(openPR) Niemand darf wegen seines Alters im Berufsleben benachteiligt werden. So steht es im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Doch das gilt nicht für die Verbeamtung. Wer älter als 35 ist, muss Diskriminierung dulden - meint das Bundesverwaltungsgericht.
Derzeit herrscht massiver Lehrermangel in Deutschland. Wohlhabendere Bundesländer locken mit höheren Gehältern und dem Beamtenstatus im Wettbewerb um junge Lehrkräfte. Quereinsteiger und ältere Bewerber haben dagegen das Nachsehen. Die Laufbahnverordnungen der Länder sehen vor, dass nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze verbeamtet wird.
Zwar blieben auch die Beamten in den vergangenen Jahren nicht vor finanziellen Einschnitten verschont - gleichwohl gilt eine Beamtenlaufbahn gegenüber einer Anstellung als finanziell lukrativer. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch ältere angestellte Lehrer ihre Übernahme in ein Beamtenverhältnis anstreben. Im vorliegenden Fall hatte das Land Nordrhein-Westfalen eine Verbeamtung abgelehnt, weil die Kläger die laufbahnrechtliche Höchstaltersgrenze von 35 Jahren bereits überschritten hatten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits vor elf Jahren entschieden, dass es sachliche Gründe für eine Höchstaltersgrenze gäbe. 1998 gab es aber noch keinen Schutz gegen Altersdiskriminierung und auch noch kein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das stellt deutlich strengere Vorgaben auf. Aber nicht für das Beamtentum.
Das Urteil
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sind Höchstaltersgrenzen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auch weiter nicht zu beanstanden. Sie sollen dazu dienen, ein angemessenes Verhältnis zwischen der aktiven Dienstzeit und den späteren Versorgungsansprüchen im Ruhestand herzustellen. Außerdem fördern sie eine ausgewogene Altersstruktur.
Auch ein Verstoß gegen das AGG liege nicht vor, da die Höchstaltersgrenze von 35 Jahren legitimen Zielen diene und die Bewerber nicht unangemessen beeinträchtigt würden. Mangelhaft sei lediglich die konkrete Ausgestaltung der Höchstaltersgrenze in der Laufbahnverordnung. Das führe zu ihrer Unwirksamkeit, da der Gesetzgeber der Verwaltung für etwaige Ausnahmen keinerlei Vorgaben gemacht habe.
Die Folgen
Seit Inkrafttreten des AGG käme kein privater Arbeitgeber mit einer Stellenanzeige durch, in der er junges Personal bis 35 Jahre sucht. Dies wäre eine klare Altersdiskriminierung. Obwohl das AGG auch für den öffentlichen Dienst gilt, ticken die Uhren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit offenbar anders.
Nach Ansicht der Richter dürfen Bewerber, die bis zum Ruhestand noch bis zu 30 Jahre für den Staat tätig sein könnten, aussortiert werden. Bei Lehrern gibt es zumindest noch die (finanziell weniger lukrative) Alternative des Angestelltenverhältnisses, für Bewerber zur Feuerwehr, Polizei oder zum Richteramt ist dagegen nach Überschreiten der Altersgrenze die Tür für immer verschlossen.
Sonderrechte für den Staat sieht das AGG nicht vor. Ungleichbehandlungen wegen des Alters sind grundsätzlich unzulässig, Ausnahmeregelungen sind "eng" und "streng" auszulegen. Es gäbe jedoch Alternativen jenseits der Altersgrenze: etwa eine Mindestdienstzeit oder entsprechend reduzierte Versorgungsleistungen im Ruhestand.
Den Verwaltungsrichtern reichen zudem pauschale Gründe zur Rechtfertigung der Altersgrenze, die auch nicht näher dargelegt werden müssen. Das sehen die Arbeitsgerichte ganz anders: Bloße Vermutungen, Eventualitäten oder Risiken können Altersdiskriminierungen nicht rechtfertigen (ArbG Frankfurt, Az.: 11 Ca 8952/06). Für die Betroffenen bleibt wie so oft nur der Blick nach Luxemburg. Ein "tapferes" Verwaltungsgericht hat die Frage der Altersdiskriminierung bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst bereits dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt (VG Frankfurt, Az.: 9 Euro 3856/07). Wieder einmal wird es eines Winks aus Europa bedürfen, um den deutschen Gerichten bei der richtigen Umsetzung des Diskriminierungsschutzes auf die Sprünge zu helfen.








