openPR Recherche & Suche
Presseinformation

Neue berufsrechtliche Regeln für Suizidbeihilfe

28.12.201008:08 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: Neue berufsrechtliche Regeln für Suizidbeihilfe
Das kritische Internetportal zum Medizin-, Pflege- und Gerontopsychiatrierecht - Lutz Barth
Das kritische Internetportal zum Medizin-, Pflege- und Gerontopsychiatrierecht - Lutz Barth

(openPR) Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Nach dem die BÄK zur Einsicht gelangt ist, dass das ärztliche Berufsrecht dringend einer Novellierung zu unterziehen ist, sollte es nun auch den Palliativmedizinern daran gelegen sein, ihren ethischen Sonderweg, den diese u.a. mit der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen eingeschlagen haben, zu überdenken: Die ärztliche Suizidhilfe (und nach diesseitiger Auffassung in Einzelfällen auch die aktive Sterbehilfe) ist ein humanitärer Akt, der moralisch und ethisch zu akzeptieren ist. Ansonsten läuft die ethische Werthaltung führender Palliativmediziner Gefahr, das unsägliche Leiden mancher schwerkranker und sterbender Patienten zu negieren und so einer Machbarkeitsideologie zu erliegen, nach der gleichsam unerträgliches Leid aus der Innenperspektive des Patienten um der Palliativmedizin willen zu tragen sei, in dem diese ganz auf die weitere palliativmedizinische Forschung zu setzen haben.



Es bedarf nicht der moralischen und ethischen Ächtung des frei verantwortlichen Suizids eines schwersterkrankten und sterbenden Menschen, um daran zu erinnern, dass die Palliativmedizin dringend auszubauen sei und dass hierdurch ein Beitrag zum „Sterben in Würde“ geleistet werde. In dem die Initiatoren der Charta und ihnen erkennbar folgend Institutionen und Einzelpersonen die Suizidbeihilfe nicht zu akzeptieren bereit sind, leisten diese der Palliativmedizin, aber auch der Hospizidee einen Bärendienst, der ihnen mehr schadet denn nützt.

Es ist keine Frage: Auch die Palliativmediziner werden die neue berufsrechtliche Regelung zu beherzigen haben und vielleicht liegt hierin die Chance, dass das „restliche Drittel“ der Ärzteschaft sich mit der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen nachhaltig identifizieren kann, wenn und soweit diese Ärztinnen und Ärzte frei von einem ethischen Diktat ihre ureigene Gewissensentscheidung treffen können, ohne auf einen nicht haltbaren berufsethischen Konsens verpflichtet zu werden. Dies würde freilich voraussetzen, dass die Charta-Initiatoren sich in Teilen von ihren bisherigen Botschaften verabschieden würden.

Ob dann in der Folge die ärztliche Suizidassistenz als eine „ärztliche Aufgabe“ begriffen werden kann oder nicht, mag im interprofessionellen Raum entschieden werden. Aus diesseitiger Warte ist dies sehr wohl der Fall, wenngleich es hierauf nicht (mehr) ankommt. Entscheidend war und ist, dass die Freiheit zur individuellen Gewissensentscheidung mehr wiegt als ein fragwürdiger berufsethischer Konsens, der im Zweifel große Teile der verfassten Ärzteschaft in ernsthafte Gewissensnöte gestürzt hat.

Indes besteht gleichwohl nach der Ankündigung der BÄK, die berufrechtlichen Regelungen ändern zu wollen, kein Grund zur allgemeinen Euphorie. Freilich ist es zu begrüßen, dass allen voran bei der BÄK ein Erkenntnisfortschritt zu verzeichnen ist, der allerdings mehr als überfällig war: es ging im Kern nicht um ein „Mehr“ bei der Einräumung ethischer Grundfreiheiten für die verfasste Ärzteschaft, sondern „lediglich“ um die Bereinigung eines verfassungswidrigen Berufsrechts, welches über Gebühr in die Grundrechte der Ärzteschaft eingegriffen hat.

