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Zwischen „Spaßpädagogik“ und „Mythos Finnland“: Bamberger Wirtschaft diskutiert die Zukunft des Schulsystems

(openPR) Das deutsche Schulsystem mit seinen Mängeln und seinen Chancen stand im Mittelpunkt einer Diskussion des Industrie- und Handelsgremiums Bamberg mit Josef Kraus, dem Präsidenten des deutschen Lehrerverbandes. Die Unternehmer interessierte dabei vor allem, was getan werden kann, um die Schulabgänger besser für das Berufsleben fit zu machen. Erfreuliches hatte Bernd Rehorz, IHK-Bereichsleiter Ausbildung, zu vermelden, der im Zuständigkeitsbereich der IHK für Oberfranken auf einen Zuwachs bei den Ausbildungsverträgen von 12,8% gegenüber 2006 verweisen konnte.



Rehorz bedankt sich bei den Ausbildungsunternehmen ausdrücklich für deren Einsatz. Er beobachte zum ersten Mal, dass „…in den Betrieben das Bewusstsein steigt, keine guten Lehrlinge zu finden“. Die Situation werde sich in den kommenden Jahren immer mehr zuspitzen. Er rechnet bei den Schulabgängerzahlen mit einem Rückgang von bis zu 40% bis zum Jahr 2020. Deshalb sei es wichtig, die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen. Ein 10 Punkte-Programm der deutschen Industrie- und Handelskammern für eine Schulreform soll erste Wege aufzeigen.

Lanze für die Hauptschulen gebrochen
„Wer nichts weiß, muss alles glauben“ – mit diesem Aphorismus von Marie von Ebner-Eschenbach eröffnete Kraus sein Plädoyer für eine gute Schulausbildung bei der Fachsitzung des Industrie- und Handelsgremiums. Voraussetzung dafür sei aus seiner Sicht ein mehrgliedriges Schulsystem, was auch durch die Ergebnisse der Pisa-Studien unterstrichen werde. Eine Gesamtschule komme den Steuerzahler rund 30% teurer und liefert schlechtere Ergebnisse. Das Resultat: Der vergleichbare Realschulabschluss im Norden Deutschlands liege unter dem bayerischen Hauptschulniveau, in vielen Bundesländern brauche der Schüler für einen Abschluss nicht einmal eine Prüfung, so Kraus. Er brach eine Lanze für die bayerischen Hauptschulen, die von rund 30% aller Schüler in fortbildenden Schulen besucht werde. „Manche Volkspartei wäre froh, einen derartigen Anteil zu erreichen.“

Er verwehrt sich ausdrücklich dagegen, das Bildungsniveau zu nivellieren; so haben in Japan 93% der Schulabgänger eine Hochschulberechtigung, in Großbritannien ist der Friseur ein akademischer Beruf, in Finnland die Krankenschwester. Kraus: „Eine höhere Abiturquote ist kein Garant für mehr Beschäftigung“. Länder mit den höchsten Abiturquoten weisen oft auch die höchste Jugendarbeitslosigkeit auf.

Kraus: Weg mit der „Spaßpädagogik“
Kraus hält nichts von der um sich greifenden Spaßpädagogik. „Selbstverständlich soll Schule Spaß machen.“ Dies erreicht man aber nicht dadurch, dass sich der Lehrer zum Kasper mache und Animateur werde, sondern durch das Bewusstsein, dass Leistung Spaß mache.

Er verwehrt sich auch gegen das hohe Gewicht, das den Ergebnissen der Pisa-Studie zukommt. „Die Pisa-Ergebnisse sind wichtig, geben Sie doch Aufschluss über das Niveau in bestimmten Bereichen.“ Dies sei aber auch die Schwäche von Pisa, da sehr viele Aspekte nicht in die Analyse mit eingehen.

