(openPR) Das Vorhaben der Kommission der Europäischen Union, die Zugangsreglementierungen zu den Berufen innerhalb der Europäischen Staaten weiter aufzulösen, wird bei einer Umsetzung das deutsche Handwerk empfindlich treffen. Denn 41 der 92 Gewerbezweige, die im „Gesetz zur Ordnung des Handwerks“, kurz Handwerksordnung (HwO), aufgeführt sind, stehen seit der Neuregulierung 2004 noch unter dem sogenannten „Meistervorbehalt“.
Die Meisterpflicht dient in erster Linie dem Verbraucherschutz, da viele Handwerksleistungen – etwa im Baubereich - gefahrengeneigt sind. Dies wirkt sich auch positiv auf die Qualität der handwerklichen Produkte und Dienstleistungen aus.
Die Deregulierungsvorschläge, die die EU-Kommission im deutschen Handwerk durchsetzen möchte, begründet sie mit wissenschaftlichen Studien - vor allem aus den USA und Großbritannien. Die dortigen Märkte seien aber laut einer jetzt veröffentlichte Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk (ifh) in Göttingen zum einen nicht mit den europäischen Gegebenheiten vergleichbar. Zum anderen werde auch überhaupt nicht berücksichtigt, dass die Beschäftigung von Arbeitskräften in Handwerksunternehmen keiner Beschränkung unterliegt, sondern nur durch das definierte berufliche Qualifikationsniveau des Betriebsleiters, der zudem nicht zwingend ein Meisterdiplom haben muss, sondern auch einen vergleichbaren Abschluss z.B. als Ingenieur vorweisen darf.
Die Göttinger Volkswirtschaftler verweisen darauf, dass die EU-Kommission, statt außereuropäische Studien zu bemühen, sich besser auf die bereits vorliegenden Forschungen zur Deregulierung durch die HwO-Novelle 2004 stützen könne. Jüngste Forschungen aus 2014 und 2015 zeigten bereits, dass diese Reform unter anderem erhebliche negative Effekte bezüglich der Überlebensfähigkeit von Betrieben am Markt mit sich gebracht habe und die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe signifikant gesunken sei. Auch lasse sich nicht belegen, dass die Deregulierung des Handwerks seit 2004 zu einem Beschäftigungswachstum geführt habe.
Die Autoren der Studie empfehlen ferner, den volkswirtschaftlichen Nutzen des deutschen Handwerkssystems zu berücksichtigen. Teil jeder Handwerksmeisterprüfung sei auch die Ausbildereignungsprüfung. Die von der EU-Kommission erwogene völlige Abschaffung des Meistervorbehalts berge die Gefahr, dass die Bereitschaft zur Lehrlingsunterweisung sowie Teilnahme an der beruflichen Bildung im Handwerkssystem entscheidend geschwächt würde.
Auch das Stuckateur-Handwerk fordert die Beibehaltung des Meisterbriefes als Zulassungsvoraussetzung für sein Gewerk: „Den Verantwortlichen in der EU-Kommission kann man nur raten, sich mit den Sachverständigen des Baugewerbes zu unterhalten. Dann würden sie schnell einsehen, dass der Verbraucher vor Pfusch durch unqualifizierte Marktteilnehmer auch in Zukunft geschützt sein muss“ bekräftigt ein Sprecher des Deutschen Kompetenzzentrums für Ausbau und Fassade. Die finanziellen Schäden, die gering- oder unqualifizierte Baufirmen anrichten, würden sich schnell auf viele Milliarden Euro beziffern. Eindeutig belegen lasse sich die extrem gesunkene Qualität der Anbieter in den Handwerksbereichen, in denen der Meisterbrief als Zulassungsvoraussetzung abgeschafft wurde. Exemplarisch sei dabei das Negativbeispiel des Fliesenlegerhandwerks zu erwähnen.












