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Kirchenaustritt: Kann man auch ohne Kirchensteuer Mitglied der Kirche bleiben?

27.10.200914:29 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Derzeit wird die katholische Kirche von einem mittleren Erdbeben heimgesucht, das das 90 Jahre alte System der Kirchensteuer zum Einsturz bringen könnte. Ein Rechtsstreit um den Kirchenaustritt sorgt für Furore. Es geht um die Frage, ob man aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts austreten kann und dennoch weiterhin Mitglied der Kirche als Religionsgemeinschaft bleiben kann. Kann man also Mitglied der Kirche sein, ohne Kirchensteuer bezahlen zu müssen?



Was ist bisher passiert?

1. Herr Hartmut Zapp, ein pensionierter Professor für katholisches Kirchenrecht an der Universität Freiburg, erklärte am 5.7.2007 seinen Austritt aus der katholischen Kirche, allerdings nur aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er wollte damit lediglich Kirchensteuer sparen, aber weiterhin Mitglied der Kirche als Religionsgemeinschaft bleiben.

2. Das Standesamt und die Stadt Staufen akzeptierten diese Form des Kirchenaustritts, nicht aber das Erzbistum Freiburg. Das Erzbistum klagte - und verlor. Das Verwaltungsgericht Freiburg erklärte die steuerlich motivierte Form des Kirchenaustritts für rechtens (VG Freiburg vom 15.7.2009, 2 K 1746/08).

3. Das Erzbistum hat nun Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim eingelegt. Die Entscheidung dieses Gerichts wird von großer Bedeutung sein. Notfalls will Herr Zapp bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Nach geltendem Recht führt der Kirchenaustritt nicht nur dazu, dass nun keine Kirchensteuer mehr gezahlt werden muss, sondern automatisch auch zur Bestrafung mit Exkommunikation. Dies bedeutet, dass der Austretende aus dem Taufregister gestrichen wird, keine Kommunion mehr empfangen darf, sich nicht mehr kirchlich trauen lassen kann und nicht mehr mit Pfarrer beerdigt wird. Davor schrecken viele Menschen zurück.

Nach theologischem Verständnis aber ist die Exkommunikation aufgrund des Kirchenaustritts unrechtmäßig: Die Kirchenmitgliedschaft beginnt mit der Taufe und kann nicht zurückgenommen werden. Wer einmal getauft ist, bleibt für immer getauft, selbst wenn er der Kirche den Rücken zukehrt. Insofern kann man gar nicht aus der Kirche austreten. Doch die deutschen Bischöfe behandeln die Ausgetretenen als Menschen, die "von ihrem Glauben abgefallen" sind, und bestrafen sie deshalb mit Exkommunikation. Diese althergebrachte Praxis in Deutschland steht in Widerspruch zur offiziellen Lehre des Vatikans:
- Im Jahre 2006 definierte der Vatikan auf Anordnung von Papst Benedikt XVI die Art des formalen Akts für einen Kirchenaustritt: Für den "Abfall von der Kirche" müsse eine innere Entscheidung zur Trennung aus Glaubensgründen erkennbar sein, diese schriftlich niedergelegt und vom Bischof oder Pfarrer angenommen und geprüft werden (Rundschreiben des Päpstlichen Rates vom 13.3.2006).
- Entgegen dieser römischen Vorgaben berufen sich die deutschen Bischöfe starr auf die deutsche Rechtstradition: Sie werten den vor einer staatlichen Behörde erklärten Austritt als "Abfall von der Kirche", der automatisch die Exkommunikation nach sich zieht (Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz vom 24.4.2006).

Nach Päpstlicher Auffassung ist also eine Austrittserklärung vor einer staatlichen Behörde kein Kirchenaustritt im kirchenrechtlichen Sinn. Ermuntert durch das Päpstliche Schreiben im Jahre 2006 erklärte Herr Zapp im Jahre 2007 seinen Austritt aus der Kirche als Körperschaft. Er möchte nicht länger hinnehmen, dass ein Austritt aus der katholischen Steuergemeinschaft von den deutschen Bischöfen automatisch mit einem Abfall von der Kirche gleichgesetzt wird. Auch wer keine Kirchensteuer zahlt, soll dennoch zur Kirche gehören dürfen. Man darf gespannt sein, ob nach dem Ende des Rechtsstreits das Sterbeglöcklein für die Kirchensteuer schlagen wird.

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