(openPR) Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wissen nicht, dass Nachzahlungen von Krankengeld oder Verletztengeld trotz bestehender Kontopfändung geschützt werden können. Wird eine solche Nachzahlung auf ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) überwiesen und übersteigt sie den monatlichen Freibetrag, droht ohne rechtzeitige Maßnahmen die Auszahlung an Gläubiger. Der Schutz dieser Sozialleistungen ist jedoch möglich – er erfordert ein aktives Vorgehen.
Lohnersatzleistungen grundsätzlich pfändbar – Nachzahlungen als Sonderfall
Krankengeld und Verletztengeld gelten als Lohnersatzleistungen und unterliegen daher grundsätzlich der Pfändung wie Arbeitseinkommen. Der allgemeine Freibetrag auf einem P-Konto liegt seit dem 1. Juli 2024 bei 1.499,99 Euro und erhöht sich bei gesetzlichen Unterhaltspflichten. Problematisch wird es, wenn hohe Nachzahlungen eingehen, die sich aus rückwirkenden Ansprüchen ergeben – etwa wegen langer Bearbeitungszeiten bei Krankenkassen.
In solchen Fällen überschreitet der Nachzahlungsbetrag regelmäßig die geschützten Freibeträge, sodass Kreditinstitute den übersteigenden Betrag an Gläubiger abführen müssten.
Individueller Pfändungsschutz möglich
Verbraucher können den Schutz dieser Leistungen jedoch beantragen. Voraussetzung ist ein individueller Antrag beim zuständigen Vollstreckungsgericht gemäß § 906 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Gericht kann festlegen, dass der Nachzahlungsbetrag unpfändbar ist, da er dem Lebensunterhalt vergangener Zeiträume dient, für die die Leistung vorgesehen war.
Der Weg zum Pfändungsschutz im Überblick:
Formloser Antrag beim Vollstreckungsgericht: Betroffene müssen einen Antrag auf „Festsetzung eines unpfändbaren Betrages“ stellen.
Begründung: Die Nachzahlung ist notwendig, um den Lebensunterhalt der Monate zu decken, für die die Leistungen bestimmt waren.
Nachweise: Erforderlich sind u. a. der Bescheid der Krankenkasse, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie aktuelle Kontoauszüge.
Schnelles Handeln: Der Antrag sollte unmittelbar nach Eingang der Nachzahlung gestellt werden, um eine Abführung an Gläubiger zu verhindern.
P-Konto-Bescheinigungen von Schuldnerberatungen oder Arbeitgebern reichen in der Regel nicht aus, um Nachzahlungen vollständig zu schützen – ein gerichtlicher Beschluss ist meist zwingend erforderlich.
Schuldnerberatung rät zu frühzeitiger Information
Schuldnerberatungsstellen empfehlen, sich frühzeitig beraten zu lassen. „Viele Betroffene verlieren dringend benötigte Sozialleistungen, weil sie nicht wissen, dass Nachzahlungen individuell geschützt werden können“, so Johann Tillich, Vorstand des Vereins für Existenzsicherung e.V. (VfE). „Der Antrag beim Vollstreckungsgericht ist unkompliziert und verhindert oft existenzielle Härten.“
Fazit
Nachzahlungen von Krankengeld und Verletztengeld müssen nicht automatisch an Gläubiger ausgekehrt werden. Mit einem begründeten Antrag beim Vollstreckungsgericht lässt sich der Betrag sichern und zur Deckung des Lebensunterhalts verwenden. Betroffene sollten zügig handeln und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Für Rückfragen steht die Pressestelle des VfE gerne zur Verfügung.










