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Anwendungsbereich der Verwirkung nach der Reform des Verjährungsrechts

06.08.200814:10 UhrPolitik, Recht & Gesellschaft
Bild: Anwendungsbereich der Verwirkung nach der Reform des Verjährungsrechts
Rechtsanwälte Leipold & Coll. München - Frankfurt a. M. - Wien - Zürich
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(openPR) Auch wenn ein Anspruch noch nicht verjährt ist, kann der Gläubiger an seiner Geltendmachung nach Treu und Glauben gehindert sein (sog. Verwirkung). Durch die Reform des Verjährungsrechts wurde der Anwendungsbereich der Verwirkung deutlich zurückgedrängt.


Es stellt sich die Frage, wann diese rechtsvernichtende Einwendung noch zum Zuge kommen kann.

I. Verjährung

Verjährung bedeutet das Recht des Schuldners, die Leistung an den Gläubiger zu verweigern. Der Anspruch des Gläubigers geht nicht etwa unter, der Schuldner hat lediglich ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht. Als Einrede muss diese im Prozess ausdrücklich geltend gemacht werden, um zu wirken. Sie ist also nicht vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

II. Verwirkung

Verwirkt ist dagegen ein Recht, wenn es der Berechtigte längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens. Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung.
Die rechtsvernichtende Einwendung der Verwirkung, die von Amts wegen zu berücksichtigen ist, begründet unabhängig von etwaigen Verjährungs- und Ausschlussfristen eine zeitliche Grenze für die Rechtsausübung.

Die Verwirkung setzt neben einem „Zeitmoment“, das Untätigbleiben des Berechtigten und ein sogenanntes „Umstandsmoment“ (Vertrauenstatbestand) voraus. Zeitmoment und Umstandsmoment stehen dabei in einer Wechselwirkung zueinander.

Damit das „Zeitmoment“ erfüllt ist, muss seit der Möglichkeit des Berechtigten ein Recht geltend zu machen längere Zeit verstrichen sein. Die erforderliche Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Zu berücksichtigen sind vor allem die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des vom Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten.

Zudem ist ein Untätigbleiben des Berechtigten erforderlich. Während des für die Verwirkung erforderlichen Zeitraums darf der Berechtigte nichts zur Durchsetzung seines Rechts getan haben. Eine Verwirkung ist daher dann ausgeschlossen, wenn er durch Mahnung, Widerspruch oder in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er auf seinem Recht beharrt. Die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Rechts ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Berechtigte bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können.

Die letzte Voraussetzung ist das sogenannte „Umstandsmoment“. Der Verpflichtete muss sich auf Grund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde sein vermeintliches Rechts später nicht mehr geltend machen und wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen. Das „Umstandsmoment“ ist in der Regel erfüllt, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat.
Es fehlt aber an dem für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand, wenn der Schuldner davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß.


III. Zusammenfassung

Verwirkung und Verjährung schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie unterscheiden sich nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen und stehen unabhängig nebeneinander.

Der Ablauf der gesetzlichen oder vertraglich bestimmten Zeit begründet für den Schuldner eine Einrede oder führt zum Erlöschen des Anspruchs. Für die Verwirkung genügt dagegen auch ein längerer Zeitablauf nicht. Es müssen die soeben genannten Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als treuwidrig erscheinen lassen.
Je kürzer die Verjährungs- oder Ausschlussfrist ist, desto seltener kann die Verwirkung in Betracht kommen. Das resultiert aus der zumeist kurzen Frist, in der sich kein schutzwürdiges Vertrauen bilden kann. Nachdem die regelmäßige Verjährung im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung von 30 auf drei Jahre verkürzt wurde, scheint die von Amts wegen zu berücksichtigende Verwirkung nur noch wenige Anwendungsbereiche zu haben.

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