(openPR) In Deutschland leiden ca. 5 Millionen Menschen an Schluckstörungen, die schwere Folgen mit sich bringen, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Das Otto-Fricke-Krankenhaus mit Standorten in Wiesbaden und Bad Schwalbach gehört zu den führenden Zentren zur Diagnose und Behandlung von Schluckstörungen (Dysphagien) im südwestdeutschen Raum. In Kooperation mit dem European Life Long Learning Programme for Clinical Dysphagiology (ELLLP) richtet es am 14. und 15. Oktober 2011 eine Fachtagung zu diesem Thema aus. Als Referentin konnte die weltweit anerkannte Dysphagie-Expertin Stephanie K. Daniels von der Universität Houston, Texas (USA), gewonnen werden. Sie präsentiert den aktuellen Forschungsstand. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Besonderheiten von altersbedingten Schluckstörungen, die Bedeutung neuronaler Netzwerke sowie moderne Diagnosemethoden gelegt.
„Bei Schluckstörungen können während des Essens oder Trinkens Speisen in die Luftröhre gelangen“, erläutert Petra Pluschinski, Klinische Linguistin am Otto-Fricke-Krankenhaus und Organisatorin der Fachtagung. „Die Folgen der Probleme beim Schlucken können von Infekten der Atemwege, Gewichtsverlust und Mangelernährung bis hin zu einem durch immer wiederkehrende Lungenentzündungen ausgelösten Tod führen. Deshalb ist die genaue Erforschung von Schluckstörungen auch so ungeheuer wichtig. Und umso mehr freuen wir uns, dass wir Stephanie Daniels, eine der führenden Forscherinnen auf diesem Gebiet, bereits zum zweiten Mal für unser Programm gewinnen konnten. Die Tagungsteilnehmer, die aus ganz Deutschland kommen, werden wichtige Informationen für ihre tägliche Arbeit mitnehmen können und davon profitieren die Patienten.“
Besonderheiten des „alten Schlucks“
Die Ursachen für Schluckstörungen sind vielfältig: „Neben Verletzungen und Tumoren der Mundhöhle, des Rachens sowie der Speiseröhre, lösen vor allem neurologische Erkrankungen wie Schlaganfälle, Parkinson´sche Erkrankungen oder andere fortschreitende Erkrankungen wie Multiple Sklerose Probleme beim Schlucken aus“, weiß Petra Pluschinski. „Aber auch der allgemeine Alterungsprozess kann das Schluckverhalten beeinflussen“, ergänzt Dr. med. Klaus Weil, Ärztlicher Direktor des Otto-Fricke-Krankenhauses und Ärztlicher Leiter der Fachtagung. „Durch Mehrfacherkrankungen geschwächte Menschen, wie sie so häufig in den geriatrischen Zentren zu sehen sind, neigen dazu, Probleme mit dem Schlucken zu bekommen. Hier wird ein Teufelskreis in Bewegung gesetzt. Die Menschen essen weniger oder vermeiden bestimmte Nahrungsmittel, dadurch verlieren sie lebenswichtige Muskelmasse, was wiederum eben auch die Schluckmuskulatur schwächt. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Presbyphagie.“
Therapie: Neuronale Netzwerke aktivieren
Die Therapie von Schluckstörungen umfasst ganz unterschiedliche Maßnahmen. Diese zielen u.a. darauf ab, die Nahrung bezüglich ihrer Konsistenz und Darreichungsform anzupassen, verschiedene Schlucktechniken zu erarbeiten oder eine andere Kopfhaltung anzutrainieren.
„Gemäß dem aktuellen Forschungsstand gibt es aber noch einen weiteren Ansatzpunkt“, so Petra Pluschinski. „Das menschliche Gehirn besitzt mehrere hundert Millionen Nervenzellen, Neuronen, die auf sehr komplexe Weise zu Netzwerken miteinander verbunden sind. Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass diese Netzwerke statisch sind; dass die Nervenverbindungen unveränderbar festgelegt sind und im Falle einer Schädigung, beispielsweise durch einen Schlaganfall, sich nicht reorganisieren können. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass dem nicht so ist; dass Funktionen zerstörter Strukturen von anderen übernommen werden können. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Plastizität des Gehirns. Dafür ist es jedoch wichtig, im Rahmen der Therapie bestimmte sensorische und motorische Reize zu geben, um diese reorganisatorischen Prozesse zu unterstützen.“
Moderne Diagnosemethoden: Videofluoroskopie
Um für jeden Patienten die individuell auf seine Bedürfnisse ausgerichtete Therapie auszuwählen, ist eine exakte Diagnose essentiell. Zu den derzeit modernsten Diagnosemethoden gehört die Videofluoroskopie. Im Rahmen dieses Verfahrens wird der gesamte Schluckvorgang mittels Röntgenstrahlung dargestellt und auf einem Video aufgezeichnet. „Im Gegensatz zu einem Verfahren mit einzelnen Röntgenbildern lässt sich somit das Zusammenspiel der zahlreichen Muskelgruppen, die das Schlucken ermöglichen, beurteilen“, erläutert Petra Pluschinski. „Eine Besonderheit ist auch die Möglichkeit der digitalen Archivierung. Somit ist insbesondere die Dokumentation der Schluckstörung sehr gut möglich“, ergänzt Dr. Weil.
In Deutschland wird dieses Verfahren bislang erst in sehr wenigen Krankenhäusern angewendet. Das Otto-Fricke-Krankenhaus ist eines davon. Es bietet als einziges Haus im Rhein-Main-Gebiet beide diagnostischen Verfahren an. Hier können Schluckstörungen sowohl durch diese spezielle Röntgenuntersuchung als auch endoskopisch durch Spiegelung abgeklärt werden.