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Quelle-Fertighaus der 1970er Jahre offen für Besucher des Freilichtmuseums am Kiekeberg bei Hamburg.

27.09.202111:20 UhrKunst & Kultur
Bild: Quelle-Fertighaus der 1970er Jahre offen für Besucher des Freilichtmuseums am Kiekeberg bei Hamburg.
Brüder Christian und Matthias Gröll vor ihrem früheren Zuhause, dem Quelle-Haus (© FLMK)
Brüder Christian und Matthias Gröll vor ihrem früheren Zuhause, dem Quelle-Haus (© FLMK)

(openPR) Rosengarten, 27.9.2021 – Jetzt ist es für Besucher offen – das Quelle-Fertighaus aus den 1960ern. Gebaut 1966 in Winsen, in einem Stück ins Freilichtmuseum am Kiekeberg transloziert und jetzt so eingerichtet, wie eine fünfköpfige Familie in den 1970ern in ihm wohnte. „Wer hat sonst so ein Glück?“ fragen sich die Söhne Christian und Matthias Gröll. Ihre Familiengeschichte wird in dem 105 qm großen Fertighaus gezeigt, inklusive Jugendzimmer, Designer-Lampen und Musikkassetten. Das Glück ist auf allen Seiten: Besucher tauchen ein in die Zeit vor 40 Jahren, schauen in Kühlschrank und Elternschlafzimmer und erinnern sich an vergangene Zeiten. Für das Freilichtmuseum sind die Original-Objekte, Tagebücher und Fotoalben ein großer Schatz für die Forschung.

 

Im Quelle-Haus, das junge Familien damals aus dem Katalog bestellen konnten, gehen Besucher durch Küche, Arbeits- und Schlafzimmer, sehen das Wohnzimmer mit Kunstwerken und Keramiken und die Sammlungen der Söhne im Jugendzimmer: Cola-Flaschen, Comic-Hefte und selbstverständlich Schallplatten. Das Wohnen im Fertighaus war 1968, als die Familie einzog, ungewöhnlich. Christian Gröll erklärt: „Man sieht, das Haus ist aus Platten zusammengesteckt, die Wände und die Decken. Freunde sagten ‚Das sieht doch nicht aus‘. Aber unsere Eltern haben das Haus immer verteidigt: ‚Das bleibt so, das ist der Charakter.‘ Wir alle waren begeistert von der neun Meter langen Panoramascheibe nach draußen.“ Sein Bruder Matthias Gröll ergänzt: „Damals traute sich das kaum einer zu kaufen. Alle wollten was Solides aus Stein.“ Diese Skepsis der Deutschen ging in die internationale Fachliteratur ein. Museumsdirektor Stefan Zimmermann erklärt: „Bei Häusern aus Holz dachten viele an Notbauweise nach dem Krieg. Es entwickelte sich der Begriff ‚Barackenkomplex‘. In unserer ‚Königsberger Straße‘ können Besucher diese Entwicklung gut nachvollziehen: Auf kleiner Fläche zeigen wir das Leben in einer Notunterkunft nach 1945, eines der frühen Flüchtlingshäuser aus den 1950ern – das erste eigene Dach über dem Kopf – und das moderne Leben im Fertighaus. Das Haus besticht mit einer hohen Funktionalität, es ist innovativ: Ein Haus als Massenprodukt, aus dem Katalog eines Versandhausriesen.“ Quelle warb damals für seine „Häuser von heute für Menschen von morgen“ und versprach einen „Aufbau in fünf Tagen“, was jedoch regelmäßig nicht eingehalten wurde.

 

Für Kuratorin Zofia Durda, die seit Jahren zum Haus forscht und es zusammen mit den Gröll-Brüdern einrichtete, ist die Arbeit mit dem Haus ein Eintauchen in ein eigenes Universum: „Es ist ein richtiger Glücksfall, es ist außergewöhnlich gut dokumentiert. Tagebücher der Mutter Gisela Gröll, Fotografien, wenig Umbauten, die Schilderungen der Brüder Gröll. Auf dieser Basis werden wir auf jeden Fall weiter forschen.“

 

So ungewöhnlich das neue Gebäude am Kiekeberg ist, so ungewöhnlich ist auch seine Geschichte: Es wurde 1966 als Musterhaus der Quelle-Fertighaus GmbH in der Mozartstraße in Winsen erbaut und 1968 von Familie Gröll bezogen. Schon 2015 schlossen Gisela Gröll und das Freilichtmuseum einen Überlassungsvertrag, die Söhne waren zunächst skeptisch: Wie sollte ein ganzes Gebäude ins Museum kommen? Nach dem Tode Gisela Grölls ging alles rasch: Am 20. August 2019 wurde das Gebäude in einem Stück ins Museum geholt. Museumsarchitektin Theda Pahl erinnert sich: „Eine Translozierung ist eine besondere Bauaufgabe, da muss man respektvoll mit umgehen. Das Quelle-Haus besitzt ein Stahlkorsett, das hat es uns und den Spezialisten einfacher gemacht. Die Statik des Gebäudes ist gut, es ist ein noch heute üblicher Holz-Rahmen-Bau.“ In zwei Tagen hat alles gut geklappt, am 21. August wurde das Gebäude am Kiekeberg auf den vorgemauerten Keller gesetzt und seitdem professionell restauriert und eingerichtet, „so dass die Patina erhalten bleibt“, ergänzt Theda Pahl, „Wir zeigen das Haus mit allen Veränderungen und Erlebnissen.“

 

Das Quelle-Fertighaus aus dem Katalog wurde am 20. und 21. August 2019 im Rahmen des Projekts „Königsberger Straße. Heimat in der jungen Bundesrepublik“ ins Freilichtmuseum am Kiekeberg geholt. Als eines von fünf Häusern – einschließlich Gärten, Straßenlaternen, Litfaßsäule und Telefonzelle – verdeutlicht es die rasanten Entwicklungen beim Bauen und Wohnen, in Freizeit und Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Fertighaus wurde 1966 in Winsen gebaut, die bisherigen Eigentümer zogen 1968 ein.  Am Kiekeberg ist das Haus so eingerichtet, wie die Eigentümerfamilie in den 1970er Jahren in ihm wohnte. Ab dem 25. September 2021 steht es den Besuchern offen. Mit dem Großprojekt „Königsberger Straße“ errichtet das Freilichtmuseum am Kiekeberg in den kommenden Jahren eine Baugruppe mit Gebäuden, die typisch für das Leben in der Nachkriegszeit sind und bis heute das Erscheinungsbild von Dörfern in ganz Deutschland prägen. Das Quelle-Fertighaus bildet darin den zeitlichen Abschluss. 

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