In der Folge bleibt nun allerdings zu hoffen, das zugleich auch die „Oberethiker“ in unserem Lande sich in dezenter Zurückhaltung bei der Verkündung ihrer nicht selten transzendenten Botschaften üben, so dass es nicht darum gehen kann, neue moralische Grundpflichten nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern zugleich auch für die Ärzteschaft zu generieren.

Es mag provokant erscheinen: Aber die „Flucht“ so mancher Oberethiker in die „Charta“ mit einer entsprechenden Selbstverpflichtung dürfte als gescheitert angesehen werden, zumal wenn es der Intention der Initiatoren entsprechen sollte, moralischen Druck auf die Adressaten aufbauen zu wollen, dem diese sich nicht ohne weiteres entziehen können. Der Versuch, über den ohne Frage schillernden Begriff einer „Charta“ einen ethischen Grundkonsens „zwangsweise“ zu verordnen, konnte nicht von Erfolg gekrönt sein, bricht doch auch die „Charta“ nicht geltendes Verfassungsrecht. In diesem Sinne ist die Charta ein „Glaubensbekenntnis besonderer Art“, in dem kein Platz für Toleranz und für eine plurale Wertekultur ist. Wir können den Kernbotschaften der Charta „Glauben schenken oder nicht“ – entscheidend ist, dass die „Charta“ mit ihrer ablehnenden Haltung zur Suizidassistenz zugleich eine moralische (Wert)Haltung impliziert, nach der der suizidwillige Patient als ein „egozentrischer Individualist“ stigmatisiert werden kann und es moralisch verwerflich sei, überhaupt an eine Selbstentleibung zu denken, geschweige denn um eine entsprechende Assistenz hierzu nachzusuchen.

In diesem Sinne ist die Charta ein zeitgenössisches Dokument, dass nicht frei von Ideologien einer bestimmten Sterbe- und Wertekultur ist, in dessen Dienst sich gleichsam der Adressat, aber – und das ist ganz entscheidend – auch der schwersterkrankte und sterbende Patient stellen kann, aber eben nicht muss!

Nun bliebe noch zu klären, ob mit den in Aussicht gestellten neuen berufsrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Suizidbeihilfe der hier vor nahezu zwei Jahren eröffnete BLOG seine Beendigung gefunden hat.

Dies ist nicht der Fall, zumal es in der Folge darum geht, nicht „nur“ für die ärztliche Suizidassistenz „zu werben“, sondern zugleich für die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe einzutreten, mal ganz davon abgesehen, dass die Debatte über die ärztliche Suizidassistenz wohl noch nicht beendet ist und es zu vermuten ansteht, dass einige Oberethiker in ihrem Bemühen nicht nachlassen werden, die ärztliche Suizidassistenz zu geißeln.

Lutz Barth

Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 497621
 799

Kostenlose Online PR für alle

Jetzt Ihren Pressetext mit einem Klick auf openPR veröffentlichen

Jetzt gratis starten

Pressebericht „Neue berufsrechtliche Regeln für Suizidbeihilfe“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von IQB - Medizin-, Pflege- und Psychiatrierecht - Lutz Barth

Bild: Wir sollen nicht sterben wollenBild: Wir sollen nicht sterben wollen
Wir sollen nicht sterben wollen
Der „Diskurs“ (?) über das frei verantwortliche Sterben eines schwersterkrankten und sterbenden Menschen ist nach wie vor nicht nur soziologisch unterbelichtet, sondern zeichnet sich insbesondere durch Glaubensbotschaften der selbsternannten „Oberethiker“ und deren „Geschwätzigkeit“ aus. „Lebensschützer“ meinen zu wissen, was die Schwersterkrankten und Sterbenden wünschen und welcher Hilfe diese am Ende ihres sich neigenden Lebens bedürfen. Mit Verlaub: Es reicht nicht zu, stets die Meinungsumfragen zu kritisieren, in denen die Mehrheit der…
Bild: Sterbehilfedebatte - Der Kreis der ethischen Überzeugungstäter ist überschaubarBild: Sterbehilfedebatte - Der Kreis der ethischen Überzeugungstäter ist überschaubar
Sterbehilfedebatte - Der Kreis der ethischen Überzeugungstäter ist überschaubar
Es scheint an der Zeit, in einer hoch emotionalisierten Debatte „Ross und Reiter“ zu benennen, die sich fortwährend um den „Lebensschutz“ scheinbar verdienstbar gemacht haben und unbeirrt auf ihrer selbst auferlegten Mission fortschreiten. Einige politisch Verantwortlichen sind gewillt, die „Sterbehilfe“ gesetzlich zu regeln und wie es scheint, besteht das Ziel in einer strikten Verbotsregelung. Auffällig ist, dass es sich um eine handverlesene Schar von Ethiker, Ärztefunktionären, freilich auch Theologen und Mediziner handelt, bei denen ber…

Das könnte Sie auch interessieren:

Bild: Fraktionszwang für Ärzte?Bild: Fraktionszwang für Ärzte?
Fraktionszwang für Ärzte?
… zu können. Mit Blick auf die Liberalisierung der ärztlichen Suizidassistenz steht die These eines namhaften Mediziners zur Beantwortung an, ob ggf. die ärztliche Suizidbeihilfe auch eine ethische Option (im Zweifel ein „Gebot“) auch der Palliativmedizin ist. Beharrliches Schweigen zu dieser Anfrage aus intraprofessioneller Sicht hilft dauerhaft nicht …
Bild: Kritik an Eugen Brysch, Geschäftsführer der Deutschen Hospizstiftung, muss erlaubt seinBild: Kritik an Eugen Brysch, Geschäftsführer der Deutschen Hospizstiftung, muss erlaubt sein
Kritik an Eugen Brysch, Geschäftsführer der Deutschen Hospizstiftung, muss erlaubt sein
… beim Suizid helfen zu wollen entspricht der brutalen Dignitas-Logik. Minellis Vorhaben entspricht ganz und gar der brutalen Logik der Befürworter der Suizidbeihilfe", stellt Brysch klar. (Quelle: Werner Schell – Foren, .wernerschell.de/forum/neu/ viewtopic.php?t=11518) Der Unterzeichnende selbst tritt für die Möglichkeit der ärztlichen Assistenz beim …
Bild: Ist die Charta zur Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen frei von Ideologien?Bild: Ist die Charta zur Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen frei von Ideologien?
Ist die Charta zur Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen frei von Ideologien?
… sich ein anderes Verständnis über den eigenen Tod und damit von ihrem Abschied aus einem Leben entwickelt haben und ggf. den Wunsch nach einer ärztlichen Suizidbeihilfe äußern; dies ist insofern geboten, weil ansonsten die Charta im Begriff ist, einen Patienten mit seinem individuellen Willen und Wünschen (auch mit einer entsprechenden Erwartungshaltung …
Bild: Assistierter Suizid: Laden Mediziner „Schuld“ auf sich?Bild: Assistierter Suizid: Laden Mediziner „Schuld“ auf sich?
Assistierter Suizid: Laden Mediziner „Schuld“ auf sich?
… dem Leben zu scheiden, um ihrer Würde willen eben diese Möglichkeit zu eröffnen und ggf. dabei zu helfen. Ich als Jurist habe es da sicherlich einfacher: In der ärztlichen Suizidbeihilfe erblicke ich ein aktives Tun, wenn und soweit ein Dritter die Tathandlung ausführt, weil der Suizident nicht eigens dazu in der Lage ist. Ohne meine Hilfe, ohne meinen …
Bild: Freie Arztwahl im EU-Ausland: Künftig Anspruch auf ärztliche Suizidbeihilfe im Ausland?Bild: Freie Arztwahl im EU-Ausland: Künftig Anspruch auf ärztliche Suizidbeihilfe im Ausland?
Freie Arztwahl im EU-Ausland: Künftig Anspruch auf ärztliche Suizidbeihilfe im Ausland?
… vermeintlich ethischem Sprengstoff zu entschärfen. Der bioethische Hochdiskurs auf Europaebene wird sich den zentralen Themen z.B. mit Blick auf die PID und die ärztliche Suizidbeihilfe zu widmen haben und darauf drängen müssen, dass Deutschland resp. die hiesigen Ärztekammern mit ihrer „ ethischen Grundausrichtung“ sich nicht dauerhaft als Enklave …
Bild: Suizidbeihilfe für lebensmüde Ältere: Ärzte für das Leben e.V. bestürzt über niederländischen GesetzesvorstoßBild: Suizidbeihilfe für lebensmüde Ältere: Ärzte für das Leben e.V. bestürzt über niederländischen Gesetzesvorstoß
