(openPR) Rund 50 Tagungsgäste nahmen vom 8.-10. Oktober 2009 an der Tagung des Archivs der Arbeiterjugendbewegung teil. Unter dem Titel „Neue Wege zum Sozialismus in einem neuen Europa. Die Falkeninternationale und ihre Mitgliedsorganisationen in den ersten zwei Nachkriegsjahrzehnten.“ gaben Referenten wie Andrew Flinn aus Groß-Britannien aber auch auch zahlreiche andere Persönlichkeiten aus Skandinavien, Österreich, Frankreich, Israel und Deutschland Einblick in die Entwicklungen. Beleuchtet wurden die unterschiedlichen Perspektiven der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte in den Mitgliedsorganisationen der Internationalen Falkenbewegung, der Sozialistischen Erziehungsinternationale (IFM-SEI).
Uwe Ostendorff, Generalsekretär der IFM-SEI in den Jahren von 2001 bis 2007, gab zu Beginn der Tagung einen Überblick über die Geschichte der Internationalen Falkenbewegung: Ausgangspunkt war 1922 eine Konferenz in Kleßheim bei Salzburg mit VertreterInnen aus der Schweiz, Deutschland, England, den Niederlanden, Italien, Österreich und der Tschecheslowakei. Inhaltliche Schwerpunkte lieferten die Reformpädagogen und Vordenker der österreichischen und deutschen Organisationen, Otto Felix Kanitz und Kurt Löwenstein. Die Konferenz 1922 beschloss die Gründung einer sozialistischen Erziehungsinternationale mit einem gemeinsamen Büro in Wien. „Die Kinder sollten der bürgerlichen Erziehung entzogen werden und eine Gegenwelt erfahren. In erster Linie ging es tatsächlich um die materielle Grundversorgung der Arbeiterkinder in der Zeit der Industrialisierung - wozu aber für die Sozialistischen Erzieher immer auch die Entwicklung eines anderen ‚way of life’ gehörte!“ so Ostendorff. Nach dem zweiten Weltkrieg war die Arbeit der IFM in ganz besonderem Maße von der Idee geprägt, dass Kinder, die in internationalen Zeltlagern zusammen leben und zusammen lernen, nie wieder einen Krieg zulassen würden.
„Bildung & Erziehung eines neuen Menschen für eine andere Gesellschaft!“ Dieser Anspruch war gewissermaßen das Leitmotiv in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg Motor für den Wiederaufbau und die Reorganisation der Arbeit der Sozialistischen Jugendorganisationen. Während der Tagung kristallisierte es sich somit nachträglich als unabgesprochenes aber doch verbindendes Element zwischen den unterschiedlichen Organisationen heraus.
Besonders durch die Unterbrechung der Jugendarbeit während der Zeit des Nationalsozialismus mussten sich die sozialistischen Jugendverbände nach dem Krieg jugendkulturell neu aufstellen. Dabei haben sie oft auf Vorkriegstraditionen zurückgegriffen, was angesichts der aufkommenden ‚modernen’ Jugendkultur, geprägt durch Musikstile wie den Jazz und die zahlreichen neuen zu konsumierenden Freizeitangebote veraltert wirkte, aber dennoch ein attraktives Angebot für die jungen Menschen darstellte und die Verbandsidentität weiter stark beeinflusst hat.
Andrew Flinn, Dozent am University College in London (Leitung des vom AHCR geförderten Projekts „Community archives and identities“):
“Es ist wirklich außerordentlich interessant, die Geschichte der verschiedenen Organisationen aus unterschiedlichen Teilen der Welt kennen zu lernen und beeindruckend, die Ähnlichkeiten zwischen den Organisationen und in den Herausforderungen zu entdecken, mit denen sie zu kämpfen hatten.“
Meidan Ben-Ami von der Organisation Hashomer Hatzair aus Israel (verantwortlich für die Koordination der internationalen Programme in 40 verschiedenen Ländern sowie für die Koordination zwischen der Jugend- und der Erwachsenenbewegung (das sogenannte „Life Movement“) der Organisation):
“Ich bin positiv überrascht und glücklich darüber, hier so viele VertreterInnen sozialistischer Jugendverbände zu treffen und ich möchte mit dem Verweis auf ein Sprichwort schließen: Wer als Jugendlicher nicht sozialistisch ist, gilt als komisch. Wer aber als Erwachsener immer noch Sozialist ist, gilt auch als verrückt. Ich freue mich, hier so viele Erwachsene zu sehen, die von der Idee des Sozialismus überzeugt sind und danke euch für euer Engagement in der Sozialistischen Jugendinternationale.“
Michéle und Henri Beregniere aus Frankreich, die in den 60er Jahren einer Falkengruppe angehörten, haben sich aus Anlass der Tagung auf die Spurensuche zur Geschichte der ‚Falcon Rouge’ begeben, der französischen Roten Falken.
Barbara Klatzek, stellvertretende Bundesvorsitzende der SJD – Die Falken, betonte in ihrem Grußwort die Wichtigkeit der Arbeit des Archivs der Arbeiterjugendbewegung in der Bewahrung der Verbandsgeschichte: „Gerade die jungen Menschen, die in unserem Verband aktiv sind, dürfen nicht nur ihre Forderungen an die Zukunft formulieren – sie müssen sich auch mit der Geschichte befassen, um zu verstehen, warum die Falken so sind wie sie sind und was das mit ihnen selbst zu tun hat!“
Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Vorsitzender des Förderkreises des Archivs der Arbeiterjugendbewegung, dankte für die ausgezeichneten Referate und die spannenden Diskussionen: „Mehrfach haben wir an diesem Wochenende die Geschichte der IFM rekonstruiert. Die logische Konsequenz ist es nun, die gewonnenen Erkenntnisse über die großen und verbindenden Traditionslinien angemessen zu dokumentieren.“







