(openPR) Hamburg, 21. Oktober 2009. Fondsgesellschaften, Reedereien, Charterer oder Werften: Bei allen Beteiligten erhöht die anhaltende Krise der Schifffahrtsbranche den Druck auf die Bilanzen, allein die Reederei Hapag Lloyd verliert derzeit monatlich geschätzte 100 Millionen Euro. Denn in der Krise sinkt die Nachfrage nach Transportkapazität und damit auch die Schiffscharter. Schiffe, deren Verträge enden, finden keine oder nur sehr schlecht bezahlte Aufträge. Dagegen laufen die Betriebskosten sowie die Belastung für Zins und Tilgung weiter. Für die Marktteilnehmer, in diesem Fall die Fondsgesellschaft, hat daher die Sicherung der Einnahmen höchste Priorität.
Aber auch wer noch einen längeren Vertrag hat, kann sich seiner Einnahmen nicht sicher sein. Gerade Verträge, die zu Spitzenzeiten abgeschlossen wurden, wackeln, wenn dem Charterer das Geld ausgeht, beobachtet das Emissionshaus MCE Schiffskapital AG, das selbst mittelbar an zahlreichen Schiffen beteiligt ist. Immer mehr Charterer verhandeln jetzt nach, weil sie in der Krise selbst nicht mehr genug verdienen. „Grundsätzlich ist es natürlich erstrebenswert, dass die vereinbarten Charterraten bis zum Ende der Vertragslaufzeit gezahlt werden und es nicht zu Nachverhandlungen kommt. Aber derzeit sind sie in vielen Fällen notwendig und sinnvoll und stehen bei den meisten Fondsgesellschaften auch auf der Tagesordnung. Denn wer jetzt nicht zu Verhandlungen bereit ist, geht das Risiko ein, früher oder später gar kein Geld mehr zu bekommen“, sagt Nikolas H. Dierkes, Vorstand der MCE. Entscheidend sei dabei, vorausschauend zu denken und intelligente, zukunftsorientierte Konditionen auszuhandeln.
„Über die Ergebnisse laufender oder erfolgloser Nachverhandlungen werden in der Regel keine Details bekannt gegeben“, so Dierkes. „Insofern lässt sich nur sehr schwer schätzen, bei wie vielen Verträgen aktuell Gespräche laufen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass in diesem Jahr noch einiges nachverhandelt wird.“ Doch nicht bei jedem Fonds existiert Verhandlungsspielraum bezüglich der Charterraten, denn aufgrund der Höhe der laufenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen hat die Fondsgesellschaft häufig nur beschränkte Möglichkeiten, einer Ratenreduzierung zuzustimmen.
Nachverhandlungen bringen Planungssicherheit
Verlangt der Charterer eine Senkung der täglichen Raten, muss die Fondsgesellschaft grundsätzlich nicht zustimmen, jedoch besteht dann die Gefahr, dass der Charterer in Folge geringerer Frachteinnahmen bald gar nicht mehr zahlen kann. Ist die Fondsgesellschaft zu Verhandlungen bereit, spricht die Fondsgeschäftsführung in Abstimmung mit den Anlegerbeiräten mit den Charterern über die neuen Konditionen, insbesondere über die täglichen Charterraten, Vertragslaufzeiten und Kaufoptionen. Die Verhandlungsposition des Charterers ist in der aktuellen Marktlage von verschiedenen Faktoren abhängig. So spielt die wirtschaftliche Situation des Charterers genau so eine Rolle wie die Differenz der aktuellen Charterrate zum langjährigen Charterdurchschnitt.
Im schlechtesten Fall kommt es zu einer Reduzierung der Charterraten, ohne dass eine Gegenleistung erbracht wird. Verhandelt die Fondsgesellschaft konstruktiv und zielorientiert, kann sie jedoch auch ein für die Anleger positives Ergebnis erzielen: Im Gegenzug für eine Senkung der Raten für einen bestimmten Zeitraum kann der bestehende Vertrag zwischen Charterer und Fondsgesellschaft zu stabilen Konditionen verlängert werden. Im optimalen Fall wird die gestundete Charter ab einem festgelegten Zeitpunkt zusätzlich zur vereinbarten Charter zurückgezahlt; hinzu kommen Zinsausgleichszahlungen. „Die Fondsgesellschaft sichert sich mit konstruktiven Nachverhandlungen eine langfristige Planungssicherheit im Hinblick auf die zukünftigen Einnahmen. Dies ist gerade in Zeiten einer ungewissen Beschäftigungssituation sehr wichtig“, äußert sich Dierkes. „Für Anleger bedeutet das Ergebnis möglicherweise kurz- bis mittelfristig auf ihre Auszahlungen oder einen Teil davon zu verzichten. Bei guten Nachverhandlungen kommt es jedoch ausschließlich zu Liquiditätsverschiebungen, das heißt, die geringeren Auszahlungen werden bis zum Ende der Laufzeit wieder aufgeholt. Der Gesamtmittelrückfluss über die Laufzeit bleibt dabei gleich“, so Dierkes weiter.
Ergebnisse konstruktiver Verhandlungen
In der Praxis gibt es bereits abgeschlossene Verhandlungen mit zufriedenstellenden Ergebnissen für alle Vertragspartner: Für ein 5.762 TEU-Containerschiff mit einer Charter von 39.000 US-Dollar pro Tag einigten sich die Parteien auf eine 6-monatige Senkung der Charterrate auf 25.000 US-Dollar. Im Gegenzug wurde der Vertrag für 6 Monate bis zum April 2013 zu den ursprünglichen Konditionen verlängert. Ob diese eher kurzfristige Lösung in der aktuellen Marktsituation ausreichend ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
In einem weiteren Fall brachten Nachverhandlungen eine Planungssicherheit für die nächsten sieben Jahre: Mit Beginn des Jahres 2009 wurde die Charterrate eines 3.963 TEU- Containerschiffes für den Zeitraum von zwei Jahren um 8.000 US-Dollar gemindert, anschließend zahlt der Charterer wieder die ursprünglich vereinbarte Rate. Im Gegenzug wurde der im September 2014 auslaufende Chartervertrag um zwei Jahre verlängert. Basis für die Charter der zusätzlichen Laufzeit ist die dann gültige Marktrate plus die monatlich gestundeten 8.000 US-Dollar. Auch in diesem Fall hat das Schiff eine langfristige Beschäftigungssicherheit, bei Marktraten auf dem derzeitigen Niveau sind bis 2016 alle Betriebs- und Fremdkapitalkosten gedeckt.