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Sterbehilfe und „Entsorgungs - Mentalität?

14.07.200813:26 UhrGesundheit & Medizin
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Das kritische Internetportal zum Medizin-, Pflege- und Gerontopsychiatrierecht - Lutz Barth
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(openPR) Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe warnt in der aktuellen Debatte vor einer „wachsenden Entsorgungs-Mentalität“ und kritisiert vor allem den geschäftsmäßigen Umgang mit den Sterbenden. Er befürchtet die Entwicklung eines „entmenschlichten Sterbe-Marktes“.



„Die Befürworter der Sterbehilfe sprechen immer von dem freien Selbstbestimmungsrecht der Menschen. Die Entscheidung zur Annahme von todbringenden Medikamenten oder Sterbe-Cocktails ist aber nur eine scheinbare Selbstbestimmung, sie ist eigentlich eine Flucht vor der Realität. Das individuelle Selbstbestimmungsrecht darf in einer Gesellschaft mit humanistischen Werten nicht missbraucht werden, damit sich Einzelne zu Herrschern über Leben und Tod aufspielen“, so der Kammerpräsident Windhorst in einer aktuellen Meldung (Quelle: Ärztekammer Westfalen-Lippe, Pressemitteilung v. 11.07.08).

Mal ganz abgesehen davon, dass keiner der Beteiligten in der Debatte einer „Entsorgung“ sterbenskranker Patienten das Wort redet und der von dem Kammerpräsidenten gewählte Ausdruck lediglich dazu geeignet ist, Ängste bei den Patienten zu schüren, scheinen die Funktionärsträger innerhalb der Ärzteschaft nicht gewillt zu sein, dass Selbstbestimmungsrecht des sterbewilligen Patienten zu respektieren. Es geht nicht (!) um eine „scheinbare Selbstbestimmung“, wie der Kammerpräsident Windhorst meint, mutmaßen zu müssen. In der Tat darf in einer humanistischen Gesellschaft das individuelle Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht missbraucht werden und hierzu zählt freilich auch, dass den Spekulationen über den vermeintlichen Willen des Suizidenten durch die Ärzteschaft durchaus Grenzen gesetzt sind. Der einzelne Arzt darf sich nicht zum „Herrn“ über Leben und Tod aufspielen und dabei der Versuchung erliegen, ggf. im Rahmen seiner palliativmedizinischen Bemühungen den konkret nachvollziehbaren und kognitiv nicht beeinträchtigten Sterbewillen des Patienten in einen Lebenswillen abzuändern.

„Wenn die Menschen wüssten, dass sie am Ende ihres Lebens nicht alleine sind und ihnen die Schmerzen so gut wie möglich genommen werden, wären sie eher bereit, das Sterben anzunehmen ... Dies sei dann eine wirklich freie und selbstbestimmte Entscheidung ohne Angst vor dem Tod.“, so die weitere Botschaft des Kammerpräsidenten Windhorst. Mit Verlaub – auch das Wissen der Patienten um die Palliativmedizin führt im Ergebnis nicht (!) dazu, dass diese gleichsam ihren „Verzicht“ auf eine pallitaivmedizinische Betreuung erklären können und einen freiverantwortlichen Suizid vorziehen. Es ist schon anmaßend, in diesem Zusammenhang von einer „wirklich freien und selbstbestimmten Entscheidung“ sprechen zu wollen, bei der die Suizidwilligen auch keine „Angst vor dem Tod“ zu haben brauchen. Manchen Ärzten scheint überhaupt nicht eingängig zu sein, dass ggf. der sterbewillige Patient schlicht und ergreifend den „schnellen Tod“ für sich vorzieht und zwar unabhängig vom weiteren Ausbau der Palliativmedizin. Sterbehilfe und die palliativmedizinischen Bemühungen stehen in keinem diametralen Gegensatz zueinander, wie gerne in diesem Zusammenhang stehend behauptet wird. Entscheidend ist allein, dass der autonome Patient seinen nachhaltigen Willen artikuliert und ihm hierbei die Regie für seinen eigenen Tod zu belassen ist.

Dies zu akzeptieren, scheint allerdings in unserer scheinbar aufgeklärten Gesellschaft schwer zu fallen. Über die Bedingungen, unter denen der Patient sein Sterben anzunehmen gedenkt, entscheidet er allein und nicht die Ärzteschaft, geschweige denn eine berufsständische Kammer!

Nicht vor einer „Entsorgungs-Mentalität“ ist also zu warnen, sondern vielmehr vor der Instrumentalisierung des Patientenwillens durch die Ärzteschaft. Da beruhigt es keinesfalls, dass die Funktionäre gebetsmühlenartig betonen, dass Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu wahren. Wem nützt dieses ehrwürdige Bekenntnis, wenn die Ärzteschaft das Selbstbestimmungsrecht des Patienten von Bedingungen abhängig macht, die im „Elfenbeinturm“ der geschlossenen Gesellschaft der Funktionärsvertreter und gelegentlich der Alltagsphilosophen beschlossen werden?

Wenn wir überhaupt etwas aus dem Buch der Bücher für den derzeitigen Wertediskurs fruchtbar machen können, dann ist es die Erkenntnis, dass im säkularen Verfassungsstaat zunächst die Maxime gilt, dass nicht (!) Dein, sondern mein Wille geschehe! Punkt um!

Nur in Parenthese sei im Übrigen angemerkt, dass Roger Kusch im letzten Jahr den Versuch unternommen hat, seine Rechtsauffassung in einem Beitrag der juristischen Fachzeitschrift NStZ 08/2007, S. 436 ff. mit dem Titel „In Würde sterben - nur im Ausland?“ unter strafrechtlichen Gesichtspunkten darzustellen. Fachliche Aspekte sollte daher in den Vordergrund der Diskussion gestellt werden und nicht Verbalattacken, die mehr zu Irritationen denn zur Aufklärung führen.

Lutz Barth

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