openPR Recherche & Suche
Presseinformation

Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika

15.08.201316:10 UhrIT, New Media & Software
Bild: Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika
Dr. Andreas Splittgerber - Rechtsanwalt IT/ IP / Emerging Companies - Orrick, Herrington & Sutcliffe
Dr. Andreas Splittgerber - Rechtsanwalt IT/ IP / Emerging Companies - Orrick, Herrington & Sutcliffe

(openPR) FAZ, 14.08.13, S. 19
Gastbeitrag: Dr. Andreas Splittgerber

Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika

Die Beobachtung des Internets durch Geheimdienste beunruhigt viele Nutzer. Die deutschen Datenschutzbehörden haben nun angedroht, hiesigen Unternehmen keine Auslagerung von Informationen in eine "Cloud" außerhalb der EU mehr zu erlauben. Doch können sie Brüsseler Regeln außer Kraft setzen?



MÜNCHEN, 13. August. Beinahe jeden Tag erreichen die Öffentlichkeit weitere Meldungen über Ausspähaktionen und Überwachungsmaßnahmen der amerikanischen Sicherheitsbehörde NSA, aber auch zum Teil europäischer Sicherheitsbehörden. Der Witz über einen deutschen Internetnutzer, der sich nach einem Festplatten-Crash an den Präsidenten Barack Obama wendet und um eine Kopie zur Datenwiederherstellung bittet, hat mittlerweile durchaus reale Qualitäten. Nun haben sich die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder mit dem Thema "Zugriff von Sicherheitsbehörden auf personenbezogene Daten deutscher Bürger" befasst. Insbesondere Datenübermittlungen an Internetprovider in den Vereinigten Staaten, Konzernmütter und andere außereuropäische Empfänger sind demnach nicht mehr ausreichend geschützt.

Zu betrachten ist zunächst das Konstrukt des europäischen Datenschutzrechts zu Datenübermittlungen: Europa kann als "Insel der Seligen" betrachtet werden, auf der personenbezogene Daten in Sicherheit sind. Jenseits der schützenden Gewässer liegen wilde Festlande, die wie die Vereinigten Staaten, Russland, aber auch die Schweiz und andere Staaten nicht der Europäischen Union (EU) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören. In diesen wilden Regionen herrscht aus Sicht der EU kein angemessenes Datenschutzniveau. Es handelt sich um "unsichere Drittstaaten".

Damit nun Daten von der Insel auf die wilden Festlande wandern können, können dafür vorgesehene Brückenkonstruktionen genutzt werden. Diese Konstruktionen werden im datenschutzrechtlichen Jargon als "Datentransfervehikel" bezeichnet. Solche Vehikel können beispielsweise eine Zertifizierung als "sicherer Hafen" (Safe-Harbour), sogenannte EU-Standardverträge oder "Binding Corporate Rules" sein. Mit der Brückenkonstruktion akzeptieren die "wilden Drittstaaten" grundsätzlich die wichtigsten Prinzipien des europäischen Datenschutzes, soweit es sich um Datenströme aus dem Insel-Bereich der EU handelt.

Dazu zählen unter anderem die Grundsätze der Zweckbindung und der Datensparsamkeit. Danach dürfen personenbezogene Daten nur für den Zweck verarbeitet werden, für den sie erhoben wurden, und auch nur in dem Umfang, der zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist. Es ist offensichtlich, dass die Überwachung deutscher Internetnutzer durch die NSA gegen diese Prinzipien verstößt. Dies bestätigt die Entschließung der Datenschutzkonferenz, wobei die Konsequenzen für die Praxis unklar bleiben. Am heftigsten diskutiert wird die Ankündigung, die Aufsichtsbehörden würden "keine neuen Genehmigungen für die Datenübermittlung an Drittstaaten (zum Beispiel auch zur Nutzung bestimmter Cloud-Dienste) erteilen und prüfen, ob solche Datenübermittlungen auf der Grundlage des Safe-Harbour-Abkommens und der Standardvertragsklauseln auszusetzen sind".

Zum Hintergrund sollte man wissen, dass Datenübermittlungen in unsichere Drittstaaten in vielen Fällen von der zuständigen Behörde zu genehmigen sind. Dieses Erfordernis entfällt nach dem Bundesdatenschutzgesetz unter anderem, wenn der Empfänger der Daten in den Vereinigten Staaten registriert ist oder wenn ein deutsches Unternehmen für seinen Datenexport mit dem nichteuropäischen Empfänger einen EU-Standardvertrag abgeschlossen hat. Schätzungsweise transferieren 80 bis 90 Prozent aller deutschen Unternehmen ihre Daten auf Basis dieser Vehikel in die Vereinigten Staaten und in andere unsichere Drittstaaten.

Viele Datenschützer argumentieren, die Entschließung der Datenschutzkonferenz habe keine Auswirkung auf die Praxis. Bei genauerer Betrachtung ist allerdings festzustellen, dass es zumindest zwei praktische Anwendungsfälle gibt, in denen künftig eine Übermittlung personenbezogener Daten in die Vereinigten Staaten verhindert und Bußgelder verhängt werden können. Der erste Fall ist die Verwendung von Standardvertragsklauseln, insbesondere IT-Providern; sie sind nach derzeitiger Rechtslage um bestimmte Klauseln anzureichern, damit sie die Voraussetzungen des Bundesdatenschutzgesetzes erfüllen. Besonders strenge Datenschutzaufsichtsbehörden - beispielsweise in Schleswig-Holstein oder Berlin - verlangen, dass der Einsatz dieser Vertragsklauseln vorab von ihnen gebilligt wird. Diese Genehmigung soll nun nicht mehr erteilt werden. Der zweite Fall ist eine Datenübermittlung auf Basis der "Safe Harbour"-Regeln oder eines EU-Standardvertrages, wenn eine Behörde einen besonders schweren Datenschutzverstoß feststellt. Insbesondere Datenübermittlungen an Unternehmen, die besonders intensiv mit der NSA zusammenarbeiten oder gearbeitet haben, könnten von den Behörden in Augenschein genommen und im Einzelfall als rechtswidrig eingestuft werden.

Die Interpretation und Umsetzung der Entschließung der Datenschutzkonferenz liegt in den Händen der Behörden der einzelnen Bundesländer. Ob die Auffassung der besonders strengen deutschen Datenschutzbehörden in rechtlicher, aber auch wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, kann man bezweifeln. Immerhin stellen sich die Behörden hier gegen das EU-Recht. Auf der anderen Seite muss etwas getan werden, denn tiefgehende Rechtsverletzungen durch die NSA und möglicherweise durch andere Sicherheitsbehörden können nicht geduldet werden.

Sinnvoller scheint aber doch die Haltung der Behörden anderer Bundesländer, die in der Entschließung ein datenschutzpolitisches Papier sehen, das Bundesregierung und EU zum Handeln auffordern soll. Jene Landesbehörden vertreten die Auffassung, dass bis auf weiteres keine Datenschutz-Audits oder Bußgeldverfahren eingeleitet werden sollten. Stattdessen hofft man dort dringend, dass bis Ende dieses Jahres sowohl das Safe-Harbour-Abkommen als auch die EU-Standardverträge im erforderlichen Maß überarbeitet würden, damit die deutschen Daten auch in den Vereinigten Staaten wieder sicher sind.

Diese Pressemeldung wurde auf openPR veröffentlicht.

Verantwortlich für diese Pressemeldung:

News-ID: 740630
 72

Kostenlose Online PR für alle

Jetzt Ihren Pressetext mit einem Klick auf openPR veröffentlichen

Jetzt gratis starten

Pressebericht „Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika“ bearbeiten oder mit dem "Super-PR-Sparpaket" stark hervorheben, zielgerichtet an Journalisten & Top50 Online-Portale verbreiten:

PM löschen PM ändern
Disclaimer: Für den obigen Pressetext inkl. etwaiger Bilder/ Videos ist ausschließlich der im Text angegebene Kontakt verantwortlich. Der Webseitenanbieter distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten Dritter und macht sich diese nicht zu eigen. Wenn Sie die obigen Informationen redaktionell nutzen möchten, so wenden Sie sich bitte an den obigen Pressekontakt. Bei einer Veröffentlichung bitten wir um ein Belegexemplar oder Quellenennung der URL.

Pressemitteilungen KOSTENLOS veröffentlichen und verbreiten mit openPR

Stellen Sie Ihre Medienmitteilung jetzt hier ein!

Jetzt gratis starten

Weitere Mitteilungen von Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP

Bild: Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor AmerikaBild: Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika
Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika
Auszug Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.08.2013, S. 19 Gastautor: Dr. Andreas Splittgerber, Rechtsanwalt, Orrick, Herrington & Sutcliffe München "Die Beobachtung des Internets durch Geheimdienste beunruhigt viele Nutzer. Die deutschen Datenschutzbehörden haben nun angedroht, hiesigen Unternehmen keine Auslagerung von Informationen in eine "Cloud" außerhalb der EU mehr zu erlauben." ".... Der Witz über einen deutschen Internetnutzer, der sich nach einem Festplatten-Crash an den Präsidenten Barack Obama wendet und um eine Kopie zur Date…
Bild: Paukenschlag des BAG – Langfristige Leiharbeit illegal?Bild: Paukenschlag des BAG – Langfristige Leiharbeit illegal?
Paukenschlag des BAG – Langfristige Leiharbeit illegal?
Der kontinuierliche Einsatz von Leiharbeitnehmern ist für viele Unternehmen ein wichtiger Baustein der Unternehmensstrategie. Damit könnte es jedoch bald vorbei sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Beschluss vom 11. Juli 2013 erstmals den unbefristeten Einsatz von Leiharbeitern als rechtswidrig gewertet (BAG, Beschluss vom 11.7.2013 – 7 ABR 91/11). Hieraus ergeben sich zahlreiche Fragen für die Praxis: Ist der für viele deutsche Unternehmen unerlässliche kontinuierliche Einsatz von Leiharbeitnehmern künftig noch möglich? Worauf …

Das könnte Sie auch interessieren:

Bild: Kommentar - Informelle Selbstbestimmung oder Informelle BevormundungBild: Kommentar - Informelle Selbstbestimmung oder Informelle Bevormundung
Kommentar - Informelle Selbstbestimmung oder Informelle Bevormundung
… Falle der freiwilligen Einwilligung, aktiv für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung entscheiden. In vielen Diskussionen zum Thema Datenschutz stelle ich - gerade bei einigen Datenschützern - immer wieder fest, dass dort die Meinung herrscht, die Datenverarbeitung müsste auf jeden Fall eingeschränkt werden. Gerade bei „web2.0“ Services , Suchmaschinen, …
Nach Zweifel an Legalität - koydo | das Single-Bewertungs- Gegendarstellung zum Welt Artikel
Nach Zweifel an Legalität - koydo | das Single-Bewertungs- Gegendarstellung zum Welt Artikel
koydo.com weist Vorwürfe von Datenschützern zurück In einem am 27. Januar in der Welt erschienenen Artikel warfen Datenschützer dem Unternehmen vor, geltende Gesetze nicht einzuhalten und den Beweis der Legalität schuldig zu bleiben. Auf der Meta-Singleplattform kann potentiell jeder Singles, die bei Portalen wie Friendscout oder Neu.de angemeldet sind, …
Bild: Gefahr für Webmaster: Datenschützer gehen nun auch direkt gegen Betreiber vorBild: Gefahr für Webmaster: Datenschützer gehen nun auch direkt gegen Betreiber vor
Gefahr für Webmaster: Datenschützer gehen nun auch direkt gegen Betreiber vor
… Statistik-Programme von Rechtsanwalt Dr. Thomas Engels, LL.M. Für Webseitenbetreiber wird es langsam wird es ungemütlich: Sie müssen zunehmend damit rechnen ins Visier von Datenschützern und Wettbewerbern zu geraten. Ein aktueller Fall aus Lüneburg erhitzt derzeit die Gemüter der Internetszene. Eingreifen des Datenschutzbeauftragten Ein Webmaster betrieb zwei …
Bild: TIN verspätet sich - Einheitliche Steuernummer erst 2008Bild: TIN verspätet sich - Einheitliche Steuernummer erst 2008
TIN verspätet sich - Einheitliche Steuernummer erst 2008
… erledigte Vorbereitungen für den „Roll out“ sein. Da die neue elfstellige Identifikationsnummer zusammen mit den persönlichen Daten in einer Datenbank gespeichert wird, sehen wir als Datenschützer die Gefahr, dass wie in anderen Fällen auch Beschränkungen im Zugriff auf diese Daten Schritt um Schritt aufgeweicht werden. 82 Millionen Personen werden bei …
Bild: Datenschutz auf dem Prüfstand - Unternehmen können vorbeugenBild: Datenschutz auf dem Prüfstand - Unternehmen können vorbeugen
Datenschutz auf dem Prüfstand - Unternehmen können vorbeugen
… Die Seminare wenden sich in erster Linie an Datenschutzbeauftragte (DSB) sowie Interessierte und werden in Zusammenarbeit mit dem Verein Europäischer Betrieblicher Datenschützer e.V. i.G. und Alpmann Schmidt - juristisches Repetitorium und juristischer Fachverlag - durchgeführt. Die Skandale über die Überwachung von Arbeitnehmern und Veröffentlichungen …
Unternehmen widersetzt sich Datenschutzbehörde: "Wir bleiben bei Facebook trotz Bußgeld"
Unternehmen widersetzt sich Datenschutzbehörde: "Wir bleiben bei Facebook trotz Bußgeld"
… Existenzen aufs Spiel.” Das Team von Emma-Mobil, das den Service auf ganz Deutschland ausweiten will, fürchtet einen Standortnachteil. Denn die Datenschützer benachteiligen mit ihrem umstrittenen Alleingang ausschließlich schleswig-holsteinische Unternehmen; in anderen Bundesländern können Facebook-Seiten unbehelligt weiterbetrieben werden. Das sieht …
Bild: Wie wird Datenschutz in deutschen Unternehmen umgesetzt?Bild: Wie wird Datenschutz in deutschen Unternehmen umgesetzt?
Wie wird Datenschutz in deutschen Unternehmen umgesetzt?
… Themen in den Medien. Die derzeitigen Skandale über Weitergabe von Kundendaten, Diebstahl von Unternehmenswissen sowie Pannen im Umgang mit Mitarbeiterdaten rufen Datenschützer und IT-Sicherheitsexperten auf die Tagesordnung. Aufsichtsbehörden werden zukünftig verstärkt ein Auge darauf werfen, ob Firmen ihren Pflichten ausreichend nachkommen. Trotz …
Bild: Datenklau – Unternehmen drohen enorme ImageschädenBild: Datenklau – Unternehmen drohen enorme Imageschäden
Datenklau – Unternehmen drohen enorme Imageschäden
… jetzt, dass die Daten sämtlicher Bundesbürger, millionenfach sogar mit Kontoverbindungen, im Umlauf sind und von dubiosen Geschäftemachern genutzt werden können. Und die Datenschützer sprechen immer noch „von der Spitze des Eisberges“. Die Geschädigten sind zwar in erster Linie Endverbraucher, jedoch sollten Unternehmen die Imageschäden nicht unterschätzen …
Bild: Datenschutzerfolg für FREIE WÄHLER Hamburg: Schulbehörde muss Elterndaten schützenBild: Datenschutzerfolg für FREIE WÄHLER Hamburg: Schulbehörde muss Elterndaten schützen
Datenschutzerfolg für FREIE WÄHLER Hamburg: Schulbehörde muss Elterndaten schützen
… wollte. Nach Ansicht der unabhängigen Partei hätte die Gefahr bestanden, die Mütter und Väter von Schulkindern quasi auszuspähen. Nach einer Überprüfung teilen Hamburg oberste Datenschützer den FREIEN WÄHLERN nun mit, dass die Schulbehörde zugesagt habe, nur Daten anzukaufen, die weder personenbezogen sind, noch Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulassen. …
Bild: WhatsApp wegen Datenweitergabe abgemahntBild: WhatsApp wegen Datenweitergabe abgemahnt
WhatsApp wegen Datenweitergabe abgemahnt
… entsprechend angepasst. Unter anderem sollen Metadaten dazu genutzt werden, die Werbeeinblendungen bei Facebook zu verbessern. Schon Ende August rief dieses Vorgehen die EU-Datenschützer auf den Plan. Am Montag hat sich auch die deutsche Verbraucherzentrale zu Wort gemeldet. In der offiziellen Erklärung des Verbraucherzentrale Bundesverbands wird WhatsApp …
Sie lesen gerade: Deutsche Datenschützer warnen Unternehmen vor Amerika