(openPR) Der Bundestag hat am Freitag das GKV-Finanzierungsgesetz beschlossen und damit den Zuwachs ambulanter Operationen bei niedergelassenen Ärzten gegen das Votum des Bundesrats budgetiert, also gedeckelt. Krankenhäuser können dagegen weiterhin unbegrenzt ambulant operieren. Wegen dieser staatlichen Diskriminierung niedergelassener Ärzte im Vergleich zu dem ohnehin mit Milliardenbeträgen subventionierten Krankenhausbereich, hält der Verband von operativ und anästhesiologisch tätigen niedergelassenen Ärzten in Deutschland (LAOH), seine förmliche Beschwerde vor der EU-Kommission aufrecht.
„Wir haben gegen staatliche Diskriminierung niedergelassener Ärzte schon einmal erfolgreich juristisch interveniert und aus diesem Anlass eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht und wir werden auch jetzt nicht klein beigeben“, sagte Dr. Thomas Wiederspahn-Wilz, 1. Vorsitzender des LAOH.
Mit seiner Beschwerde an die EU-Kommission vertritt der LAOH die Auffassung, dass eine einseitige Budgetierung des ambulanten Operierens nicht nur sachlich ungerechtfertigt ist, sondern auch einen Verstoß gegen EU-Beihilferecht zu Gunsten der in identischen Fällen besser gestellten Krankenhäuser darstellt. „Dass der Bundestag unsere Einwände in den Wind geschlagen hat, zeigt, dass die Bekenntnisse der Berliner Koalition zu einem guten und kostengünstigen Gesundheitssystem reine Lippenbekenntnisse sind“, wetterte Wiederspahn-Wilz.
Der LAOH-Vorsitzende griff in diesem Zusammenhang erneut die Position der Bundesländer auf. Der Bundesrat hatte wenige Tage vor der Bundestagsentscheidung klar Position für ambulante Operationen bezogen und wörtlich erklärt: „Eine pauschale Begrenzung der extrabudgetären Gesamtvergütung ist nicht zielführend, da eine Begrenzung dieser Leistungen im ambulanten Bereich zu Mehrausgaben, und nicht zu Einsparungen führen würde. Dies gilt insbesondere für das ambulante Operieren, welches in den letzten Jahren in einigen Ländern besonders gefördert und ausgebaut wurde. Hierdurch werden durchweg teurere stationäre Operationen vermieden.“ Dies sei allerdings auf einem im internationalen Vergleich erschreckend niedrigem Niveau geschehen, ergänzte Wiederspahn-Wilz.
Auch der Bundesrat hat, wie alle Fachleute, erkannt, dass es sachlich widersinnig und zudem EU-rechtlich zweifelhaft wäre, die Anzahl bisher außerbudgetärer ambulanter Operationen bei den niedergelassenen Fachärzten künftig zu beschränken, Krankenhäuser von solchen Restriktionen hingegen auszunehmen, so der LAOH. „Dies wäre eine schreiende Ungerechtigkeit und eine rechtswidrige Bevorzugung der ohnehin subventionierten Krankenhäuser, die wir uns nicht länger gefallen lassen werden“, sagte Wiederspahn-Wilz.
Dass die Koalitionsparteien sich über die mit der Position des LAOH identische Empfehlung des Bundesrats hinweg setzt, zeigt, dass es der von Minister Rösler in dieser Frage angeführten Regierungskoalition nicht um Kostensenkung geht. Im Interesse einer Kostensenkung hätte Rösler auf eine Budgetierung medizinisch hochwertiger und preiswerter ambulanter Operationen durch niedergelassene Ärzte gerade absehen müssen. Dies läßt nur den Schluss zu, dass die schwarz-gelbe Koalition offenbar gezielt die unfaire und ungesetzliche Bevorzugung staatlicher oder anderweitig subventionierter Krankenhäuser anstrebt und damit die Ausdünnung flächendeckender Versorgung zu Lasten der Patienten in Kauf nimmt.
„Es ist geradezu widersinnig, dass in diesem Fall Schwarz-Gelb unter Führung des ehemaligen Bundeswehr–Krankenhausarztes Rösler niedergelassene Ärzte verdrängen will, um die Patienten in eine „Staatsmedizin“ von Krankenhäusern zu drängen. Auf die-sem Gebiet setzt sich die Regierungskoalition in diametralen Widerspruch zu allen politischen Aussagen und Versprechungen der Vergangenheit und nimmt überdies den Verzicht auf Kostensenkungspotentiale im Interesse der Verfolgung politischer Ziele billigend in Kauf. Betrachtet man das gesundheitspolitische Handeln der Koalition, so muss man sich fragen, ob Minister Rösler und die übrigen Gesundheitspolitiker in der Regierung zwischenzeitlich jede Hemmung vor Wort- und Systembruch verloren haben“, so Wiederspahn-Wilz. Der LAOH rechnet allerdings damit, „dass die EU-Kommission dem kostenträchtigen, widersinnigen und rechtswidrigen Wortbruch der Regierungskoalition ein Ende setzt“.




