(openPR) Die Umsatzzahlen von Facebook und Google lassen sich noch nichts anmerken: Googles Mutterfirma Alphabet steigerte ihre Umsätze im 3. Quartal 2017 um 24% im Vergleich zum Vorjahresquartal – 27,4 Mrd. USD Umsatz (von 27,7 Mrd. insgesamt) steuerte allein das Suchportal bei. Und Facebook erzielte im Q3 2017 erstmals einen Umsatz von über 10 Mrd. USD. Doch die Glaubwürdigkeit der Netzwerke als effektive Werbeträger hat in diesem Jahr Risse bekommen. Zu Beginn des Jahres traf erst Google die Negativdiskussion zum Thema Brand Safety, als große Marken herausfanden, dass ihre Anzeigen bei YouTube auch innerhalb extremistischer, rassistischer oder gewalttätiger Inhalte platziert wurden. Dann forderte die werbetreibende Industrie von Google und Facebook mehr Transparenz über die Sichtbarkeit und Effizienz ihrer Kampagnen. Dies gipfelte in der Drohung von P&G-Marketing-Boss Marc Pritchard, ansonsten große Werbebudgets abzuziehen.
Diese Auseinandersetzungen könnten in Zukunft durchaus das Kräfteverhältnis in der Online-Werbung neu definieren – sowohl was die Quartalszahlen der großen Werbeträger angeht als auch eine bessere Transparenz in der Werbeleistung für die Kampagnen der großen Marken. Aber haben diese Konflikte schon Einfluss darauf gehabt, wie deutsche Unternehmen bei Facebook oder Google werben?
YouTube punktet mit Sichtbarkeit
Zu Beginn des Jahres schockte die britische Tageszeitung „The Times“ mit ihrer Recherche die werbetreibende Industrie. Reporter hatten herausgefunden, dass die Anzeigen großer, globaler Marken auch neben den Videos von islamistischen Extremisten, weißen Rassisten oder Pornoproduzenten auftauchten und somit deren Urheber mitfinanzierten. In der Folge stoppten Marken wie Johnson&Johnson (J&J), GlaxoSmithKline (GSK), McDonald’s oder Starbucks zunächst ihre millionen-schweren Werbeausgaben bei YouTube. Jedoch nicht im deutschen Markt.
Nach Untersuchungen mit gemiusAdReal™, einer panel-basierten Studie, die erstmals eine vollständige, repräsentative Analyse der Reichweite von Online-Kampagnen zulässt, waren von den vier genannten Marken im Februar J&J sowie GSK am aktivsten mit ihren Kampagnen bei YouTube. Möglicherweise hatte YouTube diesen Unternehmen in der Zwischenzeit ein sicheres Werbeumfeld auf seinen Seiten zugesichert. Bis zum September warb J&J auf gleichmäßig hohem Niveau, während GSK viele kurze, aber intensive Kampagnen buchte. Und auch wenn McDonald’s hierzulande, zumindest im ersten Quartal, nur zu ausgewählten Terminen Spots bei YouTube platziert hatte – so erreichten die Kampagnen immerhin 3,4 bis 6,4% aller Desktop-Nutzer in Deutschland (1,7-3,5 Millionen).*
Trotz aller Kontroversen um Brand Safety – warum ist YouTube für Werbetreibende nach wie vor sehr attraktiv? Ganz einfach: die sehr hohe Viewability Rate. Während die durchschnittliche Sichtbarkeit von Online-Anzeigen (Display, Text, Video) im deutschen Werbemarkt im September gerade mal bei 44,5% lag, erzielten die Kampagnen bei YouTube eine Viewability Rate von 86,6% – also fast doppelt so hoch! Im gleichen Monat erreichte die Viewability Time (Sichtbarkeitsdauer) für Online-Anzeigen bei Desktop-Nutzern in Deutschland 12,5 Sekunden – auf YouTube waren es jedoch fast 16 Sekunden. Da wundert es nicht, wenn Werbetreibende der Plattform die Treue halten. Auf ähnlich gute oder sogar bessere Werte bei Viewability und View Time für Videoanzeigen wie YouTube kommen hierzulande Medienportale von RTL oder Pro7Sat1.
Mehr Transparenz bei Google und Facebook
Derzeit größere Sorgen dürften Google und Facebook die Forderungen nach mehr Transparenz und einheitlichen Standards bei der Messung der Wirksamkeit von Kampagnen in ihren Netzwerken machen. Seit Marc Pritchard, Marketing-Boss bei P&G im Januar sein Ultimatum gestellt und damit gedroht hatte, die Zusammenarbeit zu stoppen, haben sich viele weitere Unternehmen seinem Appell angeschlossen und fordern klare Zahlen zu Reichweite und Sichtbarkeit. Dazu gehören auch J&J und Unilever. Für alle drei genannten Konzerne scheint Facebook in der ersten Jahreshälfte auf dem deutschen Markt der wichtigste Werbeträger gewesen zu sein.
Zwischen Januar und April wurden 55-84% aller Ad Impressions für die Online-Anzeigen von Unilever bei Facebook erzielt.** Danach gingen die Werte zurück, sie liegen aber noch immer bei etwa 10%. Bei J&J kamen anfangs 15-20% aller Ad Impressions von Facebook, für P&G waren es dagegen nur 5-10%. Seit der Jahresmitte liefert keines dieser Unternehmen mehr größere Kampagnen in dem sozialen Netzwerk aus. Auffällig: Die Webseiten der Google Group, insbesondere das Suchportal Google.de spielten in diesem Jahr bei den Werbestrategien der genannten Konzerne auf dem deutschen Markt bisher kaum eine Rolle. P&G bevorzugt die Seiten von t-online.de oder Amazon, während J&J stark auf den Seiten tvnow.de vertreten ist, jedoch auch bei YouTube.
„Die Konflikte zwischen den großen Marken und den scheinbar übermächtigen Werbeträgern werden sicher Auswirkungen auf den Werbemarkt haben – ohne eine schnelle Lösung können beide Seiten Schaden nehmen“, ist Vesna Gordon, Business Director bei Gemius, überzeugt. “Transparenz ist im Werbemarkt unverzichtbar, ob es nun um die Wirksamkeit von Kampagnen geht oder um das Thema Brand Safety. Der Ball liegt nun bei den Werbeträgern wie Google oder Facebook. Sie müssen Lösungen vorschlagen, die es den Werbetreibenden ermöglichen ihre Kampagnen zu messen und zu modifizieren, um damit die bestmögliche Effizienz für ihre Werbebudgets zu erreichen”, so Gordon.
*Alle genannten Daten gelten für Desktop-Internetnutzer in Deutschland ab 14 Jahren
** Januar: 55,9%, Februar: 56,7%, März: 84,3%, April: 67,8%