(openPR) 13. April 2004 - Zur Drohung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, das Fortbestehen der gemeinsamen Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU infrage zu stellen, erklaert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poss:
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz, und der saarlaendische Ministerpraesident Mueller haben oeffentlich festgestellt: In grundlegenden politischen Fragen gibt es in der Union keine Geschlossenheit, ja noch nicht einmal eine Gemeinsamkeit. Einheitliche politische Konzepte der Schwesterparteien CDU und CSU sind ueberhaupt nicht vorstellbar. Weder in der Arbeitsmarktpolitik noch in der Gesundheitspolitik noch in der Rentenpolitik verfolgen die Unionsparteien - wie mehrfach dokumentiert - die gleichen Ziele, das gilt auch fuer die Steuerpolitik.
Die Herzog-Kopfpauschale, die die CDU erst Ende des letzten Jahres auf ihrem Leipziger Parteitag beschlossen hat, ist - wie Merz das jetzt klar feststellt - mit der CSU nicht zu machen. Einigkeit in dieser Frage ist aber unabdingbare Vorbedingung fuer ein gemeinsames Steuerkonzept der Union. Die radikalen und untauglichen Reformvorschlaege der CDU werden weiterhin am Widerstand der CSU scheitern. Merz traegt als verantwortlicher Autor des Einfachsteuermodells - mit Billigung der Partei- und Fraktionsvorsitzenden Merkel - eine entscheidende Mitverantwortung fuer die Entfremdung der Schwesterparteien.
Trotz der vielen Beschwichtigungsversuche, die Kritik als Einzelmeinungen abzutun, muss sich die Union fragen, ob sie angesichts der gravierenden Widersprueche und der grossen Zerstrittenheit selbst der Meinung ist, sie sei regierungsfaehig. In der Opposition werden die grundlegenden Meinungsunterschiede durch Verschweigen und Verschieben verkleistert. Die Union kann sich immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, naemlich auf eine Ablehnung der Koalitionsvorschlaege, einigen. Das hat zwar nichts mit konstruktiver Oppositionsarbeit zu tun, wie Frau Merkel behauptet, aber es verdeckt die Handlungsunfaehigkeit der Union.
Sobald die Unionsparteien nach einem gemeinsamen Konzept gefragt werden, gibt es viele sich widersprechende Antworten, selbst in den eigenen Reihen der CDU. Drei Vorsitzende und sechs Meinungen zu jedem wichtigen Politikbereich, das ist nicht die Politikalternative, die sich die Waehlerinnen und Waehler in Deutschland vorstellen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann CDU und CSU dieses zermuerbende Strukturproblem oeffentlich eingestehen.