(openPR) Im Zusammenhang mit den angeblich separatistischen Protesten in der südwesttibetischen Region Lithang, bei denen die Rückkehr des Dalai Lama gefordert wurde, tauschen die Behörden nun ethnisch tibetische Beamte gegen chinesische aus, berichtete Radio Free Asia (www.rfa.org) am 6. September.
Aus dem betroffenen Gebiet wurde RFA berichtet, daß mehrere tausend Angehörige der Bewaffneten Volkspolizei (PAP) in die Gegend verlegt worden seien. Der amtlichen Zeitung Ganzi Daily News zufolge haben die Behörden eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die instabile Lage in den Griff zu bekommen. Zu den neuen Mitteln im "Kampf gegen die separatistische Flutwelle" gehören eine dynamischere Beschaffung von Geheimdienstinformationen, die präventive Schlichtung von Streitigkeiten und die Verschärfung der Kritik am Dalai Lama.
Das Blatt schrieb ferner: "Gleichzeitig wird - unter Wahrung der Religionsfreiheit der örtlichen nomadischen Bevölkerung - eine Reihe von flexiblen Maßnahmen ergriffen..., damit die Kampagne zur Kritik am Dalai Lama den gewünschten Effekt erzielt".
"Sowohl der Vorsitzende der Regionalverwaltung von Lithang als auch der Polizeichef des Kreises waren Tibeter", verlautete von unserem Kontaktmann. "Während der letzten Tage wurde die gesamte tibetische Führung in Lithang durch chinesische Funktionäre ersetzt".
Die betroffenen tibetischen Beamten wurden woanders hin versetzt, wobei unklar ist, ob sie mit gleichwertigen Aufgaben betraut oder degradiert wurden, fügte dieser hinzu.
Dortigen Einwohnern zufolge sind gegenwärtig einige tausend PAP-Milizen in der Region stationiert - so viele, daß bereits die Unterkünfte knapp zu werden beginnen. Deshalb wurden die Sicherheitskräfte in einen großen Getreidespeicher einquartiert, welcher extra für sie geräumt werden mußte.
Vier Personen bleiben inhaftiert
"Zuerst schickten sie zweitausend PAP-Milizen nach Lithang, aber später haben sie die Zahl erhöht... Wir haben auch von anderen Leuten gehört, daß jeden Tag 50 bis 300 weitere Kräfte dazu kommen", verlautete aus unserer Quelle. "Es herrscht eine große Spannung in unserer Gegend, sehr viele Restriktionen wurden uns auferlegt".
Ein Mitarbeiter des Public Security Bureau (PSB) von Lithang bestätigte, daß der Polizeichef ausgewechselt wurde, nähere Auskünfte verweigerte er jedoch. Anrufe beim Büro der Kreisregierung von Lithang wurden automatisch weitergeleitet an eine Bandansage, die für den Tourismus in der Region warb.
Jemand anderes sagte, der Vorsitzende der Kreisregierung, ein Tibeter mit dem chinesischen Namen Luo Yong Hong, sei seines Postens enthoben und durch einen ethnischen Chinesen ersetzt worden. Ebenfalls sei der Parteichef des Kreises Lithang, ein Tibeter, der unter dem chinesischen Namen Liu Xiao Kang bekannt ist, abgesetzt und durch einen ethnischen Chinesen namens Cai De Gui ersetzt worden. Keiner der genannten Männer konnte zwecks Klärung kontaktiert werden.
Ferner wurde uns berichtet, daß die Behörden jegliche Diskussion über den Fall Rongye Adrak untersagt hätten. "Wer immer über seinen Fall spricht oder etwas zu seiner Unterstützung unternimmt, muß mit Haftstrafen von 3 bis 10 Jahren rechnen, je nach dem Umfang seiner Tat".
Die tibetischen Nomaden, die in der Stadt Lithang vor Regierungsgebäuden für seine Freilassung protestiert hatten, haben sich Mitte August zurückgezogen, nachdem dortige angesehene Tibeter ihnen klargemacht hatten, daß sie sich schleunigst aus dem Staub machen müßten, weil sonst mehrere tausend PAP-Milizen gegen sie eingesetzt würden.
Die Protestierenden setzten sich für die Freilassung eines Nomaden ein, der die Rückkehr des im Exil lebenden Oberhaupts der Tibeter, des Dalai Lama, gefordert hatte. Sie hatten drei Forderungen an die Behörden der Provinz Sichuan gestellt: die Freilassung des inhaftierten Nomaden Rongye Adrak, Religionsfreiheit einschließlich des Rechts, Belehrungen des Dalai Lama zu hören, und die Haftentlassung des hochgeachteten tibetischen Mönchs Tenzin Delek Rinpoche und anderer Gewissensgefangener.
Sie zogen sich erst zurück, nachdem tibetische Respektspersonen sie mit zusammengelegten Händen flehentlich darum gebeten hatten, und sie taten es nur unter der Bedingung, daß diese sich für ihre Anliegen einsetzten. Sie gelobten, ihre Proteste wiederaufzunehmen, falls ihre Forderungen nicht erfüllt würden.
Auslöser der Proteste war die Verhaftung des Nomaden Rongye Adrak aus Yonru am 1. August, nachdem dieser die Menge der versammelten Tibeter durch seine Worte mitgerissen hatte, so daß sie lautstark ihre Loyalität zum Dalai Lama kundtaten.
Zusammen mit drei anderen Personen, die RFA als Lotop, Lupoe und Kunchen genannt wurden, befindet sich Rongye Adrak weiterhin in Haft.
Kunchen, ein Lehrer aus der Gemeinde Shagu, wurde am 22. August festgenommen, nachdem die Polizei seine Wohnung durchsucht hatte. Seinen Angehörigen wurde der Grund für die Verhaftung nicht genannt, sie glauben jedoch, der Umstand, daß er während der Proteste eine Videokamera mit sich führte, könnte zu seiner Festnahme geführt haben.
Inzwischen trafen Vertreter der tibetischen Nomadengemeinschaft mit Funktionären der Provinz sowie mit Führungskräften aus der Präfektur Kardze und dem Kreis Lithang zusammen.
Strengere Überwachung
Bei dem Treffen wurden sie in Kenntnis gesetzt, Rongye Adrak habe ein "äußerst schwerwiegendes Verbrechen" begangen, wobei insbesondere sein Ausruf "Lang lebe der Dalai Lama" vor einer mehrere tausend Menschen zählenden Menge als ein ernstes Delikt gewertet wurde....