(openPR) Stuttgart, 08.07.2009 - Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts müssen Zahnbehandlungen, die gesetzlich versicherte Patienten im EU-Ausland ausführen lassen, mit einem Kostenvoranschlag von der Krankenkasse genehmigt werden. ONMEDIX sieht in dem Urteil eine Verbesserung für Medizintouristen.
Bei dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall hatte sich eine Klägerin aus dem Raum Mannheim von einem deutschen Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan für Zahnersatz erstellen lassen. Dieser wurde von der AOK Baden-Württemberg genehmigt.
Zwei Jahre später ließ sich die Frau in Tschechien behandeln, ohne sich vorher von ihrer Versicherung eine Genehmigung einzuholen.
Die Bezahlung dieser Behandlung wurde von der AOK mit der Begründung verweigert, dass kein aktueller Heil- und Kostenplan vorgelegen habe.
Für Martin Wittke, dem Anwalt der Klägerin, ist eine solche Regelung eine Beeinträchtigung des europarechtlich geschützten freien Dienstleistungsverkehrs. Aus seiner Sicht kommt es zu einer „mittelbaren Diskriminierung“, da ein Zahnarzt das komplexe Genehmigungsverfahren nur sehr schwer durchschauen könne.
In seiner Urteilsbegründung betonte der Erste Senat des Bundessozialgerichts, dass eine Prüfung und Genehmigung der Zahnersatzversorgung erfolgen muss, bevor die Leistung erbracht werde. Diese Regelung ermögliche „in sachgerechter Weise eine Steuerung der mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen“, sagte der Vorsitzende Richter. Eine Diskriminierung liege nicht vor. Vom ausländischen Zahnarzt werde nicht gefordert, einen Heil- und Kostenplan auf in Deutschland geforderten Formularen einzureichen. Es reiche eine Auflistung aller Leistungen und Kosten der Behandlung.
Julius Ehret, Geschäftsführer von ONMEDIX, sieht in dem Urteil eine Verbesserung der Situation für Menschen, die sich im Ausland medizinisch behandeln lassen möchten. „Es ist nicht mehr notwendig einen Arzt im Ausland zu finden, der es beherrscht den komplizierten Heil- und Kostenplan auszufüllen. Jeder qualifizierte Arzt erstellt auf Anfrage einen Kostenvoranschlag.“
Problematisch findet Julius Ehret das Bestreben verschiedener Interessenverbände, dieses Urteil als ein Urteil gegen den Medizintourismus auszuschlachten. „Diese Interessenverbände sehen im Medizintourismus eine Beeinträchtigung Ihres Geschäftsmodells. Für viele Patienten sind die hohen Zuzahlungen bei größeren Eingriffen unerschwinglich. Für eine hochwertige und noch bezahlbare Leistung müssen viele Patienten auf Zahnärzte im Ausland ausweichen.“
Auch der Verweis auf fehlende Qualitätsmaßstäbe im Ausland ist nach Julius Ehret eine typische „Panikmache“ der Interessenverbände. Ärzte im europäischen Ausland unterliegen genauso wie in Deutschland strengen Kontrollen. Überall auf der Welt kommen Kunstfehler bei medizinischen Behandlungen vor. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit geht davon aus, dass jährlich zwei bis vier Prozent der deutschen Klinikpatienten von Fehlern des medizinischen Personals betroffen sind - das entspricht einer Zahl von 340.000 bis 680.000 Menschen.
Um ungewollte Überraschungen weitestgehend auszuschließen, sollte nach Julius Ehret eine Behandlung im Ausland gut vorbereitet werden. Auf der Internetseite von ONMEDIX steht eine Checkliste zum Download bereit, die einige der wichtigsten Planungspunkte auflistet.
Eine Studie der Techniker Krankenkasse vom November 2008 zeigt, dass eine Behandlung im Ausland aus Sicht des Patienten nicht schlechter ist als in Deutschland. In der Studie schätzen 96 Prozent der Personen, die sich im Ausland einer Behandlung unterzogen haben, die Behandlungs-qualität als nicht schlechter als im deutschen Gesundheitssystem ein.