(openPR) Die neuerliche Debatte um den Abschuss eines bemannten Passagierflugzeuges ist in erster Linie unerträglich und zeigt, wie manche Politiker auf der Klaviatur des Grundgesetzes und der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts sehr phantasievoll spielen: statt das Grundgesetz und die höchstrichterlicher Judikatur zur Kenntnis zu nehmen, schauen einige Politiker stattdessen lieber in die Glaskugel und plädieren nachhaltig in der Öffentlichkeit für ihre Visionen von der angeblich notwendigen Sicherheitspolitik. Der Blick in die Glaskugel bringt aber nicht die damit gleichsam erhoffte Erleuchtung für das Staatsvolk. Erst der Bundesinnenminister, nun der Verteidigungsminister und ihnen folgend freilich die Politprominenz der Partei, die das „C“ in ihrem Parteinamen trägt, offenbaren ein Verfassungsverständnis, dass nur schwer nachvollziehbar ist. Fundamentale Grundrechte werden durch Volksvertreter unverhohlen zur Disposition gestellt und es fragt sich, wie das Staatsvolk mit solchen Bedrohungslagen umzugehen denkt.
Der „Staat“, zumal der demokratische Rechtsstaat, entfernt sich im 21. Jahrhundert von seinem Staatsvolke, von dem – zumindest fiktiv und turnusmäßig – alle Staatsgewalt auszugehen scheint. Das tagespolitische Geschehen verdeutlicht mal wieder, dass wir einmal mehr um unsere Grundfreiheiten und im Zweifel für unser „Leben“ kämpfen müssen. Mit einem Kondolenzbesuch bei den Angehörigen der getöteten Passagiere dürfte es ebenso wenig getan sein wie mit der Übernahme der politischen Verantwortung und die Verabschiedung in den politischen Ruhestand. Wehret den Anfängen, so möge man den Oppositionsparteien zurufen und es bleibt zu hoffen, dass der Koalitionspartner jedenfalls in dieser Frage deutlich Position bezieht und sich vor allem durch eine „Standfestigkeit“ auszeichnet. So manchem Politiker ist dringend ein verfassungsrechtliches Lesestudium anbefohlen und vielleicht finden sich einige Staatsrechtler und freilich Staatsrechtlerinnen, die im Interesse aktueller Grundrechtsgefährdungen einen „Nachhilfeunterricht“ für die allzu geplagten Politiker anbieten.
Lutz Barth