(openPR) Ulm, 20. August 500
Die turnusmäßigen Auftaktverhandlungen zwischen Ulm und der Roten Zone bezüglich des diesjährigen zweiten Handelstages endeten heute in einem Desaster. Der Vertreter der Roten Zone teilte der Bischöfin von Ulm – Njemile Kern – die Entscheidung des Direktorates mit, die Stadt von der Außenwelt zu isolieren. Das bedeutet, dass Ulmer Bürger, die sich ohne Auftrag der Vereinigten Kirchen außerhalb der Stadtgrenze in der Roten Zone aufhalten, getötet werden.
Auf Nachfrage bestätigte Bischöfin Njemile den Beschluss der Weltregierung. "Ich habe mich an meine Vorgesetzten gewandt, um dagegen zu protestieren. Aber aufgrund des immer noch nicht aufgeklärten Bombenanschlages auf das Luftschiff der Vereinigten Kirchen im Juni sowie systemfeindlicher Aktionen in der Roten Zone, die vermuteterweise aus Ulm heraus gesteuert wurden, habe ich keine große Hoffnung auf eine schnelle Entspannung der Situation. Es handelt sich, trotz allem, nicht um eine Belagerung. Sondern um eine drastische Einschränkung der Reisefreiheit und des Warenverkehrs. Wir sollten die Anordnung des Direktorates als letzte Warnung verstehen, die Situation hier in Ulm in den Griff zu bekommen. Die Jäger der Stadt werden ab heute verstärkt die Stadtgrenzen kontrollieren und stehen bis auf Weiteres nicht für den Schutz Ulmer Bürger außerhalb Ulms zur Verfügung."
Johann Vogler, Vorsitzender der Ulmer Handelskammer sowie größter Arbeitgeber für die Helfer (aus der Roten Zone rekrutiertes Personal, das zur Ulmer Bevölkerung gezählt wird) kündigte an, seinen Geschäftsbetrieb den neuen Umständen entsprechend zu strukturieren. Es ist mit der Entlassung hunderter Helfer zu rechnen, die ebenfalls nicht in die Rote Zone zurückkehren dürfen. Weiterhin werde er kurzfristig auf eigene Kosten in Ulm Schutzpersonal organisieren, um, wie er sich ausdrückte "seine Leute vor der Willkür der Vereinigten Kirchen und den Aggressionen der Helfer zu schützen".
So könnte ein Zeitungsbericht aussehen, der in "Tabula Rasa" die im August des Jahres 500 nach dem Letzten Krieg veröffentlicht worden wäre. Der Konflikt zwischen Johann Vogler und Njemile Kern wird auf allen Ebenen ausgetragen. Kaija Neran, die Verwalterin des Albtunnels und Mitbetreiberin des einzigen Schiffes, das als Eigentum der Vereinigten Kirchen mit Sondergenehmigung noch zwischen Ulm und Köln verkehren darf, wird Aufträge erhalten, die sie zum Ziel oberster Priorität von Njemiles Feinden machen wird.
Tabula Rasa – Eine Geschichte aus der Welt nach dem Letzten Krieg
E-Book, ISBN: 978-3-8476-7720-8