(openPR) Auch wenn die Konjunkturdaten sich langsam wieder erholen - die Weltwirtschaftskrise ist tief in die Unternehmen eingesickert. Und in die Köpfe ihrer Mitarbeiter. Die Krise bringt gewaltige Veränderungen, nicht zuletzt auch in der Frage, was eine gute Führungskraft ausmacht. Fest steht: Statt Einzelkämpfer, die Feuerlöschen im Hauruckverfahren betreiben, sind heute Manager gefragt, die das Unternehmen und seine Mitarbeiter nachhaltig durch die Krise navigieren. Doch das hört sich in der Theorie einfacher an, als es in der Praxis ist.
Die Generation der heutigen Manager hat bestimmt schon manche Rezession erlebt. Eine Weltwirtschaftskrise hingegen kannte sie nicht - wie auch, seit den 1930er-Jahren ist die Weltwirtschaft nicht mehr derart vehement eingebrochen. "Die einzige richtig heftige Krise, die ich als Führungskraft bislang erlebt habe, war das Platzen der New Economy-Blase", berichtet Oliver Gunzert*, Kreativchef einer Reutlinger Werbeagentur mit 30 Mitarbeitern. Der 42-Jährige ist ratlos: "Auf einen Einschnitt in dieser Größenordnung, vor allem einen so dauerhaften, war niemand vorbereitet. Wir wissen nur, dass es irgendwie weitergehen muss. Aber wie wir das den Mitarbeitern vermitteln sollen? Keine Ahnung." Die Generation der 30- bis 50-Jährigen hat in einer Zeit des kontinuierlichen Wirtschaftswachstums studiert. "Ich habe neulich in meinen alten Uniunterlagen geblättert und nichts gefunden, was mir derzeit weiterhilft. Im Fach Personalführung wurde in keinem Semester das Problem behandelt, wie man in wirklich harten Zeiten motiviert", erzählt Volker Wieland*, Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens am Flughafen Stuttgart. Sein Unternehmen muss diesen Sommer einen Auftragsrückgang von einem Drittel verkraften, etliche Stellen wurden bereits gestrichen, die Stimmung unter den verbliebenen Mitarbeitern ist gedrückt. "Unser Betriebsklima ist derzeit auf dem Nullpunkt. Und das macht alles nur noch schlimmer", zeigt sich der 42-jährige Manager zerknirscht.
"Wir erleben in der Tat eine enorme Ratlosigkeit, wie man in Zeiten der Krise gut und wirksam führt", bestätigt Andreas Werner von der Böblinger Horst Rückle Team GmbH (hrTEAM), einem Spezialisten für Personaltraining. In vielen Unternehmen sind die ersten Entlassungsrunden vorbei, nun gilt es, die verbliebenen Mitarbeiter zu motivieren, gemeinsam die Krise zu bewältigen. Doch wie? Was macht eine gute Führungskraft in Zeiten der Wirtschaftskrise aus? "Das Gleiche wie in guten Zeiten, nur noch besser. Und mit noch mehr Kommunikation", bringt es Werner lakonisch auf den Punkt. Ein wichtiger Akzent liegt auf dem offenen Gespräch. Keine Zeit, so Werner, erfordere mehr Kommunikation wie eine Zeit der Krise. Allseits kolportierte Führungsimperative jedenfalls, die harte Hand hinter geschlossener Tür etwa, funktionierten jetzt nicht mehr und wirkten überdies nur lähmend. Das kann auch Wieland bestätigen: "Ich hatte es mir im Lauf der Jahre angewöhnt, in heiklen Gesprächen den 'bösen Bullen' zu spielen. Dann kam der Auftragseinbruch und seitdem finde ich keinen Dreh mehr, meine Mitarbeiter zu motivieren." Die Wirtschaftskrise erfindet das gute Führen nicht neu. Aber schlechtes Führen fällt spätestens jetzt endgültig durch. Managern wie Wieland legt die Personaltrainerin Astrid Görlich von der Horst Rückle Team GmbH (hr TEAM) zuerst einmal ans Herz, ernsthaft und respektvoll zu kommunizieren. Sie setzt auf Transparenz. Probleme gehörten weder verschwiegen noch bagatellisiert, sondern kommuniziert. "Man sollte die Kommunikation der Krise nicht dem Flurfunk überlassen. Wer seinen Mitarbeitern klipp und klar sagt, wie die Lage aussieht, vermeidet Gerüchte und Klatsch – nichts, was man in Krisenzeiten besonders gut gebrauchen könnte."
Überhaupt hält die erfahrene Personaltrainerin viel von Offenheit. In Seminaren, die sie speziell zum Thema Führen in Zeiten der Weltwirtschaftskrise anbietet, fordert Görlich die Teilnehmer auf, auch den emotionalen Aspekt zu achten, den die Krise bei den Mitarbeitern bewirkt – und bei ihnen selbst. "Mitarbeiter brauchen jetzt besondere Aufmerksamkeit." Diese Aufmerksamkeit will eingeübt sein, für viele Führungskräfte sei dies ein völlig neues Terrain, das sie da im Seminar erkundeten. Zum besten Nutzen aber, denn, so Görlich: "Wer aufmerksam mit seinen Mitarbeiter umgeht, erkennt ihr individuelles Potenzial viel besser." Und dieses Potenzial sei es schließlich, das dem Unternehmen helfe, die Krise zu meistern. Dieser Punkt ist Görlich besonders wichtig. Sie macht ihren Seminarteilnehmern mit Nachdruck klar, dass gerade auch in Zeiten der Krise das Potenzial, das in Mitarbeitern schlummert, unter keinen Umständen vernachlässigt werden darf. Auch gelte es, die Ängste und Sorgen um den Arbeitsplatz so zu kanalisieren, dass die Mitarbeiter nicht gegeneinander, sondern gemeinsam daran arbeiten, das Unternehmen so unbeschadet wie eben möglich durch die schlechte Zeit zu navigieren. "Klassisches Teamwork, bei dem alle gut miteinander in Kontakt stehen, ist noch immer die beste Lösung. In vielen Unternehmen muss dies erst wieder eingeübt werden", berichtet die Trainerin aus der Praxis. "Im Einzelkampf hat noch keiner eine Wirtschaftskrise besiegt."
Top Five-Tipps
Wirksam Führen in der Wirtschaftskrise
- Ein realistisches Bild der Zukunft des Unternehmens kommunizieren
und (dennoch) Optimist bleiben
- Sich nicht verschanzen, sondern persönlich kommunizieren
- Seine Mitarbeiter motivieren, Potenziale erkennen und fördern
- Die Krise als Chance erkennen und nutzen
* Namen von der Redaktion geändert