(openPR) Der Verband berufstätiger Mütter kritisiert die einseitige Berichterstattung zum 7. Familienbericht des Bundesfamilienministeriums. Der Bericht habe einmal mehr gezeigt, dass Kinder von berufstätigen Müttern ebenso gut betreut würden, wie von nicht erwerbstätigen. Es werde jedoch versäumt, eine stärkere Beteiligung der Väter an den familiären Aufgaben einzufordern.
Köln (eos) – "Wir schlagen vor, den Muttertag dieses Jahr ausfallen zu lassen", sagt Ute Steinke, Vorstandsmitglied im Verband berufstätiger Mütter vbm in Köln. Wie viele andere Verbandsfrauen auch, ist sie empört über die negative Berichterstattung: "Nach den Rabenmüttern, den karriereuntauglichen und unfähigen Müttern sowie den gebährunwilligen Frauen, stehen jetzt die angeblich faulen Mütter in den Schlagzeilen."
Quelle dafür soll der über 600 Seiten starke 7. Familienbericht des Von-der-Leyen-Ministeriums sein. Stein des Anstoßes ist folgende Passage: "Die (im europäischen Vergleich, Anm. d. Red.) geringste Präsenz am Arbeitsmarkt findet sich bei deutschen Müttern, die diese gewonnene Zeit aber nicht in Hausarbeit investieren, sondern in persönliche Freizeit." Darauf folgt der (nicht mehr zitierte) Satz: "Die höhere Präsenz finnischer, schwedischer und norwegischer Eltern am Arbeitsmarkt wird genauso wie in Frankreich durch einen zusätzlichen Verzicht an Freizeit erreicht."
"Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, deutsche Mütter seien faul, ist also ebenso spekulativ wie einseitig", meinen die Verbandsfrauen. Wer Mütter systematisch aus dem Arbeitsmarkt dränge, müsse sich nicht wundern, dass sie über mehr Freizeit verfügten, als solche die unter Minimierung von Erholungsphasen Kinder und Berufstätigkeit vereinten. Angesichts des aktuellen "Mütter-Bashing" finden die vbm-Mitglieder, müsse der Muttertag mit seinen üblichen "Lobhudeleien" dieses Jahr konsequenterweise gestrichen werden.
Kinder sind zufrieden mit berufstätigen Müttern
Aus der Studie „How Europeans spend their time – Everyday life of women und men“, die dem Familienbericht zu Grund liegt, geht zwar hervor, dass Deutsche im Vergleich zu anderen Europäern weniger arbeiten (Erwerbs- und Familienarbeit). Dies trifft aber auf Männer und Frauen zu. In allen Ländern jedoch arbeiten Frauen mehr als Männer. Die Zeit, die Mütter intensiv mit ihren Kindern verbringen, ist relativ konstant und unabhängig davon, ob die Mutter erwerbstätig ist oder nicht. "Hier zeigt sich einmal mehr, dass die hierzulande noch immer verbreitete Annahme, Kinder litten unter der Erwerbstätigkeit der Mutter, nicht haltbar ist."
Auch eine Befragung von Kindern, die der Familienbericht zitiert, bestätigte dies. Als belastend bewerteten sie ihre Situation, wenn die Mütter wenig bzw. gar nicht oder wenn sie sehr viel arbeiteten. "Kinder äußern Unzufriedenheit", heißt es, "wenn ihre Mütter nicht erwerbstätig sind und sie sich durch deren ständige Präsenz beobachtet und kontrolliert fühlen." Kinder mit stark erwerbstätigen Eltern kritisierten lange Warte- und Überbrückungszeiten. "Dies ist ein deutlicher Indikator für eine mangelhafte Betreuungsinfrastruktur", sagt die vbm-Vorstandsvorsitzende Barbara Locher-Otto.
Gleichzeitig moniert sie die defizitäre Sicht auf institutionelle Kinderbetreuung: "Es geht nicht darum, Mängel der häuslichen Erziehung auszugleichen. Kindergärten, Kitas, Schulen und Horte haben einen unabhängigen Bildungsauftrag und bieten Kindern wichtige Erfahrungsräume außerhalb des Elternhauses." Doch selbst bei einer optimalen Betreuungssituation gelte: "Auch auf dem Arbeitsmarkt muss sich etwas tun. Wir brauchen flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit, die Wochenstunden zu Gunsten der Familie zu reduzieren, ohne einen Karriereknick befürchten zu müssen." Das würde nicht nur Müttern und Vätern helfen, sondern auch Menschen, die Angehörige pflegten.
Die Väterfrage stellen!
Auch die wieder einmal sehr einseitige Fokussierung der Diskussion auf die Person der Mutter erregte Unmut im Verband berufstätiger Mütter. "Die Männerfrage bleibt ungestellt!", sagt die Soziologin und vbm-Mitarbeiterin Corinna Bausch. In Deutschland, so konstatiere der Familienbericht (Seite 57), sei die zeitliche Belastung zwischen Müttern und Vätern ausgeglichen. "Im Gegensatz zu den Müttern sind die Arbeitszeiten der Männer so gut wie kaum reduziert, so dass in den meisten Ländern der Ausgleich für die unterschiedliche Zeitbelastung im Haushalt bei den Müttern nicht durch eine Doppelbelastung der Mütter erreicht wird, sondern durch das Modell mit einem Haupternährer und einer Zuverdienerin."
Was der Bericht verschweigt: Selbst ausgeglichene Arbeitszeiten können soziale Ungleichheit zementieren. "Die Frau macht die unbezahlte Arbeit, hat ein geringeres Erwerbseinkommen und gerät in Abhängigkeit von ihrem Partner", kritisiert Bautsch. "Damit sinken ihre Rentenansprüche und das Risiko von Altersarmut wächst. Eine Gleichverteilung der Gesamtarbeitszeit ist nicht gleichbedeutend mit einer Gleichverteilung der Belastungen und Chancen." Die Mehrfachbelastung der Frauen sei nach wie vor groß, ihr Alltag sei von Zerrissenheit und schlechter Planbarkeit geprägt. "Das sind massive Stressfaktoren." Die häusliche Arbeitsverteilung habe ich zwar seit 1965 (11,4:1) für die Frauen deutlich verbessert und läge inzwischen bei 2:1. „Dieser Wert ist allerdings schon seit 1991 konstant“, berichtet die Fachfrau. "Dabei können wir nicht stehen bleiben."
Im 7. Familienbericht (S. 400) heißt es zur sogenannten 'gefühlten Zeitnot': "Zeitprobleme ergeben sich für Familien nicht alleine aus einem unzureichenden quantitativen Zeitbudget, sondern ebenso aus einer unzureichenden Qualität von Zeit, d.h. aus Belastungen, die Zeitdruck und Verdichtung von Zeit, Parallelaktivitäten und Synchronisationsprobleme, Fremdbestimmtheit und mangelnde Zeitsouveränität u.a.m. umfassen."
Um die besten Lösungen ringen
"Auch wenn wir die einseitige Berichterstattung zum 7. Familienbericht kritisieren", sagt Eike Ostendorf-Servissoglou vom vbm in Stuttgart. "Durch provokante Thesen, die so sehr zum Widerspruch reizen, wie die von den angeblich faulen Müttern, bekommt das Thema 'Vereinbarkeit von Beruf & Familie' sehr viel Aufmerksamkeit." Jetzt sei es allerdings wichtig, wieder auf die Sachebene zurückzukehren, zusammen um die besten Lösungen zu ringen und dafür zu sorgen, dass diese auch umgesetzt würden damit die Kombination von Beruf und Kindern zur Selbstverständlichkeit wird. Der Verband berufstätiger Mütter, der bundesweit mit 17 Regionalstellen vertreten ist, möchte dazu jeweils vor Ort und bundesweit seinen Beitrag leisten. Weitere Informationen über den vbm unter: www.berufstaetige-muetter.de .
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