(openPR) Berlin, 1. Dezember 2009.- Fitmachen für den Berufsalltag – wann beginnt man damit in der Schule? Wie finden Schülerinnen und Schüler den für sie geeigneten Beruf? Welche Wege gehen Industrie, Handwerk oder Dienstleistungsunternehmen bei der Nachwuchsgewinnung? Demographische Veränderungen, Schulreform, Berufsorientierung – wie verbindet die neue Sekundarschule die neuen Anforderungen, warum kommt dem dualen Lernen eine besondere Rolle zu? Diese und andere Fragen diskutierte am Dienstagabend Berlins Bildungssenator Prof. Dr. Jürgen Zöllner mit Vertretern des Netzwerkes Berufspraxis im Verein Modul, des Ausbildungszentrums des SHK-Handwerks, der Agentur für Arbeit und der SIEMENS AG. Die Talkrunde war Auftakt des „Berliner 5-Sterne-Gesprächs“, einer neuen Veranstaltungsreihe im Berliner Grand Hotel Esplanade.
Die Jugendlichen möglichst früh und professionell anzuleiten, eigene Interessen zu ent-wickeln und sich mit der Berufswahl auseinanderzusetzen ist nach den Worten von Prof. Dr. Jürgen Zöllner, Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung, eines der Anliegen der Schulstrukturreform ab 2010. „Das Duale Lernen als ein Schlüsselthema dabei bietet eine motivierende Orientierung auf einen erfolgreichen Übergang ins Berufsleben, erleichtert den Übergang ins Berufsleben durch frühen Kontakt zur beruflichen Wirklichkeit“, so Zöllner. Durch enge Kooperation der Integrierten Sekundarschulen mit Betrieben und Verbänden der Wirtschaft, mit beruflichen Schulen und Oberstufenzentren, mit Trägern der Berufsvorbereitung und Ausbildung würden mehr Praxisangebote ermöglicht. Um jeder Schülerin und jedem Schüler ein entsprechendes Angebot machen zu können, wird die Integrierte Sekundarschule eine sehr flexible Stundentafel haben „Es wird möglich sein, in der Integrierten Sekundarschule unter teilweiser Auflösung der Stundentafel an bis zu drei Tagen außerhalb von Schule an Praxisorten zu lernen.“
Bildungssenator Zöllner verwies darauf, dass bereits jetzt viele Angebote zur vertieften Berufsorientierung in Berlin umgesetzt werden. Ihre Akzeptanz in den Schulen, von den Jugendlichen und deren Eltern sei groß. Der Verein Modul e. V. mit seinem Netz-werk Berufspraxis z.B. bringt seit 2007 erfolgreich Schule und Handwerk zusammen. „Im vergangenen Schuljahr nutzten rund 1.750 Mädchen und Jungen aus 26 Berliner Real- und Gesamtschulen die Chance, sich in 32 Berufen des Handwerks auszuprobieren“, berichtet die Modul-Vorsitzende Katrin Thierfeld. Enger Partner sind die Ausbildungszentren von 15 Berliner Handwerksinnungen. In einer ersten Phase „schnuppern“ die teilnehmenden Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufen 8 und 9 in mindestens vier Berufsfelder des kooperierenden Handwerks jeweils zwei bis drei Stunden hinein. Etwa jeder fünfte von ihnen vertieft dieses Kennenlernen im Anschluss – erprobt bis zu fünf Tage in einem von ihm bevorzugten handwerklichen Berufsfeld seine praktischen Fähigkeiten.
„Die Schüler und Schülerinnen nutzen diese praxisorientierten Angebote der Innungen sehr intensiv“, betont die Modul-Vorsitzende Katrin Thierfeld. „Mit den Werkstatt-Tagen lernen sie eine Reihe handwerklicher Berufe kennen, bekommen Ausbildungsanforderungen und –wege vermittelt, erhalten Tipps für eine gute Berufswahl und Entwicklungsmöglichkeiten im Handwerk. Die Teilnahme wird den Schülern auf dem Zeugnis dokumentiert und durch die begleitenden Koordinatoren des Netzwerkes eine empfehlende Einschätzung für die Berufswahl ausgestellt.“
Für Detlef Pfeil als Leiter des Ausbildungszentrums der Innung Sanitär, Hei-zung, Klempner, Klima ist es wichtig, dass die Handwerksbetriebe auf diese Weise Interesse für ihre Berufe wecken können, schon frühzeitig Kontakt mit ausbildungsinteressierten Jugendlichen aufnehmen, sie sogar schon fördern. „Oftmals hätten die Jugendlichen ein unvollständiges oder falsches Bild vom Berufsprofil im Handwerk. Dieses gerade zu rücken und die vielfältigen Chancen, den abwechslungsreichen Alltag im Handwerk aufzuzeigen – haben sich die Ausbilder auf die Fahnen geschrieben. Und damit kann man nicht früh genug beginnen.“
Veränderten demografische Entwicklungen müssen auch die Mitarbeiter in der Berufsberatung Rechnung tragen. Ina Rodenberg, Geschäftsstellenleiterin der Agentur für Arbeit Berlin-Steglitz, unterstrich wie wichtig und manchmal schwierig es ist, Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler zu analysieren, Interessen und Wünsche mit tatsächlichen Berufsangeboten in Berlin in Übereinstimmung zu bringen. Frühzeitige Gespräche und Beratung mit allen an der Berufsfindung Beteiligten zahlen sich oftmals aus.
Wenngleich Berlin zunehmend als Dienstleistungsstadt gelte, besitzen technische Berufe eine besondere Relevanz, betonte Norbert Giesen, Corporate Human Resources bei der SIEMENS AG, in der Diskussion. Das Unternehmen verfolge seit Langem eine konsequente Linie bei der Nachwuchsgewinnung, wirbt um Auszubildende in innovativen, zukunftsfähigen Berufen. Potentielle Bewerber für Ausbildungsplätze bekommen früh die Gelegenheit, durch Praktika oder Besuche von Abteilungen SIEMENS besser kennen zu lernen, sich teilweise auch auszuprobieren.
Wichtig sei – so das Credo der Diskussion -, dass die Berliner Schülerinnen und Schüler Praktikumsplätze und viel Gelegenheit erhalten, den betrieblichen Alltag zu erkunden, sich testen. Das Motto des Abends „Beruf fängt in der Schule an“ muss angesichts der Anforderungen an die Schulen und die Wirtschaft in den kommenden Jahren noch intensiver ins Bewusstsein aller am Prozess der Berufsorientierung und –findung Beteiligter rücken. Positive Signale und Zusagen von Vertretern der Kammern und der Verbände, von den Innungen und natürlich auch von den Betrieben hier mehr an einem Strang zu ziehen, liegen vor. Der Wunsch von Bildungssenator Prof. Dr. Zöllner: „Die vielen guten Erfahrungen, die Schülerinnen und Schüler in den Betrieben und Unternehmen gemacht haben, auf eine noch breitere Basis zu stellen. Je mehr Betriebe sich beteiligen, desto besser. Dafür möchte ich werben.“