschung anzusehen ist, werden vom Autor anschließend derart wiedergegeben, dass der Käufer des Buches sich ohne wissenschaftlichen Überbau im Wege der Selbsteinschätzung einem „Mobbingschnelltest“ unterziehen kann.
3. Mobbing Ursachen und Auswirkungen
Auch in diesem Abschnitt hält der Verfasser sich an die Vorgaben von Leymann, indem er dessen Modell der vier Phasen des Mobbings übernahm. In Kurzform, ohne wissenschaftlichen Anspruch aber mit dem Anspruch dem Betroffenen unmittelbar Nutzen zu bringen, werden die Phasen des Mobbings erläutert und wie folgt rubriziert: 1. Die täglichen Konflikte, 2. Mobbing etabliert sich, 3. Destruktive Personalverwaltung und schließlich 4. Der Ausschluss. Diese Einteilung ist heutzutage immer noch Standard, wenngleich sie meistens etwas anders formuliert wird, z.B. im Mobbingreport als 1. Konflikte, einzelne Vorfälle, 2. Der Psychoterror setzt ein, 3. Der Fall wird offiziell, arbeitsrechtliche Sanktionen und 4. Der Ausschluss. Dem Verfasser gelingt es hier einen wissenschaftlich komplexen Sachverhalt derart prägnant zu kürzen, dass Mobbingopfer in die Lage versetzt werden, ihre eigene Situation zu erfassen.
Weiterhin gibt der Verfasser in diesem Kapitel interessante Daten zur Verbreitung von Mobbing wieder. Danach sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Bankangestellte und Mitarbeiter wie auch Ärzte im Gesundheitsbereich zahlenmäßig am stärksten von Mobbing betroffen.
4. Mobbingbekämpfung
Hier liegt der Schwerpunkt des Buches. Der Verfasser bietet dem Leser eine praxistaugliche Anleitung sich gegen das Mobbing zur Wehr zu setzten. Es werden sowohl die strafrechtlichen als auch zivilrechtlichen und arbeitsrechtlichen Möglichkeiten aufgezeigt, mit deren Hilfe Mobbing unterbunden werden kann. Hierbei legt der Verfasser besonderen Wert auf allgemeinverständliche Erklärungen der einzelnen Tatbestände. Der Leser kann sich anhand von kurzen und prägnanten Beispielen den Rechtsfragen nähern, die einzelnen Straftatbestände verstehen und erfährt zudem, wie und bei welcher Stelle er eine Anzeige einzureichen hat. Auch die zivilrechtlichen Seiten des Mobbings, Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen, sowie Unterlassungsansprüche werden mittels kurzer Beispiele verständlich aufbereitet. Schließlich erfolgt die Darstellung der arbeitsrechtlichen Maßnahmen im Unternehmen. Der Verfasser nennt dem Leser die innerbetrieblichen Ansprechpartner und zählt die möglichen Maßnahmen gegen den Mobber wie die Ermahnung, die Abmahnung, einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages, Änderungskündigung, fristgemäße wie fristlose Kündigung (insebsondere die Druckkündigung) auf.
5. Zusammenfassung
Das besprochene Buch eignet sich insbesondere für Arbeitnehmer, die Opfer von Mobbing wurden oder für Arbeitnehmer, die sich in einer Mobbinglage sehen und sich vor fachlicher Beratung über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren wollen. Dem Konzept eines Ratgebers folgend, verzichtet der Verfasser bewusst auf den „wissenschaftlichen Überbau“ und fachspezifische Begrifflichkeiten. Besonders positiv aufgefallen ist, dass sämtliche Mittel im Mobbingkampf genannt wurden, ohne dass der Eindruck erweckt wurde, ohne fachliche Beratung des Mobbings Herr werden zu können. Hier hebt sich der Ratgeber Mobbing wohltuend von anderen Werken ab, in denen der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, dass Mobbingopfer mittels der Anleitung aus dem Buch alles selbst regeln könnten. Der Verfasser selbst verzichtet dabei bewusst auf die Nennung seiner beruflichen Tätigkeit, um jeglichem Zweifel an seiner Unabhängigkeit und daraus resultierenden Zweifeln an den abschließenden Ratschlägen zum Kampf gegen Mobbing zuvorzukommen.
Hervorzuheben an dem besprochenen Buch ist, dass gerade die komplexen Fragen der Unterlassungsansprüche gegenüber den Mobbern und die Beschwerdeschreiben an den Arbeitgeber nach § 84 BetrVG vom Autor bewusst kurz abgehandelt wurden. Im Sinne eines Leitfadens für Mobbingopfer gibt der Verfasser am Ende des Buches insgesamt neun Hinweise für den Leser, wie nach dem Lesen des Buches weiter zu verfahren ist. Der wesentliche Hinweis findet sich in Punkt 8, hier wird unmissverständlich dazu aufgefordert, eine Beratung bei einem Mobbingspezialisten wahrzunehmen. Bereits dieser klare Hinweis Spezialisten zu konsultieren, ohne dass sich der Verfasser selbst als ausgewiesener Spezialist darstellt, spricht für die Qualität des Buches.
Alles in allem ein lesenswertes Buch für jeden, der mit dem Thema Mobbing aus eigener Anschauung in Kontakt getreten ist.
Dr. jur. Frank Sievert
Rechtsanwalt
Hamburg, 10. Juni 2009
Dr. jur. Frank Sievert ist Lehrbeauftragter der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, HAW-Hamburg, seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen den Mobbingrechtsschutz, sowie das Kündigungsschutzrecht.












