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Natur nur für Reiche? Forschende untersuchen Naturschutzphilanthropie

08.04.202512:58 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) In den sozialen Medien werden sie als großzügige Naturfreunde gefeiert: Superreiche Menschen, die insbesondere in Ländern des globalen Südens große Landflächen kaufen, um sie in private Naturschutzgebiete umzuwandeln. Andererseits strebt der Luxus-Naturtourismus nach einzigartigen Erlebnissen an traumhaften, abgelegenen Orten, die zunächst nur wenigen zugänglich sind, aber im Laufe der Zeit für ein immer größeres Publikum zugänglich werden. Doch sind diese Formen der Wohltätigkeit und des Reisens wirklich gut für die Natur und die Menschen? Welche Vorstellungen von Natur und moralisch gutem Verhalten stehen dahinter? Und wie wird dieses Phänomen von der lokalen Bevölkerung und anderen Akteuren wahrgenommen? Diese Fragen untersucht ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) im Projekt „Nature’s Wealth or Nature for the Wealthy? Philanthropism and Ecotourism in the Global South“. Das von der Volkswagen-Stiftung mit 1,5 Millionen Euro geförderte Projekt ist aus Forschungskontakten entstanden, die unter anderem über das Bayerische Hochschulzentrum für Lateinamerika (BAYLAT) geknüpft wurden. Im Interview spricht Prof. Dr. Silke Jansen, Projektleiterin und neue Vorsitzende des BAYLAT, über die Ziele und Hintergründe des Projekts.

Kurz zusammengefasst: Worum geht es in Ihrem Forschungsprojekt?

Wir beschäftigen uns mit den Phänomenen der Naturschutzphilanthropie und des Luxustourismus als zwei Themengebieten, anhand derer die Auswirkungen von Reichtum sichtbar werden. Es gibt immer mehr superreiche Menschen, die sich als Philanthropen betätigen und vor allem im globalen Süden große Landflächen kaufen, um sie in private Naturschutzgebiete umzuwandeln. Im ersten Moment denkt man vielleicht: Das ist ja wunderbar, wenn diese Menschen ihren Reichtum verwenden, um etwas für Naturschutz und Artenvielfalt zutun! Aber an diesem Vorgehen hängen eine ganze Menge von Problemen – allein schon, weil nicht eine demokratisch gewählte Regierung über die Einrichtung von Naturschutzgebieten entscheidet, sondern einzelne Personen aufgrund ihrer herausgehobenen ökonomischen Lage. Gleichzeitig hat dieses Vorgehen starke Auswirkungen auf das Leben der Menschen vor Ort, da sie eventuell umsiedeln oder ihre bisherige Lebensweise aufgeben müssen, zum Beispiel, wenn nomadisch lebende Gruppen sich nicht mehr in bestimmten Gebieten bewegen können. Andererseits gibt es vielleicht auch Vorteile, weil in der Tourismusbranche Arbeitsplätze entstehen. Dabei muss man sich klarmachen, dass das Phänomen Naturschutzphilanthropie, aber auch bestimmte Formen des Luxustourismus, unmittelbar mit einem romantischen Verständnis der Natur als Gegensatz zur menschlichen Zivilisation zusammenhängt: Natur ist da, wo keine Menschen sind. Diese Auffassung ist typisch für den globalen Norden, von dem aus die meisten Superreichen agieren, während sich die Hotspots der Biodiversität, wo Naturschutzphilanthropie und Luxustourismus stattfinden, eher im globalen Süden befinden. Dort herrscht vielleicht ein ganz anderes Verständnis von und ein anderer Umgang mit Natur. Da dieses Phänomen so komplex ist haben wir ein interdisziplinäres und internationales Forschungsteam zusammengestellt.

Wer ist alles an diesem Projekt beteiligt?

Wir sind ein Team von fünf PIs aus vier Disziplinen und drei Kontinenten. An der FAU leite ich das Projekt gemeinsam mit dem Geographen Andrés Gerique. Darüber hinaus sind der Soziologe Hugo Romero Toledo von der Universidad Autónoma de Chile (Temuco, Chile) und der Wirtschaftswissenschaftler Emmanuel Munishi vom College of Business Education in Dar es Salaam (Tansania) beteiligt. Mit der Charles Darwin Foundation haben wir einen weiteren Partner auf den Galapagos-Inseln in Ecuador.

Wie genau kommen Sie an die Daten?

Wir führen hauptsächlich Interviews und Befragungen in den drei Ländern unserer Projektpartner durch, und zwar in Gebieten, in denen Naturschutzphilanthropie und Luxustourismus stattfinden. Dazu führen wir Gespräche mit den Philanthrop/-innen, den Tourist/-innen und natürlich mit den Menschen vor Ort. Darüber hinaus erstellen wir ein Korpus aus öffentlich zugänglichen Texten. Diese sind zahlreich vorhanden, da viele dieser Projekte nicht direkt über die Philanthropen laufen, sondern über NGOs, die ihnen gehören. Diese NGOs haben Internet- und Social-Media-Präsenzen, organisieren Pressekonferenzen und versenden Prospekte. Zusätzlich werden wir verschiedene Tourismusmessen besuchen, um zu analysieren, welche Bilder von Natur die Luxus-Tourismusindustrie konstruiert. Am Ende soll ein Gesamtbild entstehen, das zeigt, was Naturschutzphilanthropie und Luxustourismus ausmacht und wie sich diese Phänomene an verschiedenen Orten und auf unterschiedlichen Ebenen auswirken. Unser Interesse gilt sowohl den materiellen Realitäten als auch den Praktiken verschiedener Akteure und den Diskursen, die sich auf diese Realitäten und Praktiken beziehen, indem sie beispielsweise diese rechtfertigen oder erklären.

Das Forschungsprojekt wird von der Volkswagen-Stiftung mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Warum ist das Thema gerade so relevant?

Die Ausschreibung ist Teil der Förderinitiative 'Perspektiven auf Reichtum', die seit 2021 besteht. Ziel ist es, das Phänomen Reichtum als Motor gesellschaftlicher Transformation zu betrachten. Dabei soll ein Perspektivwechsel angeregt werden, der diese Prozesse aus der Sicht des Reichtums beleuchtet: Anstatt zu fragen, weshalb so viele Menschen arm sind, wie sich dies auf die Gesellschaften auswirkt und was man möglicherweise dagegen tun kann, liegt der Fokus darauf, inwiefern Reichtum unsere Gesellschaften formt. Aktuell beobachten wir das Phänomen, dass superreiche Einzelpersonen ohne demokratische Legitimation einen erheblichen Einfluss auf die Weltpolitik ausüben, und zwar weit über den Bereich der Naturschutzphilanthropie hinaus. Aus diesem Grund hat das Thema in letzter Zeit noch an Relevanz gewonnen.

Mehr zum BAYLAT, der bayernweit tätigen Servicestelle des Bayerischen Wissenschaftsministeriums: https://www.baylat.org/

Ansprechpartnerin für Medien:
Prof. Dr. Silke Jansen
Lehrstuhl für Romanistik, insbesondere Sprachwissenschaft
E-Mail

wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Silke Jansen
Lehrstuhl für Romanistik, insbesondere Sprachwissenschaft
E-Mail

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