(openPR) Die neuen Träger*innen des wichtigsten Forschungsförderpreises in Deutschland stehen fest: Der Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat heute drei Wissenschaftlerinnen und sieben Wissenschaftlern den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2026 zuerkannt. Sie waren zuvor vom zuständigen Auswahlausschuss aus 144 Vorschlägen ausgewählt worden. Von den zehn Preisträger*innen kommen drei aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, zwei aus den Lebenswissenschaften, drei aus den Naturwissenschaften sowie zwei aus den Ingenieurwissenschaften. Die Ausgezeichneten erhalten jeweils ein Preisgeld von 2,5 Millionen Euro. Diese Gelder können sie bis zu sieben Jahre lang nach ihren eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre Forschungsarbeit verwenden. Die Leibniz-Preise werden feierlich am 18. März 2026 in Berlin vergeben.
Den „Förderpreis im Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm“ der DFG für das Jahr 2026 erhalten:
• Professor Dr. Klaus Blaum, Experimentelle Physik, Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg
• Professor Dr. Christian Doeller, Biologische Psychologie, Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig
• Professor Dr.-Ing. Christian Hasse, Energieverfahrenstechnik, TU Darmstadt
• Professor Dr. Johannes Krause, Archäogenetik, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
• Professorin Dr. Julia Mahamid, Strukturbiologie, European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Heidelberg
• Professor Dr. Klaus-Robert Müller, Maschinelles Lernen, TU Berlin
• Professor Dr. Frank Pollmann, Theoretische Physik der kondensierten Materie, TU München
• Professor Dr. Armido Studer, Organische Molekülchemie, Universität Münster
• Professorin Dr. Barbara Vetter, Theoretische Philosophie, FU Berlin
• Professorin Dr. Cornelia Zumbusch, Neuere deutsche Literatur, Universität Hamburg
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG verliehen. Pro Jahr können bis zu zehn Preise mit einer Preissumme von jeweils 2,5 Millionen Euro verliehen werden. Mit den diesjährigen Auszeichnungen sind bislang insgesamt 438 Leibniz-Preise vergeben worden. Davon gingen 104 in die Geistes- und Sozialwissenschaften, 128 in die Lebenswissenschaften, 139 in die Naturwissenschaften, und 67 in die Ingenieurwissenschaften. Da Preis und Preisgeld in Ausnahmefällen geteilt wurden, ist die Zahl der Ausgezeichneten höher als die der Preise. Insgesamt haben bislang 465 Nominierte den Preis erhalten, darunter 384 Wissenschaftler und 81 Wissenschaftlerinnen.
Zwei Leibniz-Preisträgerinnen und zehn Leibniz-Preisträger haben nach der Auszeichnung mit dem wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland auch den Nobelpreis erhalten: 1988 Professor Dr. Hartmut Michel (Chemie), 1991 Professor Dr. Erwin Neher und Professor Dr. Bert Sakmann (beide Medizin), 1995 Professorin Dr. Christiane Nüsslein-Volhard (Medizin), 2005 Professor Dr. Theodor W. Hänsch (Physik), 2007 Professor Dr. Gerhard Ertl (Chemie), 2014 Professor Dr. Stefan W. Hell (Chemie), 2020 Professorin Dr. Emmanuelle Charpentier (Chemie) und Professor Dr. Reinhard Genzel (Physik), 2021 Professor Dr. Benjamin List (Chemie), 2022 Professor Dr. Svante Pääbo (Medizin) sowie 2023 Professor Dr. Ferenc Krausz (Physik).
Die Leibniz-Preisträger*innen 2026 im Kurzporträt:
Professor Dr. Klaus Blaum vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg erhält den Leibniz-Preis für seine Präzisionsmessungen von Naturkonstanten und Symmetrien mithilfe von Ionen in elektromagnetischen Fallen.
Die Forschung von Klaus Blaum ist gekennzeichnet durch seine Leidenschaft für Präzision. Der Physiker möchte fundamentale physikalische Konstanten genauer bestimmen, Symmetrien und Kräfte der Natur präziser verstehen und das Standardmodell der Teilchenphysik experimentell auf den Prüfstand stellen. Dazu sperrt er einzelne Ionen in einer Überlagerung aus elektrischen und magnetischen Feldern ein und vermisst ihre Eigenschaften, zum Beispiel ihre Massen und magnetischen Momente. Er erzielte bahnbrechende Ergebnisse bei der Untersuchung der Unterschiede von Materie und Antimaterie, unter anderem gelang ihm der genaueste Vergleich des Ladungs-zu-Masse-Verhältnisses von Protonen und Antiprotonen. Auch in der Atomphysik hat Blaum Wichtiges erreicht: Beispielsweise konnte er theoretische Vorhersagen für das magnetische Moment eines Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Zinn-Ion mit noch nicht erreichter Genauigkeit testen und bestätigen. In einem solchen Ion erfährt ein Elektron ein extrem starkes elektrisches Feld. Zudem führte er die weltweit genaueste Messung der maximalen frei werdenden Energie im radioaktiven Zerfall von Holmium 163 durch – ein bedeutendes Ergebnis für die weltweiten Versuche, die Masse von Neutrinos absolut zu bestimmen.
Klaus Blaum studierte Physik an der Universität Mainz, wo er auch promovierte. Ab 2000 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf, Schweiz. 2004 übernahm er die Leitung einer Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe an der Universität Mainz und wurde dort 2006 habilitiert. Ein Jahr später wurde er als Direktor an das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg berufen und lehrt seit 2008 als Honorarprofessor an der Universität Heidelberg. Blaum erhielt zweimal einen ERC Advanced Grant (2011, 2019) und unter anderem die Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (2025) und den Lise-Meitner-Preis der Europäischen Physikalischen Gesellschaft (2020). Er ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie Auswärtiges Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften.
Professor Dr. Christian Doeller vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Kognitiven Neurowissenschaften und der Psychologie, mit denen er wertvolle Erkenntnisse über die Struktur des menschlichen Denkens liefert.
Wie funktionieren menschliches Denken und das Gehirn? An der Beantwortung dieser Frage arbeitet der Psychologe Christian Doeller seit Jahrzehnten. Als einer der führenden Gedächtnisforscher erzielte er mit seinen Arbeiten bahnbrechende Durchbrüche in der Erforschung der neuronalen Raumkognition, also den Fähigkeiten eines Menschen, sich zu orientieren, einen Raum wahrzunehmen und darin zu handeln. Doeller zeigte: Räumliche Zusammenhänge können auch in abstrakte Kategorien umkodiert werden und bilden somit die neuronale Grundlage logischen Denkens, Schlussfolgerns und Entscheidens. Unter anderem entwickelte Doeller Analysemethoden der Bildgebung, mit denen er zum ersten Mal Signale im menschlichen Gehirn entdecken konnte, die den Gitterzellen entsprechen – Zellen, die zuvor bei Ratten gefunden worden waren und den Tieren ein Koordinatensystem liefern, mit der die eigene Position ermittelt werden kann. Doellers Erkenntnisse helfen auch, zu verstehen, wie und warum Erkrankungen des menschlichen Gehirns zu bestimmten kognitiven Beeinträchtigungen führen.
Christian Doeller studierte Psychologie und Informatik an den Universitäten Bonn und Würzburg sowie an der HU Berlin und promovierte anschließend in Psychologie an der Universität des Saarlandes. Nach Stationen als Postdoc am University College London und als Associate Professor und Principal Investigator an der Radboud University in Nijmegen, Niederlande, nahm er 2016 eine Professur für Neurowissenschaft am Kavli Institute for Systems Neuroscience der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) in Trondheim an. Wenig später wurde er zum Mitglied der Königlichen Norwegischen Gesellschaft der Wissenschaften gewählt. 2018 folgte der Wechsel an das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, wo er als Direktor die Abteilung Psychologie leitet. Er ist Honorarprofessor an der TU Dresden sowie der Universität Leipzig und seit 2023 Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft.
Professor Dr.-Ing. Christian Hasse von der TU Darmstadt erhält den Leibniz-Preis für seine Beiträge zur Entwicklung neuartiger Verbrennungsprozesse zur klimaneutralen Energiegewinnung, insbesondere für die Entwicklung von mathematischen Modellen als Grundlage für Prozessbewertungen und technische Umsetzungen.
Lösungen für die Energiewende und andere gegenwärtige Herausforderungen zu finden – das ist das große Ziel des Maschinenbauingenieurs Christian Hasse. Dabei schafft er es erfolgreich, eine Brücke zwischen erkenntnisgeleiteter Wissenschaft und praktischer Anwendung zu schlagen. Er widmet sich vor allem thermofluidischen Phänomenen, das heißt Systemen, bei denen der Wärme- und Stoffaustausch zwischen einem Fluid und seiner Umgebung stattfindet. Um solche Phänomene besser zu verstehen, entwickelt Hasse mathematische Modelle und Simulationsmethoden, die es ermöglichen, reaktive Strömungen auf Hochleistungsrechnern zu analysieren. Seine Arbeiten legten unter anderem bereits wichtige Grundlagen für einen zuverlässigen und effizienten Betrieb von Wasserstoffgasturbinen, die kein CO₂ freisetzen. Der Ansatz: Gut verfügbare Metalle wie Eisen und Aluminium besitzen ein großes Potenzial für die Gewinnung, die Speicherung und den Transport von Energie und könnten substanziell zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen.
Christian Hasse studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen und promovierte dort 2004 im selben Fach. Nach seiner mit Auszeichnung abgeschlossenen Dissertation ging er in die Industrie, wo er knapp sechs Jahre an der Entwicklung von Abgasreinigungssystemen forschte. 2010 kehrte er in die Grundlagenforschung zurück und nahm einen Ruf an die TU Bergakademie Freiberg an. Seit 2017 leitet Hasse an der TU Darmstadt den Lehrstuhl „Simulation reaktiver Thermo-Fluid Systeme“. Seine Arbeiten und Projekte im Umfeld der Aluminiumverbrennung wurden 2024 mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet. Seit 2025 ist er Fellow of the Royal Aeronautical Society (UK).
Professor Dr. Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig erhält den Leibniz-Preis für seine Beiträge zur Archäogenetik, mit denen er eine evidenzbasierte Grundlage für die Geschichte von Seuchen schuf.
Wo sind die Ursprünge historischer Infektionserreger und -krankheiten und wie haben sich diese ausgebreitet und evolutionär weiterentwickelt? Der Biochemiker Johannes Krause schafft es, einen Teil dieser Vergangenheit zu rekonstruieren. Ein Meilenstein war, als er das Bakterium Yersinia pestis als Erreger des Schwarzen Todes identifizierte und so das Feld der Alte-Pathogen-Genomik wesentlich mitbegründete, das natur- und kulturwissenschaftliche Fragestellungen miteinander verzahnt. Seither hat Krause die genetischen Signaturen einer Reihe historischer Erreger aus menschlichen Skeletten untersucht. Dazu zählen Bakterien und Parasiten, die Krankheiten wie Pest, Tuberkulose, Malaria oder Hepatitis verursachen. Unter anderem schaffte er es, anhand alter DNA in Kombination mit historischen Quellen aus dem Tianshan-Gebiet den Beginn der zweiten Pestpandemie auf 1338 bis 1339 zu datieren und in Zentralasien zu verorten. Weitere Meilensteine stellen Krauses Studien zur Rekonstruktion der (prä)historischen Besiedlungsgeschichte auf verschiedenen Kontinenten dar. Seine Arbeiten geben uns Einblicke, wie Infektionskrankheiten die Geschichte der Menschheit begleitet haben. Sie helfen, eine eurozentrische Perspektive zu korrigieren und globale Mechanismen in den Blick zu rücken.
Johannes Krause studierte Biochemie an der Universität Leipzig sowie am University College Cork und wurde 2008 an der Universität Leipzig in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI-EVA) promoviert. 2010 wechselte er an die Universität Tübingen, wo er zunächst eine Juniorprofessur für Paläogenetik und im Anschluss eine W3-Professur für Archäo- und Paläogenetik innehatte. 2014 bis 2020 war er Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena, seit 2018 ist er zudem Professor für Archäogenetik an der Universität Jena und seit 2020 Direktor der Abteilung Archäogenetik am MPI-EVA in Leipzig. Er erhielt einen ERC Starting Grant (2013) und einen ERC Synergy Grant (2020). Zu seinen Auszeichnungen zählen unter anderem der AAAS Newcomb Cleveland Prize 2010 und der Fabio-Frassetto-Preis 2020. Seit 2024 ist Krause Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Professorin Dr. Julia Mahamid vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg erhält den Leibniz-Preis für ihre Beiträge zur In-situ-Strukturbiologie, mit denen sie das Verständnis der molekularen Architektur und zellulärer Prozesse auf eine neue Ebene gehoben hat.
Julia Mahamid beschäftigt sich mit der räumlichen Struktur biologischer Makromoleküle, insbesondere von Proteinen. Solche Strukturdaten helfen dabei, die molekularen Mechanismen zellulärer Prozesse und krankheitsbedingter Abläufe besser zu verstehen. Mahamids Arbeiten zählen zu den einflussreichsten ihrer Generation – im Zentrum ihres Erfolgs stehen die Weiterentwicklung moderner Kryo-Elektronentomographie und die innovative Kombination von Methoden. Sie verknüpft eine Technik, bei der ein fokussierter Ionenstrahl gefrorene Zellen hauchdünn abträgt, mit einer Methode, die Licht- und Elektronenmikroskopie miteinander verbindet, und unterstützt dies durch moderne KI-gestützte Bildanalyse. Dadurch erzielte sie bereits eine Reihe von Durchbrüchen: Unter anderem rekonstruierte sie erstmals die vollständige Dynamik der Proteinbiosynthese in einer intakten Bakterienzelle. Zudem weitete sie ihre Ansätze auf Viren aus und erklärte, wie Zellstress einen „schlafenden“ Virus aufweckt. Damit eröffnete sie neue Wege für die Erforschung chronischer Virus-Wirt-Interaktionen.
Julia Mahamid studierte Biologie und Chemie an den israelischen Institutionen Technion, Haifa, und Weizmann Institute of Science, Rechovot, wo sie 2010 über Prozesse der Biomineralisation promovierte. Nach einer Tätigkeit als Postdoc am Max-Planck-Institut für Biochemie ab 2011 wechselte sie 2017 als Gruppenleiterin an das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg. Dort wurde sie 2021 Senior Scientist und ist seit 2024 Leiterin der „Molecular Systems Biology Unit“. Sie ist Mitglied der European Molecular Biology Organisation (EMBO) und Trägerin zahlreicher Auszeichnungen, darunter der EMBO Gold Medal 2023, des Frankfurter Biophysik-Preises 2022, des Ernst-Ruska-Preises 2021 und des Nikon Imaging Awards 2019. Zudem leitet sie derzeit den ERC Synergy Grant „TransFORM“.
Professor Dr. Klaus-Robert Müller von der TU Berlin erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten zu theoretischen Entwicklungen im Bereich des Maschinellen Lernens und deren Anwendung in den Naturwissenschaften.
Klaus-Robert Müllers Forschung zeichnet sich dadurch aus, dass sie formales mathematisches Denken mit einem stark anwendungsorientierten Vorgehen verbindet. Bereits in den 1990er-Jahren legte er gemeinsam mit Vladimir Vapnik die Grundlagen auf dem Gebiet der sogenannten Support-Vector-Machines (SVM), die eine der wichtigsten theoretischen Entwicklungen im Bereich des Maschinellen Lernens darstellen. Zudem leistete er herausragende theoretische und praktische Arbeiten zu tiefen neuronalen Netzwerken. Seine neueren Studien legen Grundlagen im Bereich der erklärbaren künstlichen Intelligenz (explainable artificial intelligence, XAI) – eine Forschungsrichtung, die darauf abzielt, die Arbeitsweise von AI-Systemen zu verstehen und zu erklären, wie Lernalgorithmen zu ihren Vorhersagen kommen. Zudem gelangen Müller bahnbrechende Arbeiten, die das Maschinelle Lernen in den Wissenschaften einsetzen. Ein Fokus liegt dabei auf der Physik und der Chemie. So ist es ihm gelungen, Maschinelles Lernen zur Vorhersage von Lösungen der Schrödinger-Gleichungen einzusetzen.
Klaus-Robert Müller studierte Physik an der Universität Karlsruhe und schloss dort 1992 seine Promotion im Fach Informatik ab. Es folgten zwei Jahre als Postdoc am GMD – Forschungszentrum Informationstechnik in Berlin und ein Forschungsaufenthalt an der Universität Tokyo, Japan. Von 1995 bis 2008 leitete er eine Forschungsgruppe am Berliner GMD FIRST, das 2001 zum Fraunhofer FIRST wurde, und nahm 2003 einen Ruf an die Universität Potsdam an. Seit 2006 ist er Professor an der TU Berlin und leitet als Direktor auch das Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD). Seine wissenschaftlichen Beiträge erhielten zahlreiche Preise, unter anderem den Vodafone Innovationspreis 2017, den Hector Wissenschaftspreis 2023 und den Feynman Prize in Nanotechnology 2024. Müller ist Mitglied der Leopoldina, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).
Professor Dr. Frank Pollmann von der TU München erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten zur theoretischen Quantenphysik, insbesondere zur statistischen Mechanik vieler Teilchen und deren Verbindung zur Quanteninformationstheorie.
Materie tritt in verschiedenen Phasen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf – Frank Pollmann interessiert sich insbesondere für topologische Phasen, die sich mit ihren niedrigen Energieanregungen stark von herkömmlichen Phasen der Materie unterscheiden. Diese „exotischen“ Phasen könnten in Zukunft als Bausteine für Quantencomputer dienen. Als theoretischer Physiker arbeitet Pollmann unter anderem daran, konkrete dynamische Eigenschaften solcher Phasen vorherzusagen und in Modellsystemen zu simulieren. Bei der Erkundung neuer Phänomene liegt sein Schwerpunkt auf sogenannten Spingittermodellen. Hierzu hat er bahnbrechende Methoden zur numerischen Simulation dieser Modelle entwickelt; die von ihm frei zur Verfügung gestellten Algorithmen haben weitere Forschung beflügelt. In jüngster Zeit zeigte er durch eine Fehleranalyse, dass real existierende Quantenrechner zur numerischen Simulation von topologischen Phasen in Quantengittermodellen eingesetzt werden können. Diese und weitere Arbeiten machen ihn zu einem Vorreiter des wissenschaftlichen Rechnens.
Frank Pollmann studierte Physik an der TU Braunschweig und dem Royal Institute of Technology in Stockholm, Schweden. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme (MPIPKS) und der TU Dresden im Jahr 2006 forschte er als Postdoc am MPIPKS, an der University of California, Berkeley, USA, und an der Academia Sinica in Taipeh, Taiwan. 2011 kehrte er nach Deutschland zurück, um eine Nachwuchsgruppe am MPIPKS zu leiten. Im Jahr 2016 wurde Pollmann zum Associate Professor und 2022 zum Full Professor an der TU München ernannt. Er erhielt zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen, unter anderem die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft 2007, den Walter-Schottky-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 2015 und einen ERC Consolidator Grant 2017.
Professor Dr. Armido Studer von der Universität Münster erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der organischen Radikalchemie, insbesondere für die Entwicklung nachhaltiger Syntheseverfahren mit organischen Radikalen.
Die Forschung von Armido Studer ist getrieben von Kreativität und Innovation in der organischen Radikalchemie. Er entwickelt nachhaltige Syntheseverfahren mit organischen Radikalen – reaktionsfreudigen Molekülen, die mindestens ein ungepaartes Elektron aufweisen. Diese Radikale können geschickt zur Wanderung von Molekülfragmenten genutzt werden. Als weltweiter Pionier für grüne Radikalchemie konnte Studer zinnfreie Reaktionen etablieren und das sogenannte TEMPO-Radikal für neuartige Transformationen von Molekülen einsetzen. Studer prägte die nachhaltige Synthesechemie durch innovative Photokatalyse und Triplekatalyse, was zu bahnbrechenden Studien in der Aktivierung von Wasser führte. In den vergangenen Jahren beschäftigte er sich mit Arbeiten zur konkreten praktischen Verwendung des Elektrons als Katalysator. Dieses Konzept wurde bereits in einer Reihe chemischer Reaktionen angewendet. Darüber hinaus hat er visionäre Beiträge in anderen Gebieten geleistet, zum Beispiel zur Synthese von Metall-Nanopartikeln und zur kontrollierten Radikalpolymerisation.
Armido Studer studierte an der ETH Zürich und promovierte dort 1995. Es folgten ein einjähriger Aufenthalt als Postdoc an der University of Pittsburgh, USA, und im Jahr 2000 seine Habilitation an der ETH Zürich. Im Anschluss nahm er einen Ruf an die Universität Marburg an. Seit 2004 ist Studer Professor für Organische Chemie an der Universität Münster. Er erhielt eine Vielzahl an internationalen wissenschaftlichen Preisen, zuletzt 2024 den Paracelsus-Preis der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft. Zudem wurde er 2016 und 2024 mit jeweils einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet. Er ist Mitglied in der European Academy of Sciences, der Academia Europaea, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.
Professorin Dr. Barbara Vetter von der FU Berlin erhält den Leibniz-Preis für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Theorie der Modalität, also unter anderem der Frage, wie sich Möglichkeiten denken lassen.
Die Frage, wie sich Möglichkeiten denken lassen, beschäftigt die Philosophie seit ihren Anfängen. In der zeitgenössischen analytischen Philosophie dominiert dazu das Modell einer Pluralität möglicher Welten. Barbara Vetter hat dieses Modell einer grundsätzlichen Kritik unterzogen und entwickelte ein alternatives Konzept – nämlich das der Potenzialität –, das Möglichkeiten als treibende Kraft und Vermögen in der aktuellen Welt darstellt. Die Arbeit wurde in der Fachwelt auch für ihre handwerkliche Virtuosität gelobt und hat die Diskussion maßgeblich beeinflusst. Aktuell arbeitet Vetter daran, den Ansatz handlungs- und erkenntnistheoretisch weiterzuentwickeln: Wie unterscheiden sich Fähigkeiten von anderen Möglichkeiten, beispielsweise Veranlagungen? In welcher Beziehung stehen kognitive und praktische Fähigkeiten zueinander? Wie erfahren wir etwas über unsere eigenen Fähigkeiten? Ihre These dabei: Die Kenntnis der eigenen Fähigkeiten und Handlungsoptionen ist für Handelnde die Grundlage ihres Wissens um Möglichkeiten. Mit ihren Arbeiten trägt Vetter dazu bei, Deutschland zu einem international interessanten Ort einer zeitgenössischen analytischen Metaphysik, Erkenntnistheorie und Handlungstheorie zu machen.
Barbara Vetter studierte Philosophie an der Universität Erlangen und der University of Oxford, wo sie 2010 auch promovierte. Ende 2010 wurde sie Juniorprofessorin an der HU Berlin. 2016 nahm sie einen Ruf an die Universität Erlangen an, bevor sie ein Jahr später ihre heutige Professur für theoretische Philosophie an der FU Berlin antrat. Vetter hat zahlreiche prestigeträchtige Auszeichnungen erhalten, unter anderem den Wolfgang Stegmüller-Preis der Gesellschaft für analytische Philosophie und den „Hanfling Scholar of the Faculty of Philosophy“ der University of Oxford. Sie engagiert sich in den Leitungsgremien nationaler und internationaler Wissenschaftseinrichtungen und ist Co-Sprecherin der DFG-Kollegforschungsgruppe „Human Abilities“. Zudem engagiert sie sich gegen die Unterrepräsentation von Frauen in der Philosophie.
Professorin Dr. Cornelia Zumbusch von der Universität Hamburg erhält den Leibniz-Preis für ihre Arbeiten zur deutschen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, insbesondere zum Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Literatur.
In welcher Wechselwirkung stehen Literatur und Wissenschaft miteinander? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Wissenspoetik – ein Feld, dem Cornelia Zumbusch mit ihrer Forschung neue und entscheidende Impulse gegeben hat. Zumbuschs Arbeiten zum Wissen der Literatur bewegen sich an den Schnittstellen von Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft und Intellectual History und zeigen: Literatur ist nicht nur ein Medium, das sich auf Augenhöhe mit den Wissenschaften bewegt, sie ist selbst eine wissensformende, im weitesten Sinn erkenntnistheoretische Kraft. In ihren Studien zur Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts zeigte Zumbusch, wie Literatur modernes Wissen und jahrtausendealte Form-, Bild- und Gattungstraditionen miteinander verbindet. Ihre jüngst erschienene Monografie zur „Romantischen Thermodynamik“ stellt eindrucksvoll dar, wie die Literatur an der Ausformung des modernen Energiediskurses beteiligt ist. Weit über die Grenzen der Germanistik hinaus zählt Cornelia Zumbusch zu den produktivsten und international renommiertesten Literaturwissenschaftler*innen ihrer Generation.
Cornelia Zumbusch studierte Neuere deutsche Literatur, Anglistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Tübingen und Berlin und promovierte 2003 an der FU Berlin. Nach einer wissenschaftlichen Assistenz am Institut für deutsche Philologie der LMU München habilitierte sie sich dort 2009 über „Die Immunität der Klassik. Reinheit, Schutz und Unempfindlichkeit bei Schiller und Goethe“. Seit 2013 hat sie eine Professur für Neuere deutsche Literatur mit Schwerpunkt 18. und 19. Jahrhundert am Institut für Germanistik der Universität Hamburg inne. Zudem nahm sie Gastprofessuren wahr, 2020 an der Harvard University und 2023 an der University of California. Seit 2015 ist sie Co-Direktorin des Warburg-Hauses und Co-Sprecherin der von ihr mitinitiierten DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Imaginarien der Kraft“.
Weiterführende Informationen
Terminhinweis:
Die Verleihung der Leibniz-Preise findet am 18. März 2026, um 16 Uhr, im Leibniz-Saal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin statt. Die Veranstaltung wird auch im Livestream übertragen. Medienvertreter*innen erhalten eine gesonderte Einladung.
Medienkontakt:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109,![]()
Fachliche Ansprechperson in der DFG-Geschäftsstelle:
Dr. Christina Elger, Tel. +49 228 885-3117,![]()









