(openPR) 17. August 2006. Pressemitteilung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG und zur gemeinsamen Stellungnahme verschiedener unabhängiger Antidiskriminierungsstellen in Deutschland
Nach knapp 3 Jahren setzt die Bundesrepublik Deutschland nun endlich als einer der letzten EU-Staaten das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) um. Der Europäische Gerichtshof hatte Deutschland bereits wegen Nichteinhaltung der Umsetzungsfristen veruteilt.
Bezüglich des Inkraftretens des AGG haben mehrere unabhängige Antidiskriminierungsstellen in Deutschland eine gemeinsame Stellungnahme (Download unter: www.aric-nrw.de) veröffentlicht, die bundesweit an Migrantenorganisationen und andere Verbände gesendet wurde. Die Stellungnahme soll sowohl informieren, als auch kritisch das AGG beleuchten. Von Diskriminierung Betroffene werden dabei aufgerufen, ihre erlebte Diskriminierung so schnell wie möglich zu melden, da Ansprüche nur im Zeitraum von 2 Monaten geltend gemacht werden können.
Verschiedene, unabhängige Antidiskriminierungsstellen in Deutschland begrüßen, dass die Bundesrepublik nun endlich ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, ein Gesetz zum Schutze vor Diskriminierung zu verabschieden, und sich im zivilrechtlichen Bereich für einen umfassenden Diskriminierungsschutz aller Merkmale entschieden hat.
Zu kritisieren ist jedoch, dass das AGG an einigen - inbesondere für Betroffene relevanten - Stellen, entweder weit hinter den EU-Richtlinien zurück bleibt oder diesen in keiner Weise gerecht wird. Beispielsweise ist hier zu nennen:
Bei den Ausnahmeregelungen, wie bei der Vermietung von Wohnraum: Diese Ausnahmen sind nicht durch die Richtlinien abgedeckt. Im Gegenteil, gerade die nun zulässige unterschiedliche Behandlung bei der Vermietung von Wohnraum stellt in ihrer Auswirkung eine rassistische Diskriminierung dar, die nun durch das Gesetz legitimiert wird. All zu oft bekommen Menschen nicht-deutscher Herkunft keine Wohnung, weil die Hausverwaltung mit einer ausgewogenen sozialen und kulturellen Mischung argumentiert.
Was nun?
Jede Form der Diskriminierung stellt eine Barriere für Integration und für die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben dar. Eine umfassende Antidiskriminierungspolitik läßt Ungleichbe-handlungen nicht zu, weder im privat- und arbeitsrechtlichen noch im öffentlichen und institutionellen Raum.
Um insbesondere mittelbare Diskriminierung zu beweisen, ist es notwendig auf Statistiken zurück zu greifen. Solche Statistiken beruhen jedoch auf eine bestimmte Form der Datenerhebung. Noch ist es in der Bundesrepublik nicht möglich, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft beispielsweise zu beweisen, da dieses Merkmal statistisch nicht erfasst wird. Hier besteht nun dringend Handlungsbedarf!
Notwendig ist auch eine Förderpolitik, die gerade jene Gruppen, die von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind, zu Chancengleichheit verhilft. Gerade angesichts der EU-Ratspräsidentschaft der Bundesrepublik im Jahr 2007, die unter dem Motto des europäischen Jahres für Chancengleichheit steht, erwarten viele Betroffenenverbände einen Vorstoß der Bundesregierung in Sachen Antidiskriminierung und Chancengleichheit.
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Anti-Rassismus Informations-Centrum, ARIC-NRW e.V.
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www.aric-nrw.de
Kontakt: Hartmut Reiners