(openPR) Hamburg, 16. Juni 2011 – Die Initiatoren des Volksbegehrens „Unser Hamburg – Unser Netz“ rufen dazu auf, ihre Kampagne durch Zahlungen auf ein „Projektkonto“ beim BUND Landesverband Hamburg e. V. (BUND) zu unterstützen, der Spendenquittungen ausstellen könne. Gemeinsam mit dem BUND umgehen sie damit geltendes Recht. Zusätzlich setzt sich der Vorstand des BUND dem Verdacht der strafbaren Untreue (§ 266 StGB) wegen satzungswidriger Verwendung von Vereinsmitteln aus.
Durch Rundmails der Initiatoren des Volksbegehrens „Unser Hamburg – Unser Netz“ (UHUN) ist bekannt geworden, dass der BUND Spendenquittungen als Gegenleistung für Zahlungen zur Unterstützung der politischen Kampagne der Initiatoren auf ein „Projektkonto“ des BUND anbietet. Das so eingenommene Geld soll gemeinnützigkeitswidrig verwendet werden, um Kampagnenmaterial der Initiatoren zu bezahlen und Unterschriftensammler beim BUND anzustellen, die wiederum für das Volksbegehren Unterschriften sammeln sollen.
Mit einer Kleinen Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Dr. Walter Scheuerl und Birgit Stöver (CDU) vom 14. Juni 2011 wird der Senat aufgefordert zu klären, ob die Praktiken der Initiatoren und des BUND vorab mit dem Senat abgestimmt worden sind.
„Mit ihrem Vorgehen setzen sich die Initiatoren und der BUND gleich in doppelter Hinsicht dem Verdacht illegaler Praktiken aus“ stellt Dr. Walter Scheuerl, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, klar. „Erstens: Das zuständige Finanzamt Hamburg Nord hat in der Vergangenheit politische Zwecke, insbesondere eine Beeinflussung der politischen Meinungsbildung im Rahmen von Volksinitiativen und Volksgesetzgebungsverfahrens stets im Einklang mit dem geltenden Steuerrecht aus den gemeinnützigen Zwecken ausgenommen und eine Steuervergünstigung im Falle einer Verwendung von Spenden für Kampagnenmaterial der Initiatoren von Volksgesetzgebungsverfahren versagt. Würden die Praktiken der UHUN-Initiatoren und des BUND gebilligt, würde das zu einer direkten Steuerverkürzung und zu einer Ungleichbehandlung unter den Volksbegehren führen.“
„Außerdem: Geld, das auf einem Konto des Vereins eingeht, darf nach der Satzung des BUND nur für satzungsgemäße Zwecke ausgegeben werden“ erläutert Dr. Scheuerl. Die Satzungszwecke des BUND umfassen jedoch nicht die finanzielle Unterstützung von politischen Kampagnen im Rahmen von Volksgesetzgebungsverfahren. „Es besteht daher aller Anlass, eine satzungswidrige Verwendung von Mitteln im Falle einer Weitergabe von Zuwendungen an die Initiatoren des Volksbegehrens einer strafrechtlichen Prüfung am Tatbestand der der Untreue gemäß § 266 StGB zu unterziehen“ so Dr. Scheuerl weiter.
„Die Rechtslage ist hier sehr eindeutig: Entweder es ist Geld des Vereins: dann darf es nicht für das politische Volksbegehren ausgegeben werden. Oder es sind Mittel von Spendern für das Volksbegehren: dann darf der Verein keine Spendenbescheinigungen ausstellen“ fasst Dr. Scheuerl die Situation zusammen.
Zum Hintergrund:
Die Initiatoren des Volksbegehrens „Unser Hamburg – Unser Netz“ (UHUN) sammeln in der Zeit vom 2. – 22. Juni 2011 Unterschriften in Straßensammlungen für ein Volksbegehren, dessen Ziel eine vollständige Übernahme der Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze im Jahr 2015 durch die öffentliche Hand ist. Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz (SPD), wird in der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts vom 11. Juni 2011 mit dem Satz zitiert: „Die Übernahme der Netze in Hamburg würde mehr als eine Milliarde Euro kosten. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Stadt die finanzielle Kraft hat, ein solches Investment zu finanzieren.“
Die Fraktionen von LINKE und GAL unterstützen das Volksbegehren aktiv und rufen zur Unterstützung der Initiatoren auf. Diese aktive Unterstützung begegnet insoweit Kritik, als das in Artikel 50 der Hamburgischen Verfassung (HV) geregelte Volksgesetzgebungsverfahren nicht zu dem Zweck in die Verfassung aufgenommen worden ist, um politischen Parteien ohne parlamentarische Mehrheiten eine Möglichkeit zur Umgehung des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens an die Hand zu geben.
Die Vorlage des Volksbegehrens UHUN ist darüber hinaus wegen der im Falle ihrer Durchsetzung damit einhergehenden Verletzung des Verbots einer Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts nach Artikel 50 Absatz 1 Satz HV (sog. „Finanztabu“) unzulässig.
Die Forderung des Volksbegehrens UHUN ist schließlich energiepolitisch umstritten, weil mit der im Falle der Durchsetzung der Vorlage erfolgenden Übernahme der Energienetze als solchen und dem Eigentum an den Hamburger Netzen als solchen weder Senat noch Bürgerschaft in die Lage versetzt werden, Einfluss auf die nationale oder internationale Erzeugung von Strom zu nehmen oder eine im Slogan der Initiatoren beschworene „Energiewende“ vorzunehmen oder zu fördern.
Das zuständige Finanzamt Hamburg Nord hat auf der Grundlage des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) in der Vergangenheit politische Zwecke, insbesondere eine Beeinflussung der politischen Meinungsbildung im Rahmen von Volksinitiativen und Volksgesetzgebungsverfahrens nicht zu den gemeinnützigen Zwecken gezählt (vgl. AEAO Nr. 15 zu § 52 AO und dazu auch BFH BStBl. II 2000, 200) und dementsprechend eine Steuervergünstigung wegen Gemeinnützigkeit im Falle einer Verwendung von Spenden für die Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnenmaterial der Initiatoren von Volksgesetzgebungsverfahren versagt.
Die Initiatoren des Volksbegehrens UHUN rufen offenbar vor diesem Hintergrund jetzt dazu auf, den Initiatoren Spenden auf dem Umweg über ein Projektkonto des BUND Landesverbands Hamburg e. V. (BUND) zukommen zu lassen. In dem Spendenaufruf auf der Website von UHUN heißt es dazu:
„Der BUND Hamburg hat ein Projektkonto für UNSER HAMBURG - UNSER NETZ eingerichtet. Sie erhalten Anfang 2012 eine Zuwendungsbestätigung, wenn Sie Ihre Adresse angeben, sodass Sie die Spende von der Steuer absetzen können.“