openPR Recherche & Suche
Presseinformation

Stiftung Preußischer Kulturbesitz restituiert Handschriften aus der Musikbibliothek von Arthur Rubinstein

05.05.200612:00 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft

(openPR) Die Stiftung hat heute eine insgesamt 71 Nummern umfassende Sammlung von Musikalien aus dem ehemaligen Besitz des Pianisten Arthur Rubinstein an dessen vier Kinder überge-ben. Das Schicksal dieses Konvoluts spiegelt die Dramatik des vergangenen Jahrhunderts wider: Die Willkürherrschaft der Nazi-Zeit, die Beutezüge der zunächst siegreichen deut-schen Armee, denen dann die der Sowjetarmee folgten, die teilweise Rückgabe von Kultur-gütern aus Russland an die DDR in den fünfziger Jahren, die Wiedervereinigung Deutsch-lands und des preußischen Kulturbesitzes in den neunziger Jahren und die Zugänglichkeit von russischen Archiven für westliche Forscher. Mit der Rückgabe des Konvoluts, darunter mehrere dem Pianisten gewidmete Kompositionen, findet deren wechselhafte Geschichte ein gutes Ende; für andere Musikalien aus dem ehemaligen Besitz von Arthur Rubinstein, die sich noch in russischen Archiven befinden, steht eine vergleichbare Lösung noch aus. Die Restitution fand auf Initiative der Stiftung Preußischer Kulturbesitz statt. Grundlage wa-ren Provenienzrecherchen der Berliner Staatsbibliothek und internationaler Musikwissen-schaftler. Es ist das erste Mal, dass ein einstmals jüdischer Besitz aus der Staatsbibliothek an die rechtmäßigen Erben rückübertragen werden konnte.



Bei den Musikalien handelt es sich um Autographe, Abschriften, Fotokopien von Abschriften und Drucke verschiedener Komponisten, die zum Teil mit persönlicher Widmung an Arthur Rubinstein versehen sind. So finden sich darunter beispielsweise mehrere Autographe des aus Berlin stammenden Stefan Wolpe und der französischen Komponistin Germaine Taille-ferre, die Mitglied der Pariser Gruppe Les Six war und nicht zuletzt durch Rubinsteins Inter-pretation ihrer Werke internationale Bekanntheit erlangte, ferner Abschriften von Werken Heitor Villa-Lobos’ sowie Autographe anderer südamerikanischer Komponisten.

Arthur Rubinstein, dessen Geburtstag sich am 28. Januar des nächsten Jahres zum 120. Mal jährt, übersiedelte mit seiner Familie im Herbst 1939 in die Vereinigten Staaten von

Amerika, kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris. Noch im selben Jahr konfiszierte der „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ den Pariser Besitz des weltberühmten jüdischen Pianisten und brachte seine Privatbibliothek in das Reichssicherheitshauptamt in Berlin. Obwohl Arthur Rubinstein bereits 1947 nach Paris zurückkehren konnte, wurde ihm seine dortige Wohnung erst 1954 wieder rückerstattet; seine letzten Jahre verbrachte er in Paris und Genf, wo er 1982 starb. 1945 wurden die konfiszierten und heute restituierten Be-stände im Reichssicherheitshauptamt von der Roten Armee in die UdSSR abtransportiert. Im Zuge der Rückführung eines Teils der deutschen Kulturgüter durch die Sowjetunion 1958 / 1959 gelangten sie wieder nach Berlin. Sie wurden der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin (Ost) zugewiesen, wo sie sich über Jahre als ein Bestand unbearbeiteter Musik-quellen befanden. Mit der Wiedervereinigung der Berliner Sammlungen kamen sie 1991 in die Obhut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Mangels institutioneller Provenienzhinweise an den Einzelstücken waren sie bis vor kurzem nicht zuzuordnen. Erst 2003 gelang die Ein-ordnung in die ehemalige Sammlung von Arthur Rubinstein, woraufhin die Stiftung sich mit den Erben in Verbindung setzte.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz restituiert Sammlungsobjekte, wenn insbesondere ein verfolgungsbedingter entschädigungsloser Verlust festzustellen ist. Sie tut dies unabhängig davon, ob es zwingende Folge einer gesetzlichen Regelung ist. Zudem reagiert sie nicht erst auf Restitutionsanträge, sondern hat aktiv die Prüfung ihrer Bestände nach Kulturgut aus ehemals jüdischem Eigentum in Angriff genommen. Die Praxis der Restitution ist bei Bü-chern und Bibliotheksbeständen jedoch ungleich schwieriger als bei Kunstwerken, da Bü-cher aus Privatbesitz nur selten eindeutige Provenienzvermerke tragen. Im vorliegenden Fall tauchten erste Hinweise auf die Herkunft der Bestände im Zuge von Beutekunstrecherchen einer deutschen Expertengruppe im Glinka-Museum in Moskau im Jahre 2003 auf, die auf-grund eines Hinweises durch den niederländischen Musikwissenschaftler Willem de Vries eingeleitet worden waren. Durch die gute Zusammenarbeit deutscher und niederländischer Wissenschaftler und die Aktivität der Stiftung wurde diese Rückgabe ehemals jüdischen Buchbesitzes aus der Staatsbibliothek möglich. Eine weitere wird derzeit in die Wege gelei-tet.

Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann meinte beim Zweiten Hannoverschen Symposium „Jüdischer Buchbesitz als Raubgut“ im Mai 2005: „Keine deutsche Bibliothek sollte Bücher aus jüdischem Besitz ihr Eigen nennen, die unmittelbar oder mittelbar durch Erpressung, durch Raub und durch Mord in ihren Bestand gekommen sind!“ Dieses Ziel wird von der Staatsbibliothek zu Berlin verfolgt. Derzeit wird ein Projekt zur Erforschung der mit der Preu-ßischen Staatsbibliothek verflochtenen „Reichstauschstelle“ auf den Weg gebracht, bei der mögliche Verstrickungen in den Raub von Büchern aufgedeckt werden sollen. Diese Reichsbehörde widmete sich in der NS-Zeit unter anderem dem Wiederaufbau zerstörter deutscher Bibliotheken. Dazu wurden neben den Dublettenbeständen auch „geschenkweise abgegebene Bücher“ genutzt und es wurde in Deutschland und in den besetzten Gebieten die gesamte erreichbare wissenschaftliche Literatur aufgekauft. Die Frage, ob es sich dabei im Einzelfall um erzwungene und somit unrechtmäßige Käufe oder Raubgut handelte, konn-te bisher noch nicht beantwortet werden. Es ist zu hoffen, dass sich über diese Erforschung der Rolle der Bibliothek zur NS-Zeit und des Zusammenspiels von Dienststellen, Lieferanten und Bibliotheken auch geeignete Ansätze für Identifikation und Eigentumszuweisungen im Einzelnen ergeben.

**************************

Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Von-der-Heydt-Str. 16-18
10785 Berlin

Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 85823
 1947

Kostenlose Online PR für alle

Jetzt Ihren Pressetext mit einem Klick auf openPR veröffentlichen

Jetzt gratis starten

Pressebericht „Stiftung Preußischer Kulturbesitz restituiert Handschriften aus der Musikbibliothek von Arthur Rubinstein“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Provenienzforschungsprojekt zur anthropologischen Sammlung menschlicher Schädel startet
Provenienzforschungsprojekt zur anthropologischen Sammlung menschlicher Schädel startet
Die SPK prüft in den nächsten zwei Jahren die genaue Herkunft von etwa tausend Schädeln aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika, die auf dem Gebiet der heutigen Länder Rwanda, Tansania, Burundi und Mozambique lag. Die Gerda Henkel Stiftung fördert das Pilotprojekt. --- Seit 2011 betreut das Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin anthropologische Sammlungen von menschlichen Überresten, die es von der Charité übernommen hat. Ein großer Teil stammt aus ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika und dem Pazifikraum…
SPK erforscht Herkunft von menschlichen Überresten aus Ost-Afrika – Gerda Henkel Stiftung fördert
SPK erforscht Herkunft von menschlichen Überresten aus Ost-Afrika – Gerda Henkel Stiftung fördert
Im Rahmen eines Pilotprojektes wird die SPK ab Anfang Oktober die Provenienz von rund tausend menschlichen Schädeln erforschen, die aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika stammen. Das Projekt ist am Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin angesiedelt und wird von der Gerda Henkel Stiftung gefördert. --- Die Schädel gehören zu den anthropologischen Sammlungen, die die SPK 2011 in äußerst schlechtem Zustand von der Charité übernommen hat. In den vergangenen Jahren wurden sie zunächst aufwändig gereinigt und ko…

Das könnte Sie auch interessieren:

SPK-Magazin erstmals erschienen
SPK-Magazin erstmals erschienen
„Entdecken Sie die SPK“ fordert Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, im Editorial des ersten SPK-Magazins auf, das kürzlich erschienen ist. Er sagt: „Mit dem neuen Magazin wollen wir die ganze Vielfalt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigen. Sie ist ein lebendiger Ort der Kunst und Kultur, der Bildung, Wissenschaft …
Neue Leitung für die Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin
Neue Leitung für die Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin
… Staatsbibliothek zu Berlin. Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit wird es sein, den Bestand der Sammlung weiter auszubauen und den elektronischen Nachweis der Handschriften und ihrer Digitalisate, auch originalsprachlich, im Katalogsystem weiterzuentwickeln. Seine guten Kenntnisse moderner bibliothekarischer Informationstechnik werden dabei von großem Nutzen …
Handschrift der Berliner Staatsbibliothek nach Tel Aviv zurückgegeben
Handschrift der Berliner Staatsbibliothek nach Tel Aviv zurückgegeben
… unter anderem die Erwerbung und Erschließung von Literatur aus und über Israel (sowie Hebraistik und Judentum allgemein). Besondere Beachtung verdienen jedoch die Handschriftensammlungen, die einmalige Originale von Afrika bis Ost- und Zentralasien ebenso umfassen wie eine der größten Sammlungen von Handschriftenkopien auf Mikrofilm weltweit. Deutschlandweit …
Ausschreibung des Ernst-Waldschmidt-Preises
Ausschreibung des Ernst-Waldschmidt-Preises
… (1897-1985) Nach dem Studium der Indologie, Tibetologie und Sinologie und seiner Promotion 1924 in Berlin bearbeitete Ernst Waldschmidt als Assistent Albert von Le Coqs die Handschriften und Kunstgegenstände der so genannten „Turfan-Expeditionen" (1902-14) am Berliner Mu-seum für Völkerkunde. Ab 1929 betreute er dort als Kustos und Nachfolger Le Coqs …
Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur aktuellen Restitutionsdebatte
Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur aktuellen Restitutionsdebatte
Zu der aktuellen Restitutionsdebatte erklärt der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger: „Die Rückgabe von Kunstwerken kann, wie Norman Rosenthal zu Recht äußert, die unfassbaren Verbrechen des NS-Regimes an den europäischen Juden nicht wieder gut machen. Bei der deutschen Restitutionspraxis geht es aber um Aufklärung und moralische …
Handschriften des Komponisten Edwin Geist an die Erben zurückgegeben - Leihgabe an Staatsbibliothek zu Berlin
Handschriften des Komponisten Edwin Geist an die Erben zurückgegeben - Leihgabe an Staatsbibliothek zu Berlin
… Autographe aus dem Nachlass des Komponisten und Musikschriftstellers Edwin Geist an dessen Erben zurückgegeben. Gleichzeitig wurde ein unbefristeter Leihvertrag geschlossen, so dass die Handschriften in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz verbleiben werden. In deren Musikabteilung sind sie nun weiterhin unter den Katalognummern 55 MS …
Hermann Parzinger zur Entscheidung der Vergabekammer
Hermann Parzinger zur Entscheidung der Vergabekammer
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hält die Verwirrung, die im Umfeld der Wettbewerbsentscheidung für den Entwurf von Franco Stella für die Wiedererrichtung des Berliner Schlosses entstanden ist, für sehr bedauerlich. Die bisherige Zusammenarbeit mit dem Architekten verlief äußerst konstruktiv und harmonisch. Stella versteht die Belange und Anforderungen …
Wechsel im Amt des Generaldirektors der Staatlichen Museen zu Berlin und des Direktors der Nationalgalerie
Wechsel im Amt des Generaldirektors der Staatlichen Museen zu Berlin und des Direktors der Nationalgalerie
Der Vorsitzende des Stiftungsrats der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Kulturstaatsminister Bernd Neumann, und der Stiftungspräsident Prof. Dr. Hermann Parzinger verabschiedeten heute Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster als Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin in den Ruhestand und führten seinen Nachfolger Dr. Michael Eissenhauer in sein Amt …
Deutsches Kulturerbe auf dem Weg nach Europa - Konferenz am 4. u. 5. Oktober in der Staatsbibliothek zu Berlin
Deutsches Kulturerbe auf dem Weg nach Europa - Konferenz am 4. u. 5. Oktober in der Staatsbibliothek zu Berlin
… CARARE-Projekt, das verschiedenste Organisationen aus den Bereichen der Archäologie und Denkmalpflege miteinander vernetzt, Europeana regia, eine gemeinsame digitale Bibliothek königlicher Handschriften, oder thinkMOTION, ein Projekt zur Erschließung von Wissen über Bewegungstech-nik. Was die Europeana auf europäischer Ebene leistet, soll auf nationaler …
Staatsbibliothek zu Berlin eröffnet Ausstellung zum 350-jährigen Jubiläum
Staatsbibliothek zu Berlin eröffnet Ausstellung zum 350-jährigen Jubiläum
… Schaffens, so Beethovens 9. Sinfonie, fünf der sechs Meisteropern Mozarts, die größte Sammlung überlieferter Autographe von Bach, bedeutende orientalische und abendländische Handschriften, seltene Drucke wie das prachtvolle Exemplar der Gutenberg-Bibel, Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten und vieles mehr. Aus der aktuellen nationalen und internationalen …
Sie lesen gerade: Stiftung Preußischer Kulturbesitz restituiert Handschriften aus der Musikbibliothek von Arthur Rubinstein