Suizidbeihilfe für lebensmüde Ältere: Ärzte für das Leben e.V. bestürzt über niederländischen Gesetzesvorstoß
Der Verein „Ärzte für das Leben“ ist zutiefst bestürzt über Meldungen aus den Niederlanden, dass die dortige Regierung Überlegungen anstellt, Suizidbeihilfe bei „älteren“ gesunden Menschen, die des Lebens überdrüssig sind, zu erlauben. „Besonders beunruhigen“ sagte Prof. Paul Cullen, Vorsitzender des Vereins, „muss der Hinweis in einem Brief von Gesundheitsminsterin …
Bild: Sterbehilfe-debatte.de: Neues Infoportal zu Palliativmedizin, Hospizarbeit contra Sterbehilfe, SuizidbeihilfeBild: Sterbehilfe-debatte.de: Neues Infoportal zu Palliativmedizin, Hospizarbeit contra Sterbehilfe, Suizidbeihilfe
Sterbehilfe-debatte.de: Neues Infoportal zu Palliativmedizin, Hospizarbeit contra Sterbehilfe, Suizidbeihilfe
… InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland freigeschaltet. Es bietet umfassende Informationen zum Thema pro menschenwürdige Pflege, Palliativmedizin und Hospizarbeit contra Sterbehilfe und Suizidbeihilfe. Dabei spiegelt es die gesellschaftlichen und biopolitischen Debatten der letzten Jahre dazu und gibt einen chronologischen Überblicke über die …
Sterbefasten - „Sanfter“ Tod oder doch Suizid?
Sterbefasten - „Sanfter“ Tod oder doch Suizid?
… „Das Sterbefasten wird hingegen von Ärzteorganisationen wie der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin bevorzugt“, sagt Jox. Momentan ist das Thema der Suizidbeihilfe Gegenstand eines höchstrichterlichen Verfahrens: „Gegenwärtig prüft das Bundesverfassungsgericht, ob das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung dem Grundgesetz widerspricht. …
Bild: Sterbehilfe und Pille danach: Ärzte für das Leben e.V. begrüßen Akzente der neuen BundesregierungBild: Sterbehilfe und Pille danach: Ärzte für das Leben e.V. begrüßen Akzente der neuen Bundesregierung
Sterbehilfe und Pille danach: Ärzte für das Leben e.V. begrüßen Akzente der neuen Bundesregierung
Münster (16.01.14). In den Debatten um Sterbehilfe bzw. Suizidbeihilfe sowie die Freigabe der sogenannten „Pille danach“ hat die neue Bundesregierung in den letzten Wochen in zwei Fragen des Lebensrechts positive Akzente gesetzt. Ärzte für das Leben e.V. unterstützen den Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe, jede geschäftsmäßige Hilfe …
Bild: Beihilfe zum Suizid wird in der Stiftung Liebenau kritisch diskutiertBild: Beihilfe zum Suizid wird in der Stiftung Liebenau kritisch diskutiert
Beihilfe zum Suizid wird in der Stiftung Liebenau kritisch diskutiert
… Gesetzentwurf zum § 217 StGB beteiligt sich auch die Stiftung Liebenau. Eine Stellungnahme des Ethikkomitees der Stiftung befasst sich mit rechtlichen und ethischen Aspekten der Suizidbeihilfe. Würdevoll leben bis zuletzt In den Einrichtungen der Stiftung Liebenau werden allein in Deutschland mehr als 3 000 alte Menschen betreut. Die Begleitung in den letzten …
Sie lesen gerade: Neue berufsrechtliche Regeln für Suizidbeihilfe