(openPR) 17 Jahre lang stand Wilhelm Bender an der Spitze des Flughafenbetreibers. Mit Stefan Schulte übernimmt nun ein kühler Stratege die Geschäfte - ein Wechsel, den vor allem die Airlines zu spüren bekommen werden.
Wilhelm Bender lässt keinen Zweifel aufkommen, wer noch Chef von Fraport ist. Wenn der 65-Jährige am Mittwoch sein Büro räumt, dann nur notgedrungen: Es muss renoviert werden. Früher aufzuhören kommt für den Manager deswegen jedoch nicht infrage - auch nach 17 Jahren nicht. Für die drei letzten Arbeitstage hat er sich noch ein Ersatzbüro organisiert.
Wenn Bender am 1. September an den bisherigen Finanzvorstand Stefan Schulte übergibt, ist das nicht nur für ihn, sondern auch für den Flughafenbetreiber eine Zäsur. Bender gilt als politischer Lenker, als "Mister Luftverkehr". Seine Kontakte reichen in die Vorstandsetagen und nach Berlin.
Er gilt als diskussionsfreudig, aber konsensorientiert. Als einer, der stets das große Ganze vor Augen hat. Für Schulte hingegen zählen Zahlen: Der ausgewiesene Finanzexperte tritt nüchterner auf, seine Interessen bemessen sich am Kapitalmarkt, nach Kennziffern wie Umsatz, Gewinn und Rendite. Ein Stilwechsel mit Folgen - denn auch bei den Fraport-Kunden, den Fluggesellschaften, werden derzeit heftig Taschenrechner und Excel-Listen strapaziert.
Keine von beiden Seiten hat derzeit etwas zu verschenken: Passagiere und Fracht bleiben angesichts der Weltwirtschaftskrise aus. Die Chefs von großen Konzernen wie Air France-KLM oder British Airways haben ihre Prognosen deutlich herunterkorrigiert. Manager wie Wolfgang Mayrhuber, Chef von Fraports wichtigstem Kunden Lufthansa, hinterfragt inzwischen sogar öffentlich sein bisheriges Geschäftsmodell.
Doch auch die Flughafenbetreiber wie Fraport leiden unter der Branchenflaute: Weniger Passagiere bedeuten für sie vor allem auch weniger Kunden in ihren Terminalläden. Ein herber Einschnitt: Inzwischen spielen solche Geschäfte eine bedeutendere Rolle als der eigentliche Flugbetrieb.
Einen Vorgeschmack auf seine erste Bewährungsprobe hat der designierte Fraport-Chef Schulte schon bekommen. Um 8,4 Prozent will Fraport die Gelder, die sie für Starts und Landungen kassiert, ab Januar erhöhen - und begründet das mit dem 7 Mrd. Euro teuren Ausbau des Frankfurter Flughafens, von dem nach Ansicht der Fraport-Manager auch die Fluglinien profitieren. Ein "Schaden für Deutschland als Luftfahrtstandort" wäre das, motzt jedoch die mächtige Lufthansa - und stellt sich quer.
Für einen kühlen Rechner wie Schulte ein schwieriger Spagat: Nach seinen Berechnungen sind die 8,4 Prozent bereits ein Kompromiss, die Kosten decken sie nicht. Aber schon diese Erhöhung durchzusetzen dürfte in dem Umfeld "relativ ambitioniert" sein, sagt Commerzbank-Analyst Johannes Braun.
Mit Spannung verfolgt die Branche, wie Schulte sich schlägt. Ohnehin ist sein Erbe ein großes. In seinen 17 Jahren baute Bender den einst behäbigen Staatskonzern in eine börsennotierte Gesellschaft um, die inzwischen mit Wettbewerbern wie der australischen Macquarie-Gruppe um Aufträge in aller Welt buhlt.
Respekt zollen ihm Weggefährten für seinen Umgang mit dem ebenso teuren wie umstritten Ausbau des Frankfurter Flughafens: Bis heute wehren sich die Bürger - und damit auch Wähler - in der Region dagegen. Fraports größter Gesellschafter ist jedoch ausgerechnet das Land Hessen. "Bender hat dieses unpopuläre Thema sehr sorgfältig und konsequent umgesetzt", sagt Martin Gaebges, Chef des Verbands Barig, der alle Fluglinien in Deutschland vertritt.
An Schulte liegt es nun, das Megaprojekt voranzutreiben. "Er ist ein guter Mann, und Bender hinterlässt ihm ein gut aufgestelltes Haus", gibt sich Branchenkenner Gaebges jedoch optimistisch. Und für die Rahmenbedingungen gelte immerhin: "Viel schlechter als derzeit können sie ja kaum werden."