(openPR) Beleidigung als „Arschloch“ - Fristlose Kündigung unwirksam
Auch bei erheblichem Verstoß gegen Pflichten aus Arbeitsverhältnis kann eine Abmahnung ausreichend sein
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil v. 08.04.2010, Az: 4 Sa 474/09) erklärte die Kündigung eines Arbeitnehmers für unwirksam
Der Fall:
Der Arbeitnehmer war seit mehr als sechs Jahren als Kraftfahrer in einem Logistikzentrum tätig. Er hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach einen bestimmten Kunden über eine sehr enge Einfahrt mit einer sehr knapp bemessenen Durchfahrtshöhe unfallfrei beliefert. Bei einer solchen Anlieferung wurde er eines Tages von einer ihm unbekannten Person, letztendlich dem Liegenschaftsverwalter, nach der Bemerkung "Wie oft wollt ihr jetzt da oben noch gegen fahren?" in gereiztem Ton aufgefordert, nicht weiter zu fahren. Nach seiner Antwort: "Ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch" ergab sich ein Wortgefecht, in dem der Kläger sein Gegenüber noch mehrfach als "Arschloch" bezeichnet hatte. Der Kläger hatte ihn für einen "Wichtigtuer" gehalten.
Der Arbeitgeber kündigte nach Kenntnis dieses Vorfalls das bisher insoweit unbeanstandete Arbeitsverhältnis fristlos.
Hiergegen erhob der Angestellte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.
Die Entscheidung des Gerichts:
In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht und auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht wurde der Klage stattgegeben und die Kündigung für unwirksam erklärt.
„Zwar stellt das grob beleidigende Verhalten des Klägers grundsätzlich einen erheblichen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar. Auch wenn es die Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers gefährde, wurde hier zugunsten des Klägers jedoch berücksichtigt, dass er nicht gewusst hat, wer sein Gegenüber war und dass es sich um einen Repräsentanten des Kunden handelte“, erläutert Rechtsanwalt Tobias Ziegler, aus Düsseldorf die Entscheidungsgründe. „Eine Abmahnung hätte hier nach Ansicht der Richter ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten Arbeitnehmerverhaltens auszuschließen.“
Die Arbeitsgerichte nehmen eine Einzelfallprüfung vor und wägen die Interessen der Parteien ab. Wie in dem hier entschiedenen Fall kann dies dazu führen, dass trotz Vorliegens einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers eine Kündigung für unwirksam erklärt wird. Als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung ist oft eine Abmahnung angemessen und ausreichend, um einen künftig wieder störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses zu bewirken