(openPR) Ein Diplom-Sportlehrer aus Nordrhein-Westfalen streitet mit seinem Dienstvorgesetzen darüber, ob das beklagte Land verpflicht sei, Beihilfe an ihn in Höhe von 50,89 € für seine beiden Töchter zu zahlen, nachdem der Frauenarzt Kontrazeptionsmittel (Cilest bzw. Desmin) zur Vermeidung von Zyklusbeschwerden für die beiden Töchter verschrieben hat.
Das Arbeitsgericht Essen hatte der eingereichten Klage stattgegeben, da es durch die Entscheidung der Beihilfestelle einen Eingriff in die Therapiefreiheit des behandelnden Arztes sah. Im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf vertrat das beklagte Land die Auffassung, dass Güter des täglichen Bedarfs grundsätzlich nicht beihilfefähig seien. Außerdem gäbe es eine breite Palette von Alternativverordnungen, die ebenfalls geeignet seien, um Zyklusstörungen zu behandeln. Dieser Rechtsauffassung folgte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 27.06.2006, zumal der Kläger nicht die konkrete körperliche Verfassung seiner Töchter dargelegt hatte. Es wurden lediglich "Zyklusstörungen" attestiert und dass Landesarbeitsgericht folgt der Auffassung des Landes, dass dies als "Allerweltsdiagnose" bezeichnet werden könne. Auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht des beklagten Landes konnte das Landesarbeitsgericht nicht erkennen, so dass die Klage vom LAG Düsseldorf abgewiesen wurde.
>>> zur Entscheidung des LAG Düsseldorf v. 27.06.06
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2006/8__6__Sa_209_06urteil20060627.html
Das LAG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zulassen.
Kurze Anmerkung:
Leider kann der veröffentlichten Entscheidung nicht entnommen werden, ob ggf. der die beiden Töchter betreuende Arzt sein Attest im Verfahren hat erläutern können. Das Zyklusstörungen als Oberbegriff (und nicht als Allerweltsdiagnose) angesehen wird, erscheint in der Fachliteratur als nicht ungewöhnlich. Ggf. hätte es hier einer weiteren Sachaufklärung bedurft, auf die das Gericht m.E. nach auch hätte hinweisen können. Zwar ist prinzipiell davon auszugehen, dass dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast obliegt, so dass ein unsubstantiierter Sachvortrag zu seinen Lasten gereicht, wenngleich hier bei einer Vielzahl von Medikamenten – der Dienstherr spricht von einer ganzen Palette von Alternativverordnungen – ggf. ärztlicher Sachverstand zur Aufklärung hätte beitragen können. Dies gilt gerade auch in Kenntnis dessen, dass im Zweifel eine Mehrfachmedikation mit Blick auf die Zyklusstörungen insbesondere deshalb nicht notwendig angezeigt wesen wäre, nur weil das vom Arzt verordnete Kontrazeptionsmittel zugleich üblicherweise zur Verhütung einer Schwangerschaft dient. Gerade weil dem Arzt ein therapeutischer Spielraum zu gewähren ist, hätte er dann in der Folge im Rahmen der Verlaufs- und Erfolgsbeurteilung der von ihm veranlassten Medikation in eine Diagnoserevision eintreten können, um ggf. eine Alternativmedikation verordnen zu können.
Lutz Barth









