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Wir sollen nicht sterben wollen

09.05.201416:23 UhrGesundheit & Medizin
Bild: Wir sollen nicht sterben wollen

(openPR) Der „Diskurs“ (?) über das frei verantwortliche Sterben eines schwersterkrankten und sterbenden Menschen ist nach wie vor nicht nur soziologisch unterbelichtet, sondern zeichnet sich insbesondere durch Glaubensbotschaften der selbsternannten „Oberethiker“ und deren „Geschwätzigkeit“ aus.



„Lebensschützer“ meinen zu wissen, was die Schwersterkrankten und Sterbenden wünschen und welcher Hilfe diese am Ende ihres sich neigenden Lebens bedürfen.

Mit Verlaub: Es reicht nicht zu, stets die Meinungsumfragen zu kritisieren, in denen die Mehrheit der Bevölkerung sich für eine weitere Liberalisierung der Sterbehilfe mit Blick auf die Schwersterkrankten aussprechen. Vielmehr ist es erforderlich, hieraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und zum Zeitpunkt der Entscheidung das Gespräch mit den potentiellen Suizidkandidaten zu suchen.

Allein die Innenperspektive der schwersterkrankten Patienten, die ggf. frei verantwortlich ihrem persönlichen Leid entfliehen wollen, ist bei der Beurteilung eines frei verantwortlichen Todes maßgeblich und nicht im Vorfeld die Spekulationen der Lebensschützer und Oberethiker darüber, was vermeintlich der Schwersterkrankte „wirklich“ (?) will.

Die Motive eines Schwersterkrankten für seinen Entschluss, über sein Leben verfügen zu wollen, bedürfen der Akzeptanz, auch wenn diese meinen, aufgrund ihres Leids nicht (weiter) ihrer Familie oder im Zweifel der Gesellschaft „zur Last fallen zu wollen“.
Hiermit wird aus der Sicht der Schwersterkrankten und Sterbenden nicht einer „Kultur des Todes“ das Wort geredet, sondern es wird einzig und allein der individuelle Wunsch nach einem Sterben geäußert, den wir alle schlicht zu akzeptieren haben.

Freilich kann und soll in einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung oder in der Kommunikation mit den hierzu Berufenen der Sterbewunsch des Schwersterkrankten intensiv erörtert werden. Am Ende dieses Gespräches steht allerdings immer (!) die zu respektierende Entscheidung des Schwersterkrankten und Sterbenden und sofern dieser meint, die ihm angebotene palliativmedizinische Betreuung und hospizliche Betreuung nicht (weiter) annehmen zu wollen, müssen auch die selbsternannten Lebensschützer und Oberethiker letztlich zur Erkenntnis gelangen, dass die Entscheidung des schwersterkrankten Patienten eine wohlüberlegte und deshalb nicht weiter zu hinterfragende ist!

Der Schwersterkrankte und Sterbende ist frei von vermeintlichen sozialethischen Verpflichtungen am Ende seines sich neigenden Lebens und dies zu akzeptieren bedeutet zugleich auch, dass die Lebensschützer und Oberethiker, sicherlich aber auch die Philosophen und Theologen, sich an das Toleranzprinzip erinnern und nicht gebetsmühlenartig die Rede vom „egozentrischen Individualisten“ schwingen, der da meint, lediglich aufgrund eines für selbstverständlich gehaltenen Rechts auf Selbstbestimmung seinem individuellen Leid ein Ende bereiten zu wollen.

Der schwersterkrankte und sterbende Mensch muss nicht einer „Kultur des Lebens“ entsprechen – einer „Kultur“, in der die zentralen Grundrechte der schwersterkrankten und sterbenden Menschen zur „kleinen Münze“ geschlagen werden, um so den Zielen einer scheinbar moralisch und ethisch höheren Wertekultur frönen zu können, bei der das Verfügungsrecht über das eigene Leben geleugnet und zudem der schwersterkrankte und sterbende Patient am Ende seines Lebens gleichsam als „egozentrischer Individualist“ stigmatisiert wird.

Aus der Sicht der Lebensschützer und Oberethiker geht es im Kern nicht (!) um die zentrale Frage nach einem individuellen Rechtsgüterschutz der Schwersterkrankten und Sterbenden, sondern vielmehr um die Aufrechterhaltung und Manifestierung einer Lebensschutzideologie, die im wesentlichen mit transzendenten Argumentationsmustern und damit der beabsichtigten Re-Dogmatisierung einer kirchenspezifischen Wertekultur abgesichert werden soll.

Ein Gespräch mit den schwersterkrankten und sterbenden Patienten dürfte auch den Lebensschützern und Oberethikern die „Entscheidungsfindung“ erleichtern, ggf. den frei verantwortlichen Willen des Suizidenten am Ende des Lebens zu respektieren.

Der Sterbende und Schwersterkrankte bedarf nicht der „ethischen Grunderziehung“, geschweige denn der moralischen Disziplinierung, sondern vielmehr „nur“ den gebotenen Respekt vor seiner Entscheidung, mögen auch im weiteren Verlauf der Begleitung des Sterbenden und Schwersterkrankten die Apologeten einer „christlichen Wertekultur“ und damit einer „Kultur des Lebens“ sich von diesem zurückziehen, da diese es nicht mit ihrer individuellen Gewissensentscheidung vereinbaren können, ein „Verfügungsrecht“ des Suizidenten zu akzeptieren.

Freilich müssen wir auch die Gewissensentscheidungen der Lebensschützer und Oberethiker respektieren – aber mit Verlaub -, nicht aber um den hohen Preis einer Lebensschutzideologie, in der der Schwersterkrankte und Sterbende seiner zentralen Grundrechte und der ihm ureigenen Lebens- und Sterbensphilosophie „beraubt“ wird.

Weder den Kirchen noch den Ethikern, wertkonservativen Juristen und geradezu entrückten Lebensschützern und Ärztefunktionären kommt das „Recht“ zu, schwersterkrankte und sterbende Patienten für ihre „Ideologien“ zu instrumentalisieren und dort, wo mehr oder minder ungeniert der Versuch unternommen wird, muss das Recht (!) gegenüber solchen Instrumentalisierungsversuchen als sichere Bastion für den individuellen Grundrechtsschutz bemüht werden, und zwar ohne eine einseitige Orientierung an einer „christlichen Wertekultur“, die so humanistisch nun auch wieder nicht ist, wenn diese denn meint, einer sozialethischen Inpflichtnahme schwersterkrankter und sterbenden Patienten das Wort reden zu müssen.

Schwersterkrankte und Sterbende sollen nicht sterben dürfen, und wenn, dann „nur“ zu den Bedingungen der selbsternannten Lebensschützer, deren „Werte“ nicht von dieser zutiefst irdischen Welt stammen, sondern aus einer transzendenten Welt, an die wir nun glauben können oder nicht.

Den politischen Verantwortlichen hingegen sei empfohlen, sich ausnahmslos an dem ethischen Grundstandard des Grundgesetzes zu orientieren; nur wenn der einseitige Blick in die „transzendente Glaskugel“ vermieden wird, öffnen sich gleichsam Horizonte, aufgrund derer eine verfassungskonforme Regelung der sog. „Sterbehilfe“ möglich erscheint.

Allein wollen muss man/frau dies und da wäre es schon wünschenswert, wenn die Parlamentarier sich von den Botschaften der Lebensschützerfraktionen unbeeindruckt zeigen und sich vielmehr an dem „Wertesystem“ in einer säkularen Gesellschaft mit einem durchaus gelungenen Grundgesetz orientieren!

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