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Bundesgerichtshof: Verschweigen von Provisionen führt zu Schadenersatz des Anlegers

12.03.200713:58 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Der Bundesgerichtshof hat eine unter Verbraucherschutzgesichtspunkten sensationelle Entscheidung am 06.03.2007 veröffentlicht.

Das Aktenzeichen lautet: X ZR 56/05. Hintergrund, der von Rechtsanwalt Tilp erstrittenen Entscheidung ist, dass eine Bank bei Verkauf von Aktienfonds und anderen Anlageprodukten sämtliche anfallenden Provisionen offen legen muss. Soweit sie dies nicht tut, hat ein Anleger grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz.



Heimlichkeiten sind verboten

Der Bundesgerichtshof weitet damit die Rechtsprechung zum Thema: verheimlichte Provisionen weiter aus. Hintergrund ist folgender selbstverständlicher Gedanke: eine Beratung kann nur dann von dem zu Beratenden bewertet werden, wenn er weiß, dass der Berater Gelder von Dritten erhält. Also muss der Berater offen legen, ob und wie viel Provisionen von Dritten gezahlt werden. Dieses ist selbstverständlich für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die keinerlei Gelder von Dritten annehmen dürfen. Vermögensverwalter müssen Zahlungen Dritter offen legen. Bei Verstoß gegen diese Grundregel gilt die Vermutung der Rechtssprechung, dass ein ordnungsgemäß aufgeklärter Anleger die Geldanlage nicht getätigt hätte.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Eine Wirtschaftsprüferin empfahl 1996 einem vermögenden Arzt eine Kommanditbeteiligung an einer Immobiliengesellschaft. Dafür erhielt die beratende Wirtschaftsprüferin eine heimliche Provision von 20.000 DM. Der Arzt erfuhr hiervon Jahre später und konnte die Wirtschaftsprüferin vor dem Landgericht Berlin in Haftung nehmen; diese Haftung ist unabhängig von der Frage, ob die Kommanditbeteiligung werthaltig ist oder nicht.

Hintergrund dieser Leitentscheidung ist, dass jemand, der eine Beratungsleistung in Anspruch nimmt, für die Beurteilung dieser wissen muss, ob der Berater ein eigennütziges Interesse an dem Verkauf eines gewissen Produktes hat.
Wenn bekannt ist, dass der Berater nicht (nur) neutral handelt, kann der Kunde die Beratung anders einordnen.

Im letzten Jahr wurden z. B. Vermögensverwalter nach deutscher und schweizer Leitentscheidungen verurteilt, Schadensersatz zu leisten, wenn sie verheimlichte Provisionen kassiert haben.

Die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes passt in den Bereich der europäischen Rechtentwicklung.
Die Finanzmarktrichtlinie, die in diesem Jahr in Deutschland auch umgesetzt werden soll, verlangt von den Banken die Offenlegung der Provisionsstrukturen.

Das höchste deutsche Gericht hat daher entschieden, dass eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, bei denen die Bank verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und den jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, den Kunden ungefragt diese Tatsache mitteilen muss. So kann der Kunde überprüfen, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse einer anleger- und objektgerechten Beratung oder im Interesse der Bank, die eine möglichst hohe Rückvergütung erhalten möchte, erfolgt ist.

Dem Urteil lag der typische Fall zugrunde, dass eine Bank Fondsprodukte aus dem eigenen Hause empfahl. Der Fondsanbieter – eine zum Konzern gehörende Gesellschaft – zahlte dann einen Teil des Ausgabeaufschlages des Fondsproduktes und Gelder aus der Verwaltungsvergütung an die Bank. Dieser Umstand war dem Kunden unbekannt.

Die Banken erhalten bisher von Kapitalanlagenanbietern, wie Fondsgesellschaften, nicht nur beim Kauf einer Kapitalanlage eines Aktienfonds eine Provision, sondern auch noch Bestandsprovisionen. Es besteht daher ein bisher dem durchschnittlichen Kunden nicht bekanntes Interesse der Bank, dass der Kunde ein einmal gekauftes Produkt auch im Bestand behält.

Das Landgericht München hatte am 13.05.2003 erläutert, dass die verschwiegene Teilung von Provisionen unerheblich sei, weil alle Fondsgesellschaften Provisionen zahlen würden. Dies hat das Oberlandesgericht München im Jahre 2004 bestätigt.

Das Umsatzinteresse der Bank wird allerdings nach Ansicht des Bundesgerichtshofes erst dann deutlich, wenn der Kunde das Provisionsinteresse erkennen kann.

Dies war aber regelmäßig verschwiegen worden.

Nach dem Schadensbegriff des Bundesgerichtshofes wird vermutet, dass eine Geldanlage nicht gekauft worden wäre, wenn der Anleger Informationen über die Provision gehabt hätte.

Wenn sich die betroffenen Kunden auf dieses Urteil berufen, könnten den Banken erhebliche Schadenersatzforderungen drohen.

Damit gilt nicht nur, dass Banken anlage- und anlegergerecht beraten müssen und dass zum Beispiel Aktienfonds und konservative Anlagementalität nicht zusammen passen (siehe Urteil des Autors http://www.dr-schulte.de/kammergericht_verurteilt_dresdner_bank.htm ), sondern dass per se durch die Heimlichtuerei Schadenersatz geschuldet wird. Zudem gilt hier eine erhebliche Beweiserleichterung für den Kunden, denn es muss vor Gericht nicht mehr um den Verlauf der Beratungsgespräche gestritten werden. Die Zahlung von Provisionen, die schriftlich niedergelegt worden sind, kann nicht bestritten werden.

Das Gericht sieht in den Provisionszahlungen einen Interessenkonflikt, der nur dadurch beseitigt werden kann, dass die Bank die Vergütung offen legt.

Nebenbei hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil die dreijährige Verjährung seit Kauf ausgehebelt. Hintergrund ist, dass ein vorsätzliches Verschweigen der Vergütung angenommen werden kann.

Der BGH stärkt somit eindeutig die Verbraucher. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Banken nun auch einmal einsehen, dass sie nicht beliebig mit ihren Kunden umspringen können.

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