(openPR) Die von Betrugsvorwürfen der Opposition überschattete Wiederwahl des rumänischen Staatspräsidenten Traian Basescu am 6. Dezember ist für viele Beobachter der Beweis, dass 20 Jahre nach der Revolution im Dezember 1989 der demokratische Prozess in Rumänien noch lange nicht abgeschlossen sei bzw. sich sogar an einem Scheideweg befinde. Inwieweit diese Entwicklung in den Ereignissen von 1989 bereits angelegt war, dokumentiert ein Text der rumänischen Politikwissenschaftlerin Andreea Mascan in dem gerade erschienenen Textband "Revolution?! Farbe, Erinnerung, Theorie nach 1989".
Als Weihnachten 1989 die Bilder von dem hingerichteten Ehepaar Ceausescu um die Welt gingen, gewann die breite Öffentlichkeit den Eindruck, in Rumänien hätte mit dem gewaltförmigen Umsturz des Regimes eine echte Revolution stattgefunden. Mascan gibt zu bedenken, dass bereits die genauen Umstände der Hinrichtung des Diktatorenehepaars im Dunkeln liegen. Ebenso, ob die damaligen Massenaufstände sämtlich spontan entstanden oder teilweise von unbekannter Stelle zentral gelenkt wurden, in deren Folge es auch zu vielen bislang ungeklärten Gewalttaten kam. Die genauen Hintergründe müssten demnach noch historisch erforscht werden.
Im heutigen Rumänien gibt es Mascan zufolge drei dominierende Lesarten der Revolution. Die erste spricht von einer vollendeten Revolution, die einen echten demokratischen Prozess eingeleitet habe. Diese werde von der Seite Ion Iliescus und seiner politischen Mitstreiter vertreten. Iliescu hatte nach dem Sturz Ceausescus die Staatsgeschäfte übernommen. Zuvor war er als Mitglied des Zentralkomitees zunächst Repräsentant des ancien regime gewesen, bevor er in Ungnade fiel. Demonstrationen, welche die erste Wahl nach dem Umsturz im Frühjahr 1990 begleiteten, soll er mit Hilfe von mobilisierten Bergarbeitern gewaltförmig niedergeschlagen haben.
In einer zweiten Lesart sieht man in den Ereignissen des Dezembers 1989 einen von ausländischen Geheimdiensten gelenkten Staatstreich. Die dritte interpretiert den Umsturz 1989 als unvollendete Revolution, weil sie nicht zu einer vollen Demokratisierung der rumänischen Gesellschaft geführt habe. Die aktuellen Ereignisse um die Wahl des Präsidenten können als Beleg für diese Lesart herangezogen werden.
Quelle: Andreea Mascan, "Die Geschichte einer Revolution. Rumänien nach dem Dezember 1989", in: Revolution?! Farbe, Erinnerung, Theorie nach 1989, Parodos Verlag Berlin, ISBN 978-3-938880-29-6













