(openPR) “Eine erneute Initiative zur Patientenverfügung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages unter Führung des SPD-Mannes Stünker könnte der Patientenautonomie in Deutschland schaden“, so einleitend Christoph Student in seiner aktuellen Mitteilung (Quelle: Homepage C. Student, Pressemitteilung v. 05.03.08 )
Kurze Anmerkung (L. Barth):
Eigentlich hätte man erwarten dürfen, dass bei den Kritikern der Patientenverfügungen endlich ein wenig mehr Vernunft einkehren wird. Dies ist leider nicht der Fall, wie uns die vorstehende aktuelle Pressemitteilung lehrt. Ursächlich hierfür dürfte sein, dass die Kritiker es tunlichst vermeiden, sich intensiv mit der entsprechenden Literatur zur Patientenautonomie auseinanderzusetzen und anstatt auf eine „differenzierte Darstellung“ der aus den USA stammenden (aktuellen) Daten setzen. Die beiden Professoren Student und der Jurist Klie verweisen darauf, dass eine Patientenverfügungs-Gesetzgebung keineswegs die Selbstbestimmungsrechte stärke. „Sie warnen zudem davor, dass ein solches Gesetz eine gefährliche Wirkung auf die Moral in unserer Gesellschaft haben würde, ohne gleichzeitig mehr Sicherheit am Lebensende zu ermöglichen“.
Dem ist mitnichten so, mal ganz abgesehen davon, dass der patientenautonome Wille sich nicht an der Moral der Gesellschaft mit Blick auf seinen selbstbestimmten individuellen Abschied aus dem Leben zu orientieren hat. Die „Datenlage“ in den USA ist für die diesseitige Diskussion völlig unbeachtlich, geht es doch um die grundrechtliche Absicherung patientenautonomer Verfügung nach dem bundesdeutschen Verfassungsrecht und nicht darum, ob es in Amerika Untersuchungen gibt, wonach eine Wirksamkeit von Patientenverfügungen in der Praxis kaum bestehe.
Dass gelegentlich hierzulande erhebliche Probleme bestehen, den patientenautonomen Willen des Patienten zu respektieren, dokumentieren nicht zuletzt auch einige aktuelle Entscheidungen der Vormundschaftsgerichte. Zunehmend begeben sich einige Ethiker, aber auch Vormundschaftsrichter auf die Suche nach dem „mutmaßlichen Willen“ der Patienten, obwohl der Patientenwille vormals schriftlich erklärt wurde. Der Wille des Patienten, der dann in der Folge nicht mehr einwilligungsfähig ist, wird phantasievoll hinterfragt und nicht selten kommt man/frau zum Ergebnis, dass hier eine eindeutige Festlegung des Patientenwillens nicht erfolgt sei.
Genau aber dies dürfte einer der springenden Punkte in der Diskussion sein. Es geht darum, für mehr Rechtsklarheit Sorge zu tragen und den Fundamentalethiker, aber auch den Sendboten einer moralischen Werthaltung, die ganz maßgeblich durch (alte revitalisierte) höhere sittliche Werte generiert wird, deutlich die Grenzen aufzuzeigen. Nicht der vermeintlich „egozentrische Patient“ mit seiner Patientenverfügung bedroht die Patientensicherheit, sondern vielmehr diejenigen, die da meinen, einen Sterbewillen in einen Lebenswillen umändern zu können und hierbei argumentativ darauf verweisen, dass die „Moral“ unser Gesellschaft im Allgemeinen und Besonderen bedroht sei. Der patientenautonome Wille ist allerdings frei von der „Moral der (vermeintlich) Herrschenden“ und das muss offensichtlich immer wieder in der aktuellen Debatte besonders betont werden.
Lutz Barth