(openPR) Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz scheint die Grundlage nunmehr endgültig dafür geschaffen, dass die Pflege vermehrt von den Professionellen den wohlmeinenden Rat erteilt bekommt, sich gewissermaßen einem „vorfachlichen Verständnis“ zu entziehen. Die Rechtsgrundlage für eine derartige Betrachtung scheint im dem § 113a SGB XI (Expertenstandards zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege) verortet zu sein, wonach gem. Abs. 3 die Expertenstandards für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sind.
Hiervon waren und sind freilich die Dokumentationspflichten nicht ausgenommen und sofern die Frage nach den Quellen einer Verpflichtung zur Dokumentation intraprofessionell zu beantworten ist, dürfte die Antwort wenig spektakulär ausfallen.
Im Zuge der allgemeinen Entbürokratisierungstendenzen der Pflege könnte der sprachlich eloquente Hinweis der Autoren Zegelin, Böhme und Jacobs nunmehr eine völlig neue Bedeutung bekommen. Zitat:
„Im Ergebnis sind die Verfasser der Auffassung, dass zu den drei S (satt, sauber und still)
jetzt auch noch die drei D dazu kommen: Pflegefachkräfte dokumentieren sich dumm und dämlich“, so einmütig die Autoren (in, Pflegedokumentation - Rechtliche und pflegefachliche Anforderungen an die Dokumentation unter besonderer Berücksichtigung von DRGs und PQsG (Teil 1) v. Angelika Abt-Zegelin, Hans Böhme, Peter Jacobs, in Die Schwester Der Pfleger 43. Jahrg. 2/04, S. 132 ff.)
Die Pflege könnte sich nunmehr anschicken, ihren Vorstellungen und Wünschen entsprechend einen Expertenstandard zur Dokumentation intraprofessionell zu erarbeiten und entsprechend in einer dem Verfahren des § 113a SGB XI entsprechenden Art und Weise konsentieren zu lassen. Das Maß der gebotenen Dokumentationspflichten wird auf ein Mindestmaß beschränkt und etwaige „vorfachliche“ Sichtweisen – etwa der Juristen – sollten eher mit Skepsis beurteilt werden, könnten diese doch ein „Wermuttropfen“ bei der Beurteilung der Dokumentationspflichten durchaus „kontraproduktiv“ sein, zumal ohnehin nicht selten die höchst bedenkliche These weiter genährt wird, wonach das „Recht“ stets den intraprofessionellen Vorgaben zu folgen hat.
Auch wenn diese These sich im Kern als „Wunsch“ erweist, der der Vater des Gedankens war und ist, ist hier einstweilen eindringlich dafür zu warnen, die Pflicht zur Dokumentation als leidige „Pflichtaufgabe“ zu begreifen, die wegen der Entbürokratisierung willen auf ein Mindestmaß zu beschränken sei. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Dokumentation in stationären Pflegeeinrichtungen, in denen vermehrt gerontopsychiatrische und zudem multimorbide Patienten betreut werden. Hier dürfte ohne Frage ein „Mehr“ an Dokumentation einzufordern sein.
Zugleich sollten sich einige Ärztekammern dazu durchringen, sich von ihrer bisherigen Lesart zu den Dokumentationspflichten auch eines Arztes in der Heimdokumentation zu verabschieden. Nach diesseitiger Rechtsauffassung kann kein ernstlicher Zweifel daran begründet werden, dass auch der Arzt resp. die Ärztin zur Dokumentation in der der Heimdokumentation verpflichtet ist (vgl. dazu näher Lutz Barth, Pflicht des Arztes zur Dokumentation und Gegenzeichnung in der „fremden“ (Heim)Dokumentation einer stationären Alteneinrichtung?, auf der Webseite des IQB).
Lutz Barth