(openPR) Die Landesarbeitsgemeinschaft der hessischen Clubs Behinderter und Ihrer Freunde (CBF Hessen) zieht eine kritische Bilanz der Amtszeit von Ministerpräsident Roland Koch. Anlässlich seiner Ankündigung, sich bis Jahresende von allen politischen Ämtern zurückziehen zu wollen, hofft Tom Korb, Vorstandssprecher des CBF Hessen, auf einen Neuanfang in der hessischen Behindertenpolitik: „In elf Jahren unter Ministerpräsident Roland Koch konnte die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in Hessen nicht verbessert werden. Die von der Landesregierung initiierten Programme, wie die Verabschiedung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetz (HessBGG) oder das Hessische Schwerstbehindertenprogramm zur Bereitstellung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, erbrachten nicht die gewünschte Breitenwirkung oder verpufften wirkungslos.“ Mit dem personellen Wechsel in der Hessischen Staatskanzlei verbindet der CBF Hessen die Hoffnung, dass der Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen mit frischen Elan begegnet wird.
Am 5. Dezember 2008 wurde die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom Deutschen Bundestag ratifiziert. Damit verpflichtet sich Deutschland, das internationale Übereinkommen in nationales Recht umzusetzen.
Obwohl laut Artikel 67, Satz 1 der Hessischen Landesverfassung die Regeln des Völkerrechts auch bindende Bestandteile des Landesrechts sind, steht eine umfassende Prüfung der Landesgesetzgebung hinsichtlich des notwendigen Novellierungsbedarfs bis heute aus. „Zwar findet unter Trägerschaft der Hessischen Landesregierung zurzeit eine landesweite Veranstaltungsreihe zum Thema UN-Konvention statt, doch verbindliche Schritte zur Umsetzung in Landesrecht wurden bis heute nicht eingeleitet“, berichtet Korb.
Obwohl der CBF Hessen bereits im Vorjahr darauf hingewiesen habe, dass die Neufassung des HessBGG nicht in allen Punkten der UN-Konvention folgt, wurde die Gesetzesnovelle von Ministerpräsident Roland Koch unterschrieben. „Auf Initiative der Sozial- und Selbsthilfeverbände konnte der Finanzierungsvorbehalt aus dem HessBGG entfernt werden. Darüber hinaus klammert das Gesetz seit dem 1. Januar 2010 auch die kommunalen Gebietskörperschaften nicht mehr aus. Allerdings beinhaltet das neue HessBGG keinerlei Handlungspflichten. Das Gesetz beschreibt lediglich den Auftrag an die Kommunen, bis zum Ablauf des Gesetzes Ende 2014 über die Gleichstellungsbemühungen, z.B. hinsichtlich baulicher Maßnahmen, zu berichten. Konkrete Handlungen sind nicht vorgesehen“, schildert Korb.
„Die Hessische Landesregierung betont, dass sie bereits am 12. November 2008 der UN-Konvention mit einem Kabinettsbeschluss zugestimmt habe. Seitdem ist nicht viel geschehen. Der angekündigte hessische Aktionsplan steht genauso aus, wie ein zielgerichteter und offener Dialog mit den Selbsthilfeverbänden und -Organisationen“, kritisiert Korb. Wichtige landespolitische Themen, wie der Gemeinsame Unterricht, die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft, z.B. durch die pflichtgemäße Ernennung von kommunalen Behindertenbeauftragten in Städten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern, oder eine Neuordnung der kommunalen Behindertenfahrdienste wurden unter Roland Koch nicht aktiv angesprochen.
„Der CBF Hessen fordert neue Impulse für eine zukunftsweisende Behindertenpolitik in Hessen, die nicht nur das Pflichtenheft internationaler Abkommen oder neuer Bundesgesetze abarbeitet. Wir wünschen uns, das der/die kommende Ministerpräsident/in des Landes Hessen die Chance nutzt, die Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen als politische Agenda zu verstehen, die seine oder ihre Amtszeit prägt.“ Der CBF Hessen, so Korb abschließend, steht jederzeit für Gespräche und einer engen Zusammenarbeit bereit.