(openPR) Lauterbach/Bregana, 28. 09. 2007 - Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks sind derzeit mehr als 15 Millionen Menschen auf der Flucht. Zu der Hoffnungslosigkeit vieler Mitmenschen durch Armut, Arbeitslosigkeit und Bürgerkriege kommt auch die Bedrohung durch Umweltkatastrophen.
Die »Festung Europa« und hier besonders auch Deutschland schottet sich ab. Wer Mitmenschen helfen- und retten will, muß möglichweise mit einem Strafverfahren und evtl. Gefängnisaufenthalt rechnen. Der Vorwurf lautet dann in der Regel »Beihilfe zur illegalen Einwanderung in einem besonders schweren Fall«. Es können in manchen Ländern, wie z.B. in Italien bis zu zwölf Jahren Haft drohen. Aus Anlass des Weltflüchtlingstags sprach Rozika Tomaic, aus dem ehemaligen Jugoslawien mit Wolfgang Bastian in Zagreb, wo er u.a. Priester der dortigen orthodoxen katholischen Gemeinde Lauterbach/Bregana, Jurisdiktion Bischof +Karel van Osch, Altkatholische Kirchengemeinschaft der Niederlande, ist, und auch ehrenamtlicher Journalist der Vogelsberger Online Zeitung, sowie ehrenamtlicher Moderator bei Radio Glazuta in deutscher Sprache, wo er einen Beitrag zur Interkulturellen Woche brachte.
Tomaic: Herr Bastian, wie dramatisch schätzen Sie z.B. die Lage in Afrika ein?
Wolfgang Bastian: Es gibt viele Millionen Flüchtlinge in Afrika. Die wenigsten davon tauchen jemals in der Nähe europäischer Grenzen auf. Wenn die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind, wird es immer mehr Menschen geben, die sich auf den Weg nach Europa machen. Wir müssen uns wirklich fragen, ob wir nicht mitverantwortlich sind?
Welche Schlussfolgerung ziehen Sie aus der von Ihnen unterstellten Mitverantwortung?
Bastian: Es gibt nur die eine Welt, die allen Mitmenschen gehört, ohne Ausnahme. Die Mitmenschen in den Flüchtlingsbooten z.B. sind Botschafter der Ungerechtigkeit, die wir bzw. unsere Vorfahren ihnen zugefügt haben. Sie sind unterwegs, weil die Schere zwischen Reichtum und Armut in der Welt immer weiter auseinandergeht. Wir sollten uns fragen, was wir an unserem Verhalten verändern können und auch müssen, um dafür zu sorgen, dass diese Welt gerechter und friedlicher wird.
Immer wieder kommen "Flüchtlinge" auf hoher See um ihr Leben bzw. verlieren es. Sehen Sie es als Menschenrecht an, dass derart bedrohten Menschen ohne Einschränkung geholfen wird?
Bastian: Das wertvollste und wichtigste Menschenrecht ist das Recht auf unversehrtes Leben - aber an den Außengrenzen der EU existiert für viele dieses Recht nicht. Ich kann es einfach nicht normal finden, dass rings um Europa herum Tausende Menschen einfach verschwinden. Es gibt nicht nur Bootsflüchtlinge, es gibt auch Minengürtel zwischen der Türkei und Griechenland - ein Skandal, der kaum zu überbieten ist.
Politiker und Kritiker sagen, viele Flüchtlinge begeben sich "freiwillig" in Gefahr. Gibt es eine Pflicht, die Verhältnisse in den "benachteiligten" Ländern so zu verbessern und zu helfen, das Menschen nicht mehr fliehen müssen?
Bastian: Absolut. Politiker erklären immer wieder, dass die Probleme nicht in Europa und auch nicht in Deutschland gelöst werden können. Damit bin ich einverstanden. Nur muss klar sein, dass wir viele der dortigen Probleme mitverursachen oder gar ganz verursacht haben. Hier wird die Heuchelei offenkundig. Wir tun so, als wollten wir armen Menschen in armen Ländern helfen. Aber die aktive europäische Politik ist das Gegenteil davon. Wir machen mit Subventionen die Märkte z.B. in Afrika absichtlich kaputt. Wenn wir aber die Märkte zerstören, benachteiligen wir Afrika und die dortigen Mitmenschen.
»Es gibt auch Versuche, Menschen die helfen, zu kriminalisieren, um die Rettung von notleidenden Mitmenschen in ein kriminelles, stafbewehrtes Licht zu rücken«
Dann wird man der sogen. "Schlepperei und des Menschenhandels" bezichtigt. Wegen »Beihilfe zur illegalen Einreise« wird man dann meistens verurteilt.
Bastian: Wie gesagt, man versucht, jene zu kriminalisieren, um die Rettung von Menschen in Not unmöglich zu machen. Menschen sollen dadurch davon abgehalten werden, Mitmenschen in tiefer Not zu retten bzw. zu helfen.
Kann humanitäre Hilfe überhaupt ein Straftatbestand sein?
Bastian: Überlebende haben mir berichtet, dass viele Schiffe an ihnen vorbeigefahren sind. Es gibt bis zum heutigen Tag kein einziges Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung, ähnliches habe ich in Jugoslawien erlebt.
Bastian: Es ist scheinar ein Tabu , sich die Lage speziell an den EU-Grenzen anzuschauen. Ich und CVLMI e.V., sowie die orthodoxe katholische Gemeinde Lauterbach/Bregana wollen uns verstärkt und intensiv darum kümmern, was rings um uns herum passiert, weil wir finden, dass man den tausendfachen Tod von Mitmenschen nicht hinnehmen darf und auch nicht kann. So wie wir uns z.Zt. verhalten, das könnte eines Tages auf uns alle zurückfallen, dann Gnade uns aber Gott!
Herr Bastian, Sie waren als Priester und freier Journalist schon in vielen Ländern, unter anderem im ehemaligen Jugoslawien. Sie haben die blanke Not kennengelernt. Welche Erfahrungen haben Sie persönlich für sich gewonnen?
Bastian: Aus der Erfahrung vom Krieg auf dem Balkan (ehemaliges Jugoslaien, wo ich vier Jahre an verschiedenen Orten und auch im Luftschutzbunker war) ist bei mir der Wunsch entstanden, nicht nur darüber zu sprechen oder zu schreiben. Es war mir ein Bedürfnis, humanitär zu arbeiten. Bei all den Extremlagen wie Krieg und Tod von Menschen, habe ich nie aufgegeben! Wer mitmachen, mithelfen will, kann sich jederzeit an mich wenden! (VOZ)









