openPR Recherche & Suche
Presseinformation

BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit

26.07.202409:48 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit

(openPR)

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.03.2024, Az. 1 BvR 605/24

Die prozessuale Waffengleichheit ist ein wichtiger Eckpfeiler bei Gerichtsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12. März 2024 deutlich gemacht, dass die Waffengleichheit auch beim Erlass einer einstweiligen Verfügung gewahrt werden muss (Az.: 1 BvR 605/24).

Prozessuale Waffengleichheit ist bei Gerichtsverfahren ein hohes Gut, um zu einem fairen Urteil zu kommen. Mit der prozessualen Waffengleichheit soll die Gleichwertigkeit der Parteien vor Gericht sichergestellt werden. Gemeint ist damit, dass die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht haben, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die über große Erfahrung in der Prozessführung und im Prozessrecht verfügt.

Allerdings müssen Gerichte manchmal schnell zu einer Entscheidung kommen und für den Kläger kann es von immenser Bedeutung sein, schnell eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, um seine Rechte zu wahren. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit des Eilverfahrens. Dann hat der Beklagte nicht viel Zeit, um auf eine Klage zu reagieren. Das kann dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit bei Eilverfahren nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Bei einstweiliger Verfügung muss Waffengleichheit gewahrt bleiben

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner aktuellen Entscheidung jedoch deutlich gemacht, dass auch beim Erlass einer einstweiligen Verfügung der Grundsatz der Waffengleichheit zu wahren ist.

Gegenstand des Verfahrens war die Berichterstattung einer großen Zeitung über den Unfalltod eines Geschäftsmanns. Auf den Fotos zu der Berichterstattung war nur die Augenpartie des Verstorbenen unkenntlich gemacht worden. Die Witwe wehrte sich gegen diese Berichterstattung und erreichte beim Landgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht hatte dem Zeitungsverlag zwar Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Allerdings nur drei Tage, um auf einen mehr als 60 Seiten umfassenden Schriftsatz einzugehen. Der Zeitungsverlag machte seine Sicht ebenfalls ausführlich deutlich. Zudem liege aufgrund des Umfangs kein Fall vor, bei dem auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO verzichtet werden könne.

Die Entscheidung, die Veröffentlichung der Bilder im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verbieten, fällte das LG Hamburg dennoch ohne mündliche Verhandlung.

Verlag reicht Verfassungsbeschwerde ein

Gegen die Entscheidung, ohne mündliche Verhandlung die Berichterstattung teilweise zu verbieten, wendete sich der Verlag mit einer Verfassungsbeschwerde und beantragte die Wirksamkeit des Beschlusses des LG Hamburg außer Kraft zu setzen. Dies begründete der Verlag damit, dass sein Recht auf prozessuale Waffengleichheit vom LG Hamburg verletzt worden sei.

Das BVerfG gab dem Antrag des Verlags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung des LG Hamburg statt. Die Verfassungsbeschwerde sei hinsichtlich der gerügten Verletzung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren begründet.

Das Presserecht sei grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt, um gegen eine möglicherweise rechtswidrige Berichterstattung vorzugehen. Dies gelte angesichts der Möglichkeit einer schnellen Weiterverbreitung der Berichterstattung im Internet umso mehr, räumte das BVerfG zwar ein. Die Annahme einer gesteigerten Dringlichkeit mache die Anhörung des Gegners jedoch nicht entbehrlich. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO sei nur in dem Maße gerechtfertigt, wie es die Dringlichkeit gebietet, so das BVerfG.

Verzicht auf mündliche Verhandlung muss begründet werden

Über einstweilige Verfügungen gegen Veröffentlichungen der Presse werde angesichts der Eilbedürftigkeit häufig zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müssen, führten die Verfassungsrichter weiter aus. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtige aber nicht dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über einen Antrag auf einstweilige Verfügung generell aus dem Verfahren herauszuhalten. Vielmehr könne einem Antrag auf einstweilige Verfügung nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nur dann stattgegeben werden, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf den gemachten Vorwurf zu reagieren, stellte das BVerfG klar.

Warum das LG Hamburg von einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat, lasse sich seiner Entscheidung nicht entnehmen, so das BVerfG.

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wird deutlich, dass Gerichte begründen müssen, wenn sie auf eine mündliche Verhandlung verzichten. Pauschale Formulierungen wie „besondere Dringlichkeit“ reichen dafür nicht aus.

MTR Legal Rechtanwälte ist erfahren im Gebiet der Prozessführung und steht Ihnen gerne als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung.

Nehmen Sie Kontakt auf!

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 1265526
 184

Pressebericht „BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von MTR Legal Rechtsanwälte Pressearchiv

Bild: Steuerprüfung für Influencer im Fokus – Was jetzt zu tun istBild: Steuerprüfung für Influencer im Fokus – Was jetzt zu tun ist
Steuerprüfung für Influencer im Fokus – Was jetzt zu tun ist
Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung wirtschaftlicher Tätigkeiten geraten zunehmend auch Social-Media-Akteure in das Blickfeld der Finanzverwaltungen. In Nordrhein-Westfalen haben die Behörden auf diese Entwicklung reagiert und gezielte Ermittlungen gegen Personen eingeleitet, die Einkünfte über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube erzielen. Dabei stehen insbesondere Sachverhalte im Raum, bei denen steuerpflichtige Einnahmen nicht ordnungsgemäß erklärt wurden. Die zuständigen Stellen gehen von einem Steuerschaden in dreistel…
Bild: Schadenersatz beim UniImmo Wohnen ZBIBild: Schadenersatz beim UniImmo Wohnen ZBI
Schadenersatz beim UniImmo Wohnen ZBI
Im Juni 2024 ist der Wert des offenen Immobilienfonds UniImmo Wohnen ZBI um 17 Prozent eingebrochen und die Anleger haben viel Geld verloren. Jetzt hat das Landgericht Stuttgart einer Anlegerin Schadenersatz zugesprochen (Az. 12 O 287/24), weil sie von der vermittelnden Bank falsch beraten worden sei. Die Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche im deutschen Recht ergibt sich dabei aus verschiedenen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen, die die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch definieren. Investitionen in offene Immobilien…

Das könnte Sie auch interessieren:

BVerfG: Untersagung der Vermittlung von Sportwetten aus Bayern an Sportwetten Gera GmbH ist verfassungswidrig
BVerfG: Untersagung der Vermittlung von Sportwetten aus Bayern an Sportwetten Gera GmbH ist verfassungswidrig
Zur Entscheidung des BVerfG vom 22.11.2007 Az.: 1 BvR 2218/06: Am 22.11.2007 wurde durch das BVerfG eine mit Spannung erwartete Entscheidung zur Vermittlung von Sportwetten an die Sportwetten Gera GmbH getroffen. Ein Vermittlungsunternehmen hatte aus dem Freistaat Bayern heraus im Jahre 2002 Sportwetten an die Sportwetten Gera GmbH vermittelt. Das BVerwG …
Bild: Prozessuale Waffengleichheit gilt auch im lauterkeitsrechtlichen EilverfahrenBild: Prozessuale Waffengleichheit gilt auch im lauterkeitsrechtlichen Eilverfahren
Prozessuale Waffengleichheit gilt auch im lauterkeitsrechtlichen Eilverfahren
Das Bundesverfassungsgericht hat am 27.07.2020 zum Aktenzeichen 1 BvR 1379/20 entschieden, dass der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit auch für einstweilige Verfügungsverfahren im Bereich des Lauterkeitsrechts gilt und die Gegenseite in das gerichtliche Eilverfahren grundsätzlich einzubeziehen ist. Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 66/2020 …
Bild: Darf man/frau die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kritisieren?Bild: Darf man/frau die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kritisieren?
Darf man/frau die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kritisieren?
Die diesseitigen Statements zum Urteil des BVerfG in Sachen Nichtraucherschutz haben etliche Befürworter eines strikten Rauchverbots veranlasst, mir eine Mail zuzusenden, in der diese ihr Unverständnis äußern. Insbesondere wurde „angemahnt“, dass die Rechtsprechung des BVerfG zu begrüßen sei und im Übrigen hier das „höchste deutsche Gericht“ Recht gesprochen …
Bild: Keine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Gegenseite – jedenfalls im PresserechtBild: Keine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Gegenseite – jedenfalls im Presserecht
Keine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Gegenseite – jedenfalls im Presserecht
… dass eine einstweilige Verfügung im Presse- und Äußerungsrecht nicht ergehen darf, ohne dass zuvor der Gegner angehört wurde. Aus dem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit folgt, dass ein Gericht im Presse- und Äußerungsrecht grundsätzlich vor einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag einer Partei der Gegenseite Recht auf …
BVerfG: Absolutes Verbot der erfolgsabhängigen Anwaltsvergütung ist verfassungswidrig
BVerfG: Absolutes Verbot der erfolgsabhängigen Anwaltsvergütung ist verfassungswidrig
… Verbot an sich wird dabei nicht beanstandet, da dieses vielmehr durch Gemeinwohlziele, wie die Wahrung der Unabhängigkeit der Anwaltschaft und die Wahrung der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt ist. Kritisiert wurde das absolute Verbot, da es nach Auffassung des BVerfG einen Eingriff in die Berufsfreiheit der Anwaltschaft darstellt und in dieser …
Bild: Keine einstweilige Verfügung ohne Anhörung des GegnersBild: Keine einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners
Keine einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners
Das Bundesverfassungsgericht hat am 03.06.2020 zum Aktenzeichen 1 BvR 1246/20 entschieden, dass die Gegenseite in einstweiligen Verfügungsverfahren aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit auch dann anzuhören ist, wenn wegen besonderer Dringlichkeit eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen darf. Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. …
Verfassungsbeschwerde gegen Einstufung als "Sperrgrundstück" nicht zur Entscheidung angenommen
Verfassungsbeschwerde gegen Einstufung als "Sperrgrundstück" nicht zur Entscheidung angenommen
… 1 BvR 2376/19 im Streit um den Erwerb eines Sperrgrundstücks zur Verhinderung eines Flughafenausbaus die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 47/2020 vom 16.06.2020 ergibt sich: Die Kläger wandten sich als Miteigentümer des von ihnen zusammen mit anderen Personen im Juni 2000 erworbenen 100 …
Wirtschaftskriminalität - SPD will endlich anpacken, was ihre Finanzminister seit Jahren vernachlässigen
Wirtschaftskriminalität - SPD will endlich anpacken, was ihre Finanzminister seit Jahren vernachlässigen
… der SPD-Parteivorstand in die Bundestagswahl ziehen möchte. „Anpacken“ will SPD-Kanzler-kandidat Steinmeier die Bekämpfung der Wirtschafts- und Organisierten Kriminalität. „Waffengleichheit“ soll durch „spezialisierte Staatsanwaltschaften und eine bessere personelle und sachliche Ausstattung der Justiz“ hergestellt werden. Offen lässt die SPD-Spitze, …
Bild: Beweisprobleme im VieraugengesprächBild: Beweisprobleme im Vieraugengespräch
Beweisprobleme im Vieraugengespräch
… auszusagen, obwohl nur er und der Vertreter der Beklagten Zeugnis für bestimmte Umstände abgeben konnten. Nach Ansicht des Gerichts gebiete es der Grundsatz der Waffengleichheit, dass jeder Partei eine vernünftige Möglichkeit eingeräumt werden muss, ihren Fall vor Gericht unter Bedingungen zu präsentieren, die für diese Partei keinen substantiellen Nachteil …
Das Bundesverfassungsgericht öffnet mit dem Beschluss 2 BvR 1458/02 der Justiz den Weg für Willkürurteile
Das Bundesverfassungsgericht öffnet mit dem Beschluss 2 BvR 1458/02 der Justiz den Weg für Willkürurteile
Die ständige Rechtssprechung des BVerfG zum Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetz, dass das Gericht die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen hat und in Erwägung zu ziehen (BVerfG 63, 177=NJW 1983,2187) und dass diese Garantie nicht nur für das tatsächliche Vorbringen, sondern auch für die rechtlichen Erwägungen der Parteien gilt (BVerfG, …
Sie lesen gerade: BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit