(openPR) Zürich/Bern. Zum heutigen Ende der Einsprachefrist des zum dritten Mal beim BUWAL aufliegenden ETH-Gesuchs für ein Freiland-Experiment mit Gentech-Weizen in Lindau/ZH hat Greenpeace gleichzeitig mit betroffenen AnwohnerInnen und Bauern Einsprache eingelegt. Die ETH-Unterlagen sind weiterhin voller offener Fragen. Gefahren für Mensch, Umwelt und Landwirtschaft sind nicht auszuschliessen. Eine neue Studie zeigt, dass Weizenpollen bis 1000 Meter weit fliegen kann. Zudem verstrickt sich die ETH in Bezug auf die Versuchsziele selbst in Widersprüche.
Trotz zusätzlicher Sicherheitsauflagen hat sich die Faktenlage seit der ersten Rückweisung durch das BUWAL Ende 2001 nicht geändert. Gefahren für Mensch und Umwelt können weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Eine neu publizierte Studie zeigt, dass Weizenpollen bis 1000m weit fliegen kann, d.h. deutlich weiter als die Weizenfelder benachbarter Bauern in Lindau. Der Versuch in Lindau bedroht das für den Absatz von Schweizer Produkten wichtige Qualitätsmerkmal der Gentech-Freiheit und weist weder einen landwirtschaftlichen noch einen ökologischen Nutzen aus. Wesentliche Fragen etwa bezüglich Bodenorganismen oder ungewollter Effekte in der genmanipulierten Pflanze selbst und auf Nichtziel-Organismen, bleiben offen. Die Pflanze ist ein unausgereiftes Produkt mit unnötigen Transgen-Sequenzen (Antibiotika- oder Herbizidresistenz, z.T. in mehreren Kopien). Das komplexe System Umwelt wird heute kaum verstanden. Auch auf der Ebene der einzelnen Zelle ist nicht klar, was geschieht, wenn ein Fremd-Gen in das komplexe Regulationsnetzwerk eines Genoms einge-bracht wird. Ein Freiland-Experiment mit so vielen Unbekannten ist nicht zu verantworten.
Die Zielsetzung des Versuchs wird von der ETH völlig im Unklaren gelassen respektive mit widersprüchlichen Aussagen verschleiert: Im Antrag führt die Gesuchstellerin drei verschiedene und in sich selbst widersprüchliche Zielsetzungen an. Zuerst spricht sie von einer Wir-kungsprüfung im Hinblick auf eine spätere praktische Anwendung. Dann heisst das Ziel plötzlich Grundlagenforschung ohne konkrete landwirtschaftliche Anwendung und zu guter Letzt ist von Sicherheitsforschung die Rede. Darin steckt ein doppelter Widerspruch: Die Ge-suchstellerin betont, wie minutiös sie eine Auswirkung auf Nichtziel-Organismen ausgeschlossen hätte. Jetzt sollen genau diese Umwelteinwirkungen erforscht werden!? Sind die Sicherheitsvorkehrungen allenfalls doch nicht so dicht, wie behauptet!? Der ETH-Sprecher schliesslich versucht das Experiment in der Öffentlichkeit als reine forschungspolitische Notwendigkeit zu «verkaufen»: Geht es bei der nun bald ins vierte Jahr gehenden Übung demnach nur um das Austesten der Freisetzungsverordnung?
In Tat und Wahrheit hat dieser Versuch in erster Linie Türöffner-Funktion, um das Eis für weitere Freisetzungen zu brechen. Zudem scheint es um sehr viel Geld zu gehen. Vielleicht erklärt sich dadurch das schon fast starrköpfig anmutende Beharren der Gesuchsteller auf ein fragwürdiges Experiment, dem Landwirte, Umweltverbände, AnwohnerInnen und ein breites Publikum ablehnend gegenüberstehen. Das BUWAL darf sich aber nicht von monetären Zwängen/Drohungen leiten lassen. Seine Aufgabe ist es, in strenger Anwendung des Vorsorgeprinzips die Pro und Kontra eines solchen Freiland-Experiments aus Umwelt-Sicht und in seinem ganzen ökologischen, sozialen und ethischen Kontext abzuwägen.