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Einführung Insolvenzrecht
Das Insolvenzrecht in Deutschland bildet die Grundlage für den Umgang mit finanziellen Krisensituationen von Unternehmen und Privatpersonen. Es regelt, wie mit Schulden und Verpflichtungen umzugehen ist, wenn ein Schuldner – sei es eine juristische Person wie eine Aktiengesellschaft oder eine natürliche Person – zahlungsunfähig wird. Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Interessen der Gläubiger zu wahren und dem Schuldner einen Weg aus der Überschuldung zu ermöglichen. Dabei spielen die Insolvenzgerichte eine zentrale Rolle: Sie überwachen den Ablauf des Verfahrens und stellen sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe sorgt als höchstes Zivilgericht für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Insolvenzrecht und entscheidet in grundlegenden Fragen, die für die Praxis der Insolvenzverfahren von großer Bedeutung sind. Für Unternehmen und deren Organe ist es daher unerlässlich, die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Insolvenzrechts und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu verfolgen, um rechtzeitig auf neue Anforderungen reagieren zu können.
BGH stärkt Befugnisse des Insolvenzverwalters bei Vergütungsanpassungen im Insolvenzverfahren
Wird über eine Aktiengesellschaft (AG) das Insolvenzverfahren eröffnet, fällt das Recht die Vergütung des Vorstands herabzusetzen, dem Insolvenzverwalter und nicht dem Aufsichtsrat zu. Das hat der BGH mit Urteil vom 22. Oktober 2024 deutlich gemacht (Az. II ZR 97/23). Dabei kommt der Führung des Vorstands im Rahmen der wirtschaftlichen Krise eine besondere Verantwortung zu, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Sorgfaltspflichten.
Grundsätzlich bestimmt der Aufsichtsrat über die Vergütung des Vorstands. Bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des Vorstands ist der Aufsichtsrat angehalten, Faktoren wie die Größe der Gesellschaft, die Geschäftserwartungen und die wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu berücksichtigen. Die Auswirkungen der Insolvenz auf den Geschäftsbetrieb können erhebliche Anpassungen im laufenden Betrieb erforderlich machen. Eine effiziente Organisation des Insolvenzverfahrens und die enge Zusammenarbeit zwischen Insolvenzverwalter, Aufsichtsrat und Gläubigern sind entscheidend, um einen reibungslosen Ablauf und die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zu gewährleisten. Damit ist er auch für die Herabsetzung der Bezüge des Vorstands verantwortlich. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn das Insolvenzverfahren über die AG eröffnet wurde. Dann fällt nach der Entscheidung des BGH dem Insolvenzverwalter das Recht zur Herabsetzung der Vorstandsvergütung zu, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Insolvenzrecht berät.
Insolvenzverwalter kürzt Vergütung des Vorstands
In dem zugrunde liegenden Fall war über eine Aktiengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden, was erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb und die betrieblichen Abläufe hatte. Der Insolvenzverwalter hatte die Vergütung eines Vorstands gekürzt. Dieser bestand jedoch auf die Zahlung seiner vertraglich vereinbarten Bezüge in voller Höhe. Er führte an, dass ausschließlich der Aufsichtsrat über Gehaltsanpassungen entscheiden dürfe. Der Insolvenzverwalter bestand aber auf der Herabsetzung und argumentierte, dass sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens erheblich verschlechtert habe, sodass eine Fortzahlung der vertraglich vereinbarten Bezüge unbillig sei. Der Streit landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Der BGH gab dem Insolvenzverwalter recht und stellte mit seinem Urteil klar, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Entscheidungskompetenz über die Herabsetzung der Vorstandsvergütung beim Insolvenzverwalter liege. Gemäß § 80 der Insolvenzordnung (InsO) gehe ab Verfahrenseröffnung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gesellschaft ausschließlich auf den Insolvenzverwalter über, so der BGH. Damit solle sichergestellt werden, dass die Insolvenzmasse in geordneter Weise verwaltet und im Interesse aller Gläubiger verwendet wird. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens ist es besonders wichtig, die Zahlungsverpflichtungen des Betriebs gegenüber Gläubigern und dem Vorstand zu berücksichtigen, um eine geordnete Abwicklung zu gewährleisten. Die Sicherung von Geld und Liquidität spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Fortführung des Betriebs und der Anpassung der Vorstandsvergütung. Der Aufsichtsrat verliere zwar nicht sämtliche Aufgaben, doch in Fragen der Vergütungsanpassung sei er nicht mehr zuständig.
Wer kann einen Antrag stellen?
Ein Insolvenzantrag kann von verschiedenen Personen und Institutionen gestellt werden, sobald Anzeichen für eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegen. In der Praxis sind es häufig die Schuldner selbst, die einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht einreichen, um eine geordnete Abwicklung ihrer Verpflichtungen zu ermöglichen. Aber auch Gläubiger, die offene Forderungen gegen den Schuldner haben, können einen Antrag stellen, wenn sie befürchten, dass ihre Ansprüche im normalen Geschäftsablauf nicht mehr erfüllt werden. Darüber hinaus sind bei juristischen Personen wie einer GmbH oder einer AG die Geschäftsführer beziehungsweise Vorstandsmitglieder verpflichtet, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen, um persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden. Auch Behörden wie das Finanzamt oder Sozialversicherungsträger können als Gläubiger tätig werden und einen Antrag einreichen, wenn sie Forderungen gegen den Schuldner geltend machen. Der Antrag muss stets beim Insolvenzgericht am Sitz des Schuldners eingereicht werden. Die Kontaktdaten des zuständigen Insolvenzgerichts lassen sich unkompliziert über die Website des Bundesgerichtshofs oder durch eine gezielte Suche im Internet ermitteln.
Verantwortung des Vorstands für wirtschaftliche Krise nicht maßgeblich
Die Richter in Karlsruhe äußerten sich weiter zur sog. Billigkeitsprüfung. Grundlage hierfür ist § 87 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG), der eine Anpassung der Vorstandsvergütung erlaubt, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft wesentlich verschlechtert hat. Der BGH betonte, dass bei dieser Entscheidung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Maßgeblich sei in erster Linie die objektive wirtschaftliche Situation der Gesellschaft. Für eine fundierte Beurteilung kommt es dabei entscheidend auf die Auswertung wirtschaftlicher und finanzieller Daten an, um die tatsächliche Lage der Gesellschaft objektiv einschätzen zu können. Zwar kann auch die persönliche Verantwortung des Vorstands für die Krise eine Rolle spielen, dies sei aber keine zwingende Voraussetzung für eine Kürzung. Die Vergütung des Vorstands kann also selbst dann reduziert werden, wenn er schuldlos an der Insolvenz ist und die Fortzahlung seiner Bezüge in voller Höhe unangemessen wäre, wobei verschiedene Wege zur Bewältigung der Krise und zur Anpassung der Vorstandsvergütung in Betracht gezogen werden können.
Verfahrenskosten und Finanzierung
Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist mit verschiedenen Kosten verbunden, die sowohl den Schuldner als auch die Gläubiger betreffen können. Zu den wichtigsten Verfahrenskosten zählen die Gebühren des Insolvenzgerichts, die Vergütung des Insolvenzverwalters sowie die Auslagen für die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse. In vielen Fällen stellt sich die Frage, wie diese Kosten finanziert werden können, insbesondere wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht. Hier bietet das Insolvenzrecht verschiedene Möglichkeiten: So kann das Gericht auf Antrag die Verfahrenskosten stunden, sodass der Schuldner zunächst von der Zahlungspflicht befreit ist. Alternativ können die Gläubiger einen Massekostenvorschuss leisten, um das Verfahren zu ermöglichen und ihre Chancen auf eine Befriedigung ihrer Forderungen zu wahren. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen erfahrenen Rechtsanwalt oder Insolvenzverwalter zu konsultieren, um die optimale Lösung für den jeweiligen Einzelfall zu finden und die Interessen aller Beteiligten bestmöglich zu schützen.
Schutz der Insolvenzmasse
Der BGH hob hervor, dass die Herabsetzung der Vorstandsvergütung nicht der Bestrafung des Vorstands diene, sondern dem Schutz der Insolvenzmasse. Diese Mittel stehen nach dem Leitbild der Insolvenzordnung allen Gläubigern gemeinschaftlich zu und dürfen nicht durch unangemessene Vergütungen einzelner Organmitglieder geschmälert werden, wobei insbesondere die Forderung der Gläubiger an der Insolvenzmasse von zentraler Bedeutung ist.
Der Insolvenzverwalter sei in dieser Funktion gewissermaßen als Treuhänder der Gläubigergesamtheit zu sehen, führte der BGH weiter aus. Seine Aufgabe sei es, die Insolvenzmasse zu sichern, zu verwalten und eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen. Insolvenzverwaltern obliegt dabei die Verantwortung, die Masse ordnungsgemäß zu verwerten und das Verfahren gesetzeskonform abzuwickeln. Hohe Vorstandsgehälter, die in keiner Relation mehr zur Lage der Gesellschaft stehen, würden diesem Ziel zuwiderlaufen.
Hinweis: Organmitglieder und Gläubiger sollten darauf achten, dass ihre Forderung ordnungsgemäß angemeldet wird und die rechtlichen Vorgaben zum Schutz der Insolvenzmasse beachtet werden.
Die Seite der Gläubiger
Gläubiger nehmen im Insolvenzverfahren eine zentrale Stellung ein, da sie maßgeblich über die Verwertung der Insolvenzmasse und die Verteilung der Erlöse mitentscheiden. Sie sind berechtigt, ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden und an der Gläubigerversammlung teilzunehmen, in der wichtige Entscheidungen über den weiteren Verlauf des Verfahrens getroffen werden. Darüber hinaus haben Gläubiger das Recht, über die Verwendung der Insolvenzmasse informiert zu werden und können bei Unstimmigkeiten die Entscheidung des Insolvenzgerichts anfechten. Die aktive Mitwirkung der Gläubiger ist entscheidend, um ihre Ansprüche im Rahmen des Insolvenzverfahrens durchzusetzen und eine möglichst hohe Quote zu erzielen. Sollte ein Gläubiger mit einer Entscheidung des Insolvenzgerichts nicht einverstanden sein, besteht die Möglichkeit, den Bundesgerichtshof anzurufen, um eine Überprüfung der Entscheidung zu erreichen. Die Kenntnis der eigenen Rechte und Pflichten im Insolvenzverfahren ist daher für Gläubiger unerlässlich, um ihre Interessen effektiv zu vertreten und die Chancen auf eine erfolgreiche Forderungsdurchsetzung zu erhöhen.
Insolvenzverwalter in ihren Befugnissen gestärkt
Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Praxis. Es zeigt, dass Vorstände sich darauf einstellen müssen, dass ihre vertraglich zugesicherte Vergütung im Insolvenzfall nicht unantastbar ist. Selbst bei redlicher Amtsführung können Kürzungen der Bezüge erfolgen, wenn die finanzielle Situation des Unternehmens dies gebietet.
Insolvenzverwalter werden durch diese Entscheidung hingegen in ihren Befugnissen gestärkt. Sie können eigenständig prüfen und entscheiden, ob und in welchem Umfang eine Vergütungsanpassung erforderlich ist, ohne hierzu den Aufsichtsrat einschalten zu müssen.
Insgesamt hat der BGH mit seiner Entscheidung erneut gezeigt, dass der Schutz der Insolvenzmasse Vorrang gegenüber den individuellen Interessen der Organmitglieder hat.
Das Insolvenzrecht – ein komplexes System mit ausgewogenem Interessenausgleich
Das Insolvenzrecht umfasst zahlreiche Rechtsfragen, die für alle Beteiligten – insbesondere Gläubiger, Schuldner, Banken und deren Familien – von großer Bedeutung sind. Im Rahmen von Insolvenzen spielen Anträge, insbesondere der Insolvenzantrag, eine zentrale Rolle, da sie den Ablauf des Verfahrens bestimmen. Gläubiger und Banken können Anträge stellen, um ihre Forderungen zu sichern, wobei die Insolvenztabelle zur Anmeldung und Bewertung dieser Forderungen dient. Das Insolvenzplanverfahren und die Erstellung eines Insolvenzplans oder Insolvenzplans ermöglichen es, Unternehmen zu sanieren und Forderungen zu reorganisieren, ohne eine vollständige Liquidation. Zwangsvollstreckung und Zwangsvollstreckungen sind wichtige Instrumente zur Durchsetzung von Forderungen, unterliegen jedoch im Insolvenzverfahren besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen (Rechts). Der Schutz der Familie des Schuldners wird dabei ebenfalls berücksichtigt, um den notwendigen Unterhalt zu sichern. Insgesamt ist das Insolvenzrecht ein komplexes Feld, das allen Betroffenen umfassende rechtliche Lösungen bietet.
MTR Legal Rechtsanwälte berät umfassend im Insolvenzrecht.
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MTR Legal Rechtsanwälte ist eine bundesweit und international tätige Full-Service-Wirtschaftskanzlei mit umfassender Expertise im Wirtschaftsrecht. Die Sozietät berät Unternehmen, institutionelle Investoren und vermögende Privatpersonen in den Bereichen Gesellschafts-, Steuer-, Handels-, Vertrags-, Vertriebs-, Kapitalmarkt- und Bankrecht.






