(openPR) Es stellt sich zunehmend als ein echtes Ärgernis dar. Den politisch Verantwortlichen, denen seit Jahren der „Optimierungsbedarf“ speziell in den Pflegeeinrichtungen hinreichend bekannt sein dürfte, plant nunmehr aktuellen Meldungen zufolge, eine Fachkommission einzurichten, wobei es als selbstverständlich zu unterstellen gilt, dass dieses Expertengremium freilich keine (?) Reaktion auf den Bericht des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen sei.
Mit Verlaub: Es ist schon unerträglich, wie sich die Verantwortlichen sowohl in der Pflege als auch in der Politik bemühen, nachhaltige Konsequenzen aus dem Bericht nicht (!) zu ziehen. Der unmittelbar betroffene Alterspatient dürfte nicht die Zeit haben, auf die „Einrichtung einer Fachkommission“ und die „Ergebnisse“ derselben zuzuwarten. Schnelles Handeln ist erforderlich und keine „Sonntagsreden“, die allenfalls dazu geeignet sind, einstweilen die Gemüter zu beruhigen.
Die Pflege ist nicht erst seit „gestern“ im Brennpunkt der Öffentlichkeit und zwar vornehmlich im Fokus der Fachöffentlichkeit. Wie viele Expertenkommissionen und sachverständiger Expertisen bedarf es noch, damit die Politik mit geeigneten Mitteln zu reagieren gedenkt?
Wir sollten uns einstweilen von berufspolitischen Standesdünkeln verabschieden und im Interesse der in den Einrichtungen gepflegten und betreuten Alterspatienten auf die ärztliche Kompetenz insbesondere der Hausärzte (wieder) zurückgreifen. Denn das, was der MDS-Bericht offenbart, dürfte ohnehin nur die Spitze eines Eisberges sein und von daher ist die Einbindung ärztlicher anamnestischer, diagnostischer und therapeutischer Kompetenz unverzichtbar. Der Alterspatient, zumal der an Demenz Erkrankte, darf kein Opfer der Gesundheitsökonomie und noch weniger standespolitischen Kastendenkens werden. Der „Kampf“ um die Leitprofession bei der Therapie (und dazu zählt selbstverständlich auch die medizinische Behandlungspflege) ist derzeit nach wie vor entschieden: die Kernkompetenz ist nach wie vor beim Arzt verortet und wie unschwer zu erkennen ist, auch aus guten Gründen. Aber es hat sich auch gezeigt, dass ggf. der Arzt gehalten ist, besondere Maßnahmen etwa der Prophylaxe anzuordnen, zu dokumentieren und zu kontrollieren, mögen diese Maßnahmen auch der Grundpflege zuzuordnen sein. Der BGH hat in diesem Sinne die Richtung in seiner Debubitus-Prophylaxe-Entscheidung im Jahre 1987 bereits vorgeben und es nimmt daher nicht wunder, dass vereinzelnd diese Entscheidung von der Begründung her als „berufspolitisch abträglich“ eingestuft wurde. Nur: Berufspolitik ist eben nicht immer mit der haftungsrechtlichen Beurteilung deckungsgleich und demzufolge ist gegenwärtig an die Ärzte der Appell, sich für den Alterspatienten zu engagieren, dringender denn je.
Die Ärzteschaft ist aufgefordert, ihr scheinbar verloren gegangenes Terrain wieder zu entdecken und zu besetzen und sich ausdrücklich für die Patientensicherheit der multimorbiden Alterspatienten stark zu machen! Sofern dann in der Folge ein mit Augenmaß zu gestaltender Professionenmix erforderlich ist, verbleibt freilich die Letztverantwortung bei der Ärztin und dem Arzt. Selbstredend ist hierbei freilich, dass für eine ausreichende Honorierung Sorge zu tragen ist.
Es wäre ein Drama, wenn mit Blick auf den multimorbiden Alterspatienten eine Light-Medizin eingeführt wird.
Lutz Barth