(openPR) Spiegel-Online Autor Franz Walter über den roten Machtschwund in den Metropolen
„Der Verfall der SPD in ihrer einstigen Hochburg Hamburg zeigt: Die früher so volksverbundene, gestählte Sozialdemokratie ist in Städten und Wachstumsregionen ausgedörrt. Schuld sind auch lebensfremde Führungszirkel, die Persönlichkeiten mit Profil fernhalten“, so die Analyse des Göttinger Politikwissenschaftlers Franz Walter bei Spiegel-Online http://www.spiegel.de.
Die Wahlpleiten der SPD in großen Städten haben auch etwas mit der Vernachlässigung der so genannten „kleinen Leute“ zu tun, meint der Hochschullehrer: „In der Sozialdemokratie des letzten Vierteljahrhunderts tummelten sich nun vielmehr allzu viele von der Sorte des stellvertretenden Personalratschefs der Stadtverwaltung, der zugleich im Aufsichtsrat der örtlichen Sparkasse saß und üppige Tantiemen aus seiner Beratertätigkeit für ein Energieversorgungsunternehmen bezog, mitunter gar ein teures, doch billig kreditiertes Eigenheim in einer schicken Stadtrandsiedlung erwarb, wo er neureiche Stillosigkeiten protzig zur Schau stellte. Die Sozialdemokraten waren nicht mehr in toto die allgegenwärtigen Helfer, die sich um die ‚kleinen Leute’ und ihre Sorgen kümmern.“
In den Zeiten des Mangels hätten die Sozialdemokraten ihrer Klientel nicht mehr viel zu bieten gehabt: „Das Stammmilieu schwand dadurch, der Klientelismus reicht nicht mehr tief genug, der Abstand zwischen Parteieliten und Wählern vergrößerte sich - so brachen die Sozialdemokraten bei den Kommunalwahlen in den achtziger und neunziger Jahren sukzessive ein.“
In rot-grünen Kommunen sei die Wahlbeteiligung der Jungwähler besonders niedrig ausgefallen. Und große Teile der Arbeiterschaft sowie der Sozialhilfeempfänger seien hier an Wahltagen erst recht zu Hause geblieben, „fühlten sich parlamentarisch durch die ihnen kulturell zutiefst fremden Postmaterialisten nicht mehr repräsentiert, klinkten sich schließlich regelrecht und dauerhaft aus. Daran nahmen die Grünen als Partei der Besserverdienenden keinen Schaden, die Sozialdemokraten dafür aber erheblich.“
So sei nun die innere Verfassung der SPD in ihren großstädtischen Problemregionen weitgehend miserabel. Die Mitgliederzahlen seien seit Mitte der siebziger Jahre zum Teil um nahezu zwei Drittel zurückgegangen. In den Großstadtparteien herrschten nunmehr die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Sie machten Politik schon morgens in ihren Büros, beim Kungeln in den Fluren der Behörden. Hier werden am Vormittag die Parteiversammlungen vom Abend vorbereitet, Mehrheiten zusammengebastelt, Resolutionen abgekungelt. „Junge Leute und Arbeitnehmer aus dem produzierenden Gewerbe oder dem privaten Dienstleistungsbereichen aber blieben außen vor. Man findet sie auch nicht in den Großstadtparteien. Denn was sollte sie dorthin bewegen? Kleine informelle Gruppen und Zirkel haben schließlich in der Partei alles im Griff“, schreibt Walter.
Und so sei die einst mitgliederstarke, kampagnengestählte, mobilisierungskräftige, auch erdverbundene Sozialdemokratie gerade in den Kommunen und Regionen ausgedörrt. Für die Zukunft, die gerade von der historischen SPD gern und häufig besungen wurde, verheiße das gewiss nichts Gutes.
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