(openPR) Etwa die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Vogelarten besiedelt mehr oder weniger
bevorzugt den Wald, etwa ein Drittel davon gelten als echte Waldvögel. Die Inanspruchnahme von Wald für WKA führt zu einem unmittelbaren Verlust der Lebensräume vor allem störungsempfindlicher Arten mit großem Raumbedarf. Hierzu zählen neben den Wald bewohnenden Greifvogel- und Eulenarten, Kolkrabe, Schwarzstorch, Graureiher,
Hasel- und Auerhuhn, insbesondere der Rotmilan. Der Luftraum, den Greifvögel, Störche und Reiher für Balz, Nahrungsflüge oder zum Erreichen der Nahrungshabitate über Wäldern nutzen oder regelmäßig überfliegen, kann viele Quadratkilometer groß sein. Die anlagenbedingten Störungen reichen weit über die unmittelbar beanspruchten Flächen hinaus. Hinzu kommen Störungen aufgrund von Erschließungen, Wartungs- und Reparaturarbeiten.
Rotmilane gehören zu den besonders streng geschützten Arten nach §7 Abs. 2 Nr. 14 a BNatSchG und §1 BArtSchV und zählen bekanntermaßen überproportional zu den häufigsten Kollisionsopfern an WKA. Rotmilane können die Gefahr durch Rotorblätter nicht erkennen und werden häufig Schlagopfer von Windkraftanlagen.
Alleine in Hessen befinden sich ca. 10% der gesamten deutschen Rotmilanpopulation.
Der aktuelle Bestandsrückgang des Rotmilans stellt somit einen Anlass zu großer Sorge dar und jede Maßnahme sollte unterbunden werden, die zu einem weiteren Rückgang der Population beiträgt.
Der Bau und Betrieb von WKA bedeutet für den Rotmilan ein Tötungsrisiko durch Kollision und Vogelschlag an den Rotoren (§44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG), eine Lebensraumentwertung durch Störung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) und einen generellen Störungstatbestand (§44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG).
Mit dem Beschluss vom 17. Dezember 2013 hat der 9. Senat des Verwaltungs-Gerichtshofs in Kassel unter dem Geschäftszeichen 9 A 1540/12.Z. den Lebensraumschutz für bedrohte Vogelarten, die nationalen und internationalen Schutzbestimmungen unterliegen, nochmals untermauert.
Neben dem Ausschlussbereich von 1.000 m um einen Rotmilanhorst kann auch ein Nahrungshabitat für mehrere Rotmilanpaare im Prüfbereich von 6.000 m um das Vorhaben zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko im Sinne des §44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und damit zum Ausschluss der Genehmigung für Windenergieanlagen führen.
„Durch dieses Urteil wird der Schutz des Rotmilans sogar noch verstärkt: Berücksichtigt werden muss danach nicht nur der Umkreis von 1.000 m um einen Horst, sondern auch das Nahrungsgebiet im Umkreis von 6.000 m“, so Matthias Monien der Sprecher der IG Roßdorf.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie der Staatlichen Vogelschutzwarte in Brandenburg, wurde zum ersten Mal wissenschaftlich berechnet, wie groß das Tötungsrisiko der Rotmilane an WKA ist. Man kam hier auf eine Rate von 4%, diese Zahlen sind durchaus auch auf Hessen übertragbar.
Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) hatte aus exakt diesem Grund bereits im Jahr 2006 im sogenannten „Helgoländer Papier“ klare Abstandsregelungen für Windenergieanlagen als Handlungsempfehlungen erstellt die anerkannt sind, in dem u.a. für den Rotmilan 1000 m Umkreis um den Horst und Nahrungsflächen als Ausschlusskriterium und 6000 m um den Horst als Prüfbereich in Erwägung gezogen werden müssen. In 2012 wurden diese Abstandsregelungen nochmals aktualisiert und auf 1500 m um den Horst erweitert.
Durch die EU Kommission 2000, IUCN 2007 wird für Bereiche unter 1000 m zu Fortpflanzungsstätten des Rotmilans, unter Beachtung des Vorsorgeprinzips, ein genereller Ausschlußbereich für WKA v.a. in den Kernräumen empfohlen
„Unter Anbetracht dieser Gesetzes- und Faktenlage, ist es umso erschreckender, dass wir aus dem avifaunistischen Gutachten zu den geplanten Windkraftanlagen auf dem Tannenkopf in Roßdorf entnehmen mussten, dass sich in unmittelbarer Nähe zu einer der geplanten Windkraftanlage 2 Rotmilanhorste befinden. Diese sind nur 650 m entfernt vom WKA 2“, so Monien. Es wurden laut Gutachten auch keine normalerweise notwendigen Raumnutzungsanalysen erstellt sondern nur bei den wenigen erfolgten Begehungen festgestellt, Zitat: „das die Rotmilane fast ausnahmslos sich in südwestlicher Richtung von den geplanten Anlagen weg bewegt hätten“.
Weiter vorne im Gutachten für den Tannenkopf wird jedoch klar festgestellt, dass die durch WKA im Wald entstehenden Freiflächen unter den WKA, Rotmilane zur Nahrungssuche quasi sich angezogen fühlen. Dies bestätigen auch zahlreiche andere Untersuchungen. „Rotmilane meiden WKA nicht, sondern die Flächen um die WKA werden gezielt aufgesucht“, so Monien.
Zudem bezweifeln wir stark, dass im März 2013, als die Horstkartierung stattfand, aufgrund des sehr kalten und langen Winters bereits alle Horste besetzt waren.
„Es ist auch verwunderlich, dass in Lautertal (Odenwald) wo ebenfalls die GGEW als Antragsteller auftritt auch Unzulänglichkeiten in den Gutachten in Sachen Rotmilan aufgetreten sind, und auch hier durch das Mediationsverfahren von GGEW weitere Gutachten in Form von Raumnutzungsanalysen eingefordert worden sind“, so Monien.
„Es kann auch nicht sein, dass klare Tabuzonen für diese Art erlassen werden, die dann am Ende nicht beachtet werden und klare Vorgaben zum Schutz des Rotmilans sich in den Gutachten und Stellungnahmen nicht widerfinden“, so Monien weiter.
„Wir haben deswegen heute das Regierungspräsidium Darmstadt schriftlich nach Abstimmung mit unserem Anwalt und den Fachleuten in unseren Reihen zu einer Stellungnahme und Überprüfung dieses Sachverhaltes aufgefordert und formal erneut Einspruch gegen das Vorhaben eingelegt. Mit der Errichtung der geplanten WKAs auf dem Tannenkopf wird damit gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des Rotmilans nach §44 BNatSchG verstoßen. Und sollten die WKA wider Erwarten doch genehmigt werden, so werden wir entsprechende juristische Schritte einleiten“, so Monien abschließend.