(openPR) Münster, 3. August 2009. Im Department Cabañas in El Salvador geht die Angst um: Innerhalb weniger Wochen wurden ein Funktionär der linken Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) verschleppt und ermordet, vier Radio-Journalisten mit dem Tode bedroht und ein Entführungsversuch gegen einen Priester unternommen. Allen Opfern gemeinsam ist, dass sie sich für Menschen- und Bürgerrechte eingesetzt haben. Die Christliche Initiative Romero e.V. (CIR) hat sich an Seine Exzellenz Edgardo Suarez Mallagray, den Botschafter El Salvadors in Deutschland, gewandt und eine Aufklärung der Taten sowie den Schutz Bedrohter gefordert. „Wir fordern von den Behörden in El Salvador nachdrücklich eine ernsthafte, alle Spuren verfolgende Aufklärung des Mordes an Marcelo Rivera sowie effektive Schutzmaßnahmen für die vier Journalisten von Radio Victoria und Padre Luis Quintanilla“, schreibt die entwicklungspolitische Organisation mit Sitz in Münster in einem Brief an Suarez Mallagray.
Den Auftakt der Gewaltwelle bildete vor einigen Wochen das Verschwinden von Gustavo Marcelo Rivera Moreno, Mitglied der Departmentleitung der FMLN und einer nationalen Allianz von Umwelt- und Basisgruppen gegen Minenprojekte. Über drei Wochen fehlte von dem in der Gemeinde San Isidro lebenden Rivera jede Spur. Dann wurde seine Leiche, die Folterspuren aufwies, am 7. Juli in einem Brunnenschacht in dem Städtchen Ilobasco gefunden.
Die Tötung Marcelo Riveras scheint den Auftakt einer regelrechten Angst- und Mordkampagne im Department Cabañas zu bilden: Seit dem 23. Juli erhalten laut einer Mitteilung des Basiskomitees Asociación de Desarollo Económico y Social (ADES) Santa Marta vier Journalisten des im Department ansässigen Radiosenders Radio Victoria telefonische und schriftliche Drohungen. Sie seien „die Nächsten“, sie stünden „auf der Liste“ und sollten sich vorsehen, wurde den vieren bedeutet. Ins Visier der bislang unbekannten Urheber der Drohungen seien sie geraten, „da ihr in San Isidro zu viel geredet habt“.
Der jüngste Fall im Department Cabañas: Am 28. Juli wurde Padre Luis Quintanilla Opfer eines Entführungsversuches. Der in der Verteidigung der Menschenrechte engagierte katholische Geistliche fuhr auf der Straße von Victoria nach Sensuntepeque, als ihn vier bewaffnete Maskierte anhielten und zu verschleppen versuchten. Quintanilla konnte allerdings entkommen. Wie die vier Radio-Journalisten, hatte auch der Priester in den vergangenen Wochen telefonische Morddrohungen erhalten. „Mit den verfluchten, als Priester getarnten Roten aufräumen“ wollten die anonymen Anrufer. Quintanilla wurde bedeutet, dass er „ruhig sein“ solle, wenn er nicht wolle, dass ihm das gleiche wie Marcelo Rivera zustoße.
Die Christliche Initiative Romero beobachtet die aktuelle Entwicklung im Department Cabañas mit äußerster Sorge. Wie andere Beobachter der Ereignisse, vermutet auch sie hinter den bisherigen Taten identische Urheber sowie eine Angst- und Gewaltkampagne, die darauf abzielen soll, kritische Stimmen mit allen Mitteln auszuschalten.
Bereits im Vorfeld des Leichenfundes hatten Angehörige Riveras und Vertreter der Asociación Amigos de San Isidro (ASIC), deren Leiter der Getötete ebenfalls war, befürchtet, Rivera könnte einem Auftragsmord zum Opfer gefallen sein. Hintergrund: Marcelo Rivera engagierte sich im Rahmen des Bündnisses Mesa contra la Minería gegen ein Minenprojekt des kanadischen Unternehmens Pacific Rim auf dem Gebiet San Isidros.
Angehörige des Ermordeten und Einwohner San Isidros führen an, dass Marcelo Rivera in offiziellen Mitteilungen der Gemeindeverwaltung verbal angegriffen worden sei. So seien in dem Programm eines vom Bürgermeister San Isidros ausgerichteten Stadtfestes und in einem Pamphlet, welches danach erschien, Beleidigungen gegen den später Entführten und Ermordeten enthalten gewesen. José Ignacio Bautista, amtierende Bürgermeister der Gemeinde San Isidro und Vertreter der rechtsgerichteten Arena-Partei, ist ein vehementer Befürworter des gescheiterten Minenprojektes der Pacific Rim.
Vertreter der Umweltschutzbewegung im Department Cabañas versichern laut salvadorianischen Medienberichten ihrerseits, dass Marcelo Rivera in den vergangenen Monaten Opfer von Verfolgung und Drohungen gewesen sei, besonders seit den Parlaments- und Gemeindewahlen vom 18. Januar, als er den Protest gegen einen mutmaßlichen Wahlbetrug durch den Arena-Vertreter Bautista anführte.
Laut Berichten der salvadorianischen Zeitung „Co-Latino“ geht die örtliche Polizei von einem „gewöhnlichen Verbrechen“ aus; Rivera habe sich mit Mitgliedern einer Straßenbande unterhalten, „die ihm nach einer hitzigen Diskussion das Leben nahmen“. Für Angehörige, Freunde und Kollegen des Ermordeten klingt die Erklärung, Straßenbanden – sogenannte Maras – seien für Entführung und Tod Riveras verantwortlich, angesichts des dargelegten Vorlaufes allerdings wenig glaubwürdig. Sie fordern, die Untersuchungen müssten von den Drohungen ausgehen, die Rivera wegen seines Widerstandes gegen das Minenprojekt und den mutmaßliche Wahlbetrug in San Isidro erhalten hat.