Abrechnung mit dem „Mythos Finnland“
Es sei schick unter progressiven Bildungspolitikern, nach Finnland zu reisen und das Schulsystem des Pisa-Siegers als seligmachend zu verkaufen. Leider lasse sich Finnland nicht einfach auf Deutschland übertragen: Zum einen liegt die durchschnittliche Klassenstärke bei 18 (Deutschland: 24), zum anderen wird eine Schule im Schnitt von 120 Schülern besucht (Deutschland: 355). Außerdem liege der Migrantenanteil bei nur 1,2% (Deutschland: 15%). Herausragende Stärken des finnischen Systems sei das Fördersystem mit Förderunterricht und Schulpsychologen. „Außerdem gibt es praktisch keinen Unterrichtsausfall- das wäre in Deutschland ein Traum“, so der Verbandspräsident. Positiv beurteilte er auch die soziale Durchlässigkeit des Systems.

Forderungen für eine zukunftsfähige Schule
Um international wieder den Anschluss zu erreichen, müssen aus seiner Sicht folgende Punkte umgesetzt werden:
• Nur die „Leistungsschule“ ist eine zukunftsfähige Schule. Leistung müsse sich wieder lohnen, auch die Elite müsse gefördert werden.
• Die Gesamtschule ist keine Alternative. Statt Bildungsnivellierung braucht das Schulsystem eine bessere Lehrerversorgung, kleinere Klassen und Förderunterricht.
• Der Deutschunterricht bedürfe einer besonderen Förderung. In keinem anderen Land hat die Muttersprache eine derart untergeordnete Bedeutung wie in Deutschland. Migrantenkinder haben deshalb oft von Anfang an keine Chancen. Er spricht sich in diesem Zusammenhang auch für spielerisches Lernen im Kindergarten aus und für mehr und bessere Schulbüchereien.

Auch Familien gefordert
Kraus warnte in der Diskussion aber vor einer Überforderung der Schule: „Die Schule kann nicht die Fehler der Gesellschaft kompensieren.“ Vielmehr sei die gesamte Gesellschaft gefordert, auch die Familien selbst. „Ohne häusliche Erziehungsoffensive keine schulische Bildungsoffensive!“, so Kraus. Sein Ziel sei ein Klimawandel in der Schule. Dieser sei auch notwendig, erwiderte er auf eine Frage aus dem Publikum. Kraus: „Der Lehrerberuf ist für die meisten Abiturienten schon lange nicht mehr attraktiv, Nachwuchssorgen plagen. Auf den hohen Unterrichtsausfall angesprochen, räumt Kraus ein, dass dieser durch Planungsfehler in den Schulen oft noch verstärkt werde. Hauptproblem sei aber die dauerhafte Mangelverwaltung. Wenn Kraus, der auch Direktor eines niederbayerischen Gymnasiums ist, 13 Lehrer benötigt, erhält er allenfalls elf und muss dann schauen, wie er den Unterricht sicherstelle.

Vorsitzender Heribert Trunk kündigt an, dass sich das Industrie- und Handelsgremium in den kommenden Monaten intensiv mit dem Themenkomplex „Schule und Ausbildung“ auseinandersetzen werde. So seien bereits verschiedene Gespräche mit Fachleuten in Vorbereitung. Auch laufen Überlegungen, wie die bestehenden Initiativen besser verzahnt und erfolgreiche Maßnahmen weiter optimiert werden können, um die Situation in den Schulen und am Ausbildungsmarkt zu verbessern.

10 IHK-Forderungen für ein schlüssiges Gesamtkonzept einer Schulreform

01. Systematischeres spielerisches Lernen im Kindergarten
02. Mehr Ganztagesangebote
03. Ausbildung der Erzieher und Lehrer zu mehr Kompetenz in individueller Förderung
04. Übernahme von mehr Erziehungsverantwortung durch Schule und Lehrer
05. Eltern zu Partnern der Schule machen
06. Unterstützung der Lehrer durch Sozialarbeiter und Psychologen
07. Flexible Übergänge zwischen den Schularten mit systematischer Begleitung
08. Mehr Selbstständigkeit und Verantwortung für die einzelne Schule
09. Bildungspolitik muss Ziele vorgeben, aber nicht den Weg festlegen
10. Bundesweite Vergleichbarkeit der Abschlüsse sichern

IHK für Oberfranken
Bahnhofstr. 25
95444 Bayreuth

Pressesprecher:
Peter Belina
Tel. (0951) 918 20-66
Fax (0951) 918 20-60
E-Mail: E-Mail
www.bayreuth.ihk.de

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