(openPR) IGFM: Vietnam erstickt das Recht auf Meinungsfreiheit - Größte Prozesswelle gegen Demokraten seit Jahren
Ho Chi Minh Stadt – Frankfurt (23. September 2009) – Acht der zehn vietnamesischen Dissidenten, die seit September 2008 in Untersuchungshaft auf ihre Anklage warteten, stehen am 24. und 25. September vor nordvietnamesischen Gerichten, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Die Angeklagten sollen in der Untersuchungshaft bedroht und misshandelt worden sein. Den Dissidenten, die dem demokratischen Oppositionsbündnis "Block 8406" angehören, wird vorgeworfen, öffentlich auf Transparenten Menschenrechte und Demokratie in Vietnam gefordert zu haben.
Wie die IGFM weiter berichtet, lautet die Anklage auf "Propaganda gegen den sozialistischen Staat Vietnam" (Artikel 88 des vietnamesischen StGB). Den Angeklagten drohen bis zu 20 (zwanzig) Jahre Haft sowie mehrjähriger Hausarrest nach Haftende. Die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsgesellschaft fordert Vietnam auf, das Recht auf Meinungsfreiheit zu gewährleisten. "Im Fall der acht angeklagten Bürgerrechtler ist die sofortige Einstellung der Verfahren und ihre Freilassung geboten", so die IGFM. "Wir rufen Vietnam auf, in Zukunft für faire und öffentliche Gerichtsverhandlungen nach internationalen Rechtsstandards zu sorgen und den Vorwurf der Folter in der Haft zu klären."
Anwälte eingeschüchtert – Öffentlichkeit ausgeschlossen?
Den acht Oppositionellen wird auch "Gefährdung der nationalen Sicherheit" vorgeworfen. In ihrer zwölf Monate währenden Untersuchungshaft wurde ihnen bis auf zwei Ausnahmen ein Besuch von Familienangehörigen verwehrt. "Bis heute ist unklar, welche der Angeklagten eine anwaltliche Verteidigung vor Gericht erhalten", kritisiert die IGFM. Involvierte Anwälte verweigern aus Angst vor Repressalien jegliche Auskunft über ihre Mandanten. Die Prozesse werden voraussichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ein Dissident in Hanoi wurde vor einigen Tagen von der Polizei gewarnt, der Verhandlung beizuwohnen.
Verhaftet, verschleppt, misshandelt
Zu den Inhaftierten gehört der Ingenieur Pham Van Troi, der am 10. September 2008 nach Hausdurchsuchung verhaftet wurde. Troi, Mitglied des Komitees für Menschenrechte in Vietnam um den Menschenrechtsanwalt Nguyen Van Dai (seit März 2009 in Haft), wurde wegen seines Eintretens für demokratische Rechte wiederholt von der Polizei festgenommen und misshandelt. Ende 2007 wurde er vom Staatsicherheitsdienst verschleppt und gefoltert, als er bei einer Gerichtsverhandlung erschien, um im Verfahren gegen Dai als Zeuge auszusagen. Troi soll am 24. September in Hanoi vor dem Volksgericht angeklagt werden.
Berufsverbot und Haft für Lehrer Hung
Seit dem 18. September 2008 befindet sich der Lehrer Vu Hung in Haft. Ihm wird vorgeworfen, Transparente an einer Brücke in Hanoi befestigt zu haben. Unbestätigten Meldungen zufolge wurde Hung in der Untersuchungshaft gefoltert. Bereits im Juni 2008 wurde er vom Schuldienst ausgeschlossen, nachdem er wegen Besitzes eines "oppositionellen" Textes für neun Tage inhaftiert worden war. Wegen Teilnahme an Protestkundgebungen wurde er von der Polizei misshandelt. Hung soll am 25. September vor dem Volksgericht Hanoi abgeurteilt werden.
Strafbar: Einsatz für Menschenrechte und demokratische Werte
Fünf weitere Dissidenten und der Schriftsteller Nguyen Xuan Nghia, der offizielle Sprecher der oppositionellen Bewegung "Block 8406" in Nordvietnam ist, sollen am 24. September vor dem Volksgericht in der Hafenstadt Hai Phong gestellt werden. Nguyen Xuan Nghia, Nguyen Van Tuc, Nguyen Manh Son, Nguyen Van Tinh, Nguyen Kim Nhan und Ngo Quynh wurden ebenfalls im September 2008 verhaftet.
Laut Klageschrift, deren Kopie der IGFM vorliegt, sollten sie zwei Transparente in zwei verschiedenen Städten aufgehängt haben. Auf dem Transparent in Hai Phong riefen sie auf, die territoriale Integrität des Landes zu schützen, Menschenrechte und Demokratie zuzulassen, sowie Pluralismus und ein Mehrparteiensystem zu gewähren. In Hai Duong prangerten sie im Namen des "Blocks 8406" die Inflation, die Armut, den Mangel an Menschenrechten, Demokratie und Freiheit an. Die vietnamesische Staatsanwaltschaft wirft ihnen außerdem vor, Artikel gegen den Sozialistischen Staat Vietnams geschrieben, im Haus "gehortet" und im Internet verbreitet zu